„Höhle der Löwen“-CoachFelix Thönnessen: „Düsseldorf ist ein guter Start-up-Standort“

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Im Gespräch mit dem EXPRESS-Redakteur erklärt Thönnissen, welche Vorteile der Standort Düsseldorf für Unternehmen hat.

Düsseldorf – Der Unternehmergeist in Deutschland ist für die Zukunft des Landes unersetzbar.

Das gilt auch für Düsseldorf, wo sich zunehmend Start-ups ansiedeln und versuchen, mit frischen Ideen zu punkten.. Einer, der sich damit bestens auskennt, ist Felix Thönnessen.

Mit EXPRESS hat er über Chancen, Risiken und Fehler gesprochen.

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Du bist selbst fünffacher erfolgreicher Gründe von Start-ups. Was genau hast du gemacht mit deinen Unternehmen?

Meine Erfahrung ist das, was ich am liebsten an Gründer weitergebe. Das macht super viel aus. Die Unternehmen sind aus den unterschiedlichsten Bereichen. Ich habe Unternehmensberatung gemacht, dann habe ich politische Beratung gemacht und Parteien beraten. Ich hatte auch mal ein Unternehmen, das modische Accessoires anbietet. Mir macht das einfach Spaß. Ich habe schon mit 14 Jahren mein erstes Gewerbe angemeldet, habe immer schon Sachen gemacht. Ich habe auch mal Parkplätze von Supermärkten saubergemacht und hatte da sogar Leute dabei, die für mich gearbeitet haben. So etwas habe ich schon immer gemacht.

Was treibt dich an? Welchen Spirit sollte man mitnehmen?

Ich hatte immer Bock, etwas Eigenes zu haben. Im rheinischen gibt es das Wort „Kawuppdich“, also Kraft und Glaube, etwas zu machen. Die Lust und Energie dazu waren für mich immer sehr wichtige Faktoren. Nach meinem Marketing-Studium habe ich erst einmal in einer Beratungsagentur gearbeitet, habe dann aber gemerkt, dass ich etwas Eigenes haben möchte. Mit 26 Jahren habe ich dann hingeschmissen und meine eigenen Sachen gemacht.

Konntest du Erfahrungen mitnehmen?

Klar, da nimmt man immer was mit. Aber ich habe auch aus meiner Familie viel lernen können. Wir sind eine Unternehmer-Familie, mich hat es immer fasziniert, eigene Mitarbeiter zu haben.

Als Berater von der „Höhle der Löwen“ hast du eine gewisse Präsenz. Wie wichtig ist es für Start-ups, sich der großen Öffentlichkeit zu präsentieren?

Das ist superwichtig. Die „Höhle der Löwen“ ist für jedes Start-up eine Rakete. Man erreicht mit einem Mal mindestens 3 Millionen Zuschauer. Wenn man sonst diese Menge an Menschen über solch einen Zeitraum von zehn bis 15 Minuten mit einer großen Aufmerksamkeit erreichen wollen würde, wäre das sehr teuer. Präsenz ist für Gründe eines der wichtigsten Faktoren. Ich habe letzte Woche noch mit einer Düsseldorferin besprochen, die sich für die Sendung beworben hat – das wäre sehr interessant.

Wie wichtig ist es überhaupt, dass man als Teilnehmer einen „Deal“ mit einem der Investoren eingeht?

Es gibt drei Nutzen. Der erste Nutzen ist die Präsenz, die Leute kriegen mit, dass es einen gibt. Der zweite Nutzen ist, dass man Geld von den Gründern bekommt. Und im dritten Fall profitiert man idealer Weise vom Netzwerk einer der Investoren. Von daher gehen manche Leute auch rein, ohne unbedingt auf den Deal zu setzen – dann haben sie immerhin noch die große Präsenz und erste Kontakte – das ist wichtig ist der Gründerszene.

Du coacht seit vier Jahren die Gründer in der TV-Show „Die Höhle der Löwen“. Was sind die drei Fehler, die häufig gemacht werden?

Die meisten Leute manchen sich vor allem Gedanken darüber, wie sie ihre Idee gut rüberbringen. Aber dabei vergessen sie oft sich selbst. Investoren gucken aber auch auf den Menschen hinter dem Projekt – das kommt bei manchen zu kurz. Ein weiterer gern gemachter Fehler ist, nicht richtig auf den Punkt zu kommen. Die Idee, die man verfolgt, muss präzise formuliert und klar verständlich sein. Viele Investoren werden auch dadurch vergrault, dass die Gründer ihre eigene Zukunftsvision nicht klar rüberbringen können. Der Gründer muss dem Investor zeigen, wo das „Schloss“ am Horizont ist.

Aber kann das nicht auch eine selbst gebaute Hürde sein? Viele Gründer überschätzen sich und ihr Unternehmen ja auch.

Das stimmt. Man muss den Weg zum Ziel schon kennen und häufig den Weg der kleinen Stufen gehen. Viele Gründe sehen nur die großen Namen wie „Trivago“ oder „Zalando“. Aber die meisten Gründer denken ja kleiner, machen sich Apps oder Gastronomie selbstständig. Es braucht eine lange Energie, man kriegt als Gründer – das muss man so hart sagen – auch mal auf die Nase. Aber von solchen Rückschlägen darf man sich nicht unterkriegen lassen.

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Felix Thönnissen hat selbst fünf Start-ups gegründet und weiß, worauf man als Jung-Unternehmen achten muss.

Welche Start-up-Ideen sind aktuell hot? Sind es beispielsweise Technik-Gadgets oder Food-Innovationen?

Viele wollen gerade „irgendwas mit dem Internet machen“ – Onlineshops, Apps, Gadgets. Aber nur, weil ich im Internet viele Dinge schnell machen kann, heißt das noch nicht, dass ich damit auch schnellen Erfolg habe. Das große Problem ist, dass man in der großen Breite des Internets die Kunden erst dazu kriegen muss, überhaupt erstmal Aufmerksamkeit für seine Produkte zu kriegen.

Gibt es überhaupt noch Nischen, die nicht besetzt sind?

99 Prozent aller Ideen gibt es schon. Aber davon sollte man sich nicht abschrecken lassen. Man sollte nicht sein ganzes Leben lang auf der Suche nach einer perfekten Idee sein – man muss irgendwann auch mal finden. Warum nicht ein bestehendes Produkt nehmen und es verbessern. Zum Beispiels Bier. Das gibt es schon – aber ein anderer Kronkorken kann schon den Unterschied machen. Früher galt der Kernsatz, dass ein neues Produkt immer ein bereits bestehendes Problem lösen sollte. Solche Probleme finden sich aber häufig auch in speziellen, kleineren Zielgruppen. Zum Beispiel Männer, die Probleme mit dem rechten Knie haben. Also immer so konkret wie möglich denken.

Angenommen man selbst hat eine Idee, aber keinerlei Ahnung von BWL, Finanzen etc. Wie wichtig ist dann ein Team aus Experten – oder kann man sich die Dinge selbst „draufschaffen“?

Das Wichtigste ist immer die Kommunikation. Man muss mit Experten sprechen, die eine größere Expertise haben, als man selbst. In Düsseldorf gibt es da viele Ansprechpartner wie die IHK, den Digi-Hub. Die Frage bleibt immer: Welchen Teil – außer der Idee – kann ich in mein Produkt einbringen. Nur die Idee allein zu haben und alles andere abzugeben reicht nicht. Man sollte sich immer überlegen, was einen selbst als Unternehmer unersetzlich macht.

Kommen wir nach Düsseldorf. Du selbst hast deinen Lebensmittelpunkt hier, arbeitest hauptberuflich als Berater und Keynote-Speaker. Warum gerade Düsseldorf?

Was Düsseldorf perfekt für mich macht, ist zunächst einmal die Größe der Stadt. Alles ist überschaubar und man weiß, welche wie welche Stadtteile vernetzt sind. Auch die Infrastruktur ist großartig. Privat liebe ich es, am Rhein zu joggen oder am Grafenberger Wald die Natur zu genießen. Und in den letzten Jahren ist in der Gründerszene unfassbar viel passiert. Man kann jeden Abend auf eine Gründer-Veranstaltung gehen. Wir sind zwar nicht Berlin oder das Silicon Valley – aber für eine Stadt wie Düsseldorf geht hier wirklich viel.

Die Stadt Düsseldorf selbst tut viel für junge Gründer – findest du, dass da wirklich viel geht, oder könnte es noch mehr sein?

OB Geisel hat viel versprochen und auch tatsächlich vieles bewegt in dem Bereich. Man hat schon das Gefühl, dass hier von der Stadt aus viel gemacht wird. Das macht aber auch Sinn, denn schließlich sollen die Gründer irgendwann auch mal Gewerbesteuer an die Stadt zahlen. So zahlt sich die Förderung dann natürlich aus. Aber man kann noch immer mehr machen, weil Start-ups die Arbeitgeber von morgen sind.

Googelt man nach Start-ups aus Düsseldorf, findet man relativ leicht eine Liste von 87 Unternehmen. Ist das viel?

Wir haben in Düsseldorf eine ganz annehmbare Zahl, das stimmt. Aber man muss auch sehen, dass die Zahl der Gründungen in Deutschland in den letzten zehn Jahren sogar rückläufig ist.

Das ist in der öffentlichen Wahrnehmung ja genau andersherum.

Da denkt man, dass Neugründungen durch die Decke gehen. Nur drei Prozent der Deutschen gründen ein Unternehmen. In den USA sind es beispielsweise neun Prozent. Die wirtschaftliche Sicherheit in Deutschland führt auch dazu, dass man ungern ins Risiko geht. Und Risikobereitschaft gehört halt auch mit dazu – was ja auch verständlich ist für den Familienvater mit zwei Kindern. Aber ich glaube, dass bald eine Bewusstseinsänderung kommt und es wieder mehr Gründer gibt. Derzeit wird jemand, der sich selbstständig macht, eher mit Stirnrunzeln betrachtet und nur die Gefahren gesehen. Wir müssen aber mehr die Chancen betrachten.

Felix Thönnessen: Start-up-Berater und Ideen-Visionär

Felix Thönnessen (37) kommt gebürtig aus Viersen/Süchteln und hat bereits in der Schulzeit sein erstes Gewerbe angemeldet. Der Sohn einer Unternehmer-Familie lebt das Thema Start-ups und hat darüber bereits drei Bücher veröffentlicht. Gleichzeitig berät er seit 2015 die Gründen im TV-Format „Die Höhle der Löwen“ bei Vox.

Mit seinem Unternehmen berät er junge Gründer aus der Region und darüber hinaus und steht ihnen mit Rat und Tat zu Seite.

Wie nachhaltig sind Start-ups aus deiner Erfahrung? Welche Rolle spielt die Stadt, in der man sie gründet?

Ganz ehrlich: Normalweise gibt es bereits nach eineinhalb Jahren die Hälfte der Neugründungen nicht mehr. Den Gründern geht meist einfach das Geld aus. In Deutschland ist das nach wie vor ein großes Problem, an Kredite zu kommen. Man braucht große Konzerne, die im Hintergrund unterstützen. Und die gibt es in Düsseldorf mit Eon, Vodafone, Sipgate oder dergleichen. Auch hier wieder: Kontakte machen wahnsinnig viel aus.

Welche positiven Beispiele aus Düsseldorf fallen dir spontan ein?

Es gibt viele. Das Babyspa „Mabyene“ ist ein gutes Beispiel für das, was ich vorhin gesagt habe. Vielleicht funktioniert so etwas wirklich nur in einer Stadt wie Düsseldorf, in der es besser betuchte Mütter gibt, die ihren Babys etwas Gutes tun wollen. Ein weiteres gutes Beispiel ist „Kesselheld“, ein Online-Portal für Heizungen, als etwas sehr bodenständiges. Der Gründer hat alleine angefangen und mittlerweile arbeiten dort 20 Mitarbeiter. Etwas komplett anderes ist „Pumpin Panda“. Dort hat ein Ehepaar eine Eiweiß-Schokolade entwickelt, die gut schmecken und nicht so ungesund sein soll. Da sieht man einmal, wie groß die Bandbreite hier ist.

Kommen wir noch mal zu dir. Du arbeitest als Coach und hast zwei Bücher geschrieben. Fühlst du dich in dieser Rolle auf Sicht wohl – oder treibt es Menschen wie dich permanent zu neuen Dingen?

Für mich ist das einfach aufregend. Man arbeitet immer mit motivierten Menschen zu tun, die kreativ sind und alles geben. Viele fangen auch an zu weinen, wenn sie bei mir sind. Dieses Vertrauen kickt mich einfach. Und ganz ehrlich: Mein Lebenslauf ist so wild, mich würde sowieso niemand fest anstellen. Wobei ich auch sagen muss, dass es auch bei mir Rückschläge gab. Mit Mitte 20 wurde einmal im meinem Büro eingebrochen – inklusive Laptop und allen Daten. Das war vor der Zeit der Clouds, alles war weg. Und trotzdem habe ich für mich entschieden, dass Selbstständigkeit das richtige für mich – und wird es auch immer bleiben.

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