Zum 20-jährigen Bestehen der Bühnenfigur Julie Voyage präsentierte Entertainer Ken Reise ein schrilles Soloprogramm mit tollen Gästen. Es wurde gesungen, geschunkelt und viel gelacht.
Ein echter FunzkerlOvationen bei schriller Show von Julie Voyage

Copyright: Daniela Decker
Julie Voyage (Ken Reise) feierte mit dem neuen Programm „In der Helmlackiererei“ am Mittwochabend (15. Oktober 2025) in der Volksbühne am Rudolfplatz 20-jähriges Bühnenjubiläum.
Jahrzehntelang waren das Hotel Timp oder die Zicke in der Altstadt Kölns Anlaufstellen für Travestiekunst. Die Lokale haben inzwischen geschlossen, doch am Mittwochabend (15. Oktober 2025) wehte ein Hauch der vergangenen, wilden Zeiten durch das Volkstheater am Rudolfplatz.
Ken Reise (39) präsentierte zu seinem 20-jährigen Bühnenjubiläum als Julie Voyage das Programm „In der Helmlackiererei – Pömps, Puder, Pegelstand“. Es wurde ein schriller Abend mit derben Witzen, ausgelassenen Gesangseinlagen und ehrlichen Emotionen.
Julie Voyage sang auch die kölsche Version des Heino-Hits
Zum Start schmetterte die „durchgeknallte Alte“ dem Publikum im restlos ausverkauften Theater den von Micky Brühl geschriebenen Eröffnungssong „Willkumme in Kölle am Rhing“ entgegen. „Die wichtigste Frage in diesem Bunker: Wer versteht kein Kölsch?“ Als zaghaft eine Hand hochging, entgegnete die Gastgeberin: „Pech“.
Denn Julie Voyage trägt das Herz auf der kölschen Zunge. „Seit 20 Jahren beleidigt die Alte Lück in der Altstadt – weil sie es kann.“ Reise hat jüngst die kölsche Woche im Bierkönig auf Mallorca moderiert. Das würde abhärten. „Wie heißt ein Transvestit op Kölsch? Funzkerl!“, folgte der nächste Spruch.
Zwischendurch gab’s immer wieder Musik. Für die kölsche Version des Heino-Hits „E janz klein Gläsje, a Gläsje am Morje“ hat der Kult-Musiker persönlich die Genehmigung gegeben. Beim Treffen mit Julie Voyage in der Volksbühne hat der 86-Jährige auch über seine Kölner Zeit, wo sein Vater eine Zahnarztpraxis in Kalk hatte, geplaudert.
Die „Rummelnutte“, wie sich die Kunstfigur auch nennt, plauderte über ihre Männererlebnisse. „Manchmal muss man den Tag auch erst mal im Grauburgunder versinken lassen. Bei dem Herrenmaterial da draußen muss man Weichzeichner auflegen“. Es folgte direkt noch ein Gag: „Wie vergewaltigen drei Tunten eine Frau? Zwei halten sie fest, einer macht ihr die Haare.“

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Zwischendurch wurde immer wieder eine Weißweinschorle angemischt. Schließlich heißt das Programm „In der Helmlackiererei“.
Die Show bot auch ein musikalisches Highlight. Michael Kuhl sang erst seinen Megahit „Ich han dä Millowitsch jesinn“, dann seinen neuen Song „Einmol im Levve“ und schließlich das Duett „Karneval, ach Karneval“, was er bei der Proklamation des Dreigestirns 2023 zusammen mit Julie Voyage im Gürzenich aufgeführt hatte.
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Nach der Pause kehrte ein weiterer besonderer Gast auf die Bühne zurück. Klaus Duch schlüpfte noch einmal in die Rolle von Lola Lametta, die Königin des Vollplaybacks. „Wenn ich täglich die Nachrichten sehe, denke ich mir, dass ich eine andere Welt brauche. Sonst halte ich es nicht mehr aus“, begründete der 73-Jährige sein Mini-Comeback.

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Stehende Ovationen gab es für das Duett „Karneval, ach Karneval“ mit Michael Kuhl.
Bewegend wurde es, als sich der Kult-Transvestit zu „My Way“ nach und nach wieder in Klaus verwandelte. Zusammen mit Julie Voyage sang er schließlich „Als es mir beschissen ging“ von Charles Aznavour. Aber schlecht ging es an diesem Abend niemandem. Denn das begeisterte Publikum ging von der ersten Minute ausgelassen mit.
Beim Mitsing-Medley vom Sebus-Schlager „Circus Colonia“ über „Op dem Maat“, „Achterbahn“ und „Polterovend“ bis zu „Mer losse d’r Dom in Kölle“ herrschte beste Karnevalsstimmung. Der Entertainer präsentierte auch seine Titel „Kölsches Bloot“, „Eijelstein“ und das neue „Komm mit mir nach Ründeroth“.

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Julie Voyage begrüßte auch Lola Lametta (l.) auf der Bühne. Der 73-Jährige half dem Entertainer beim Start der Karriere.
Zwischen die ausgelassene, bunte Stimmung mischte sich eine Prise Kritik gegen „die ganzen veganen Dinkel-Dörtes mit ihren Lastenrädern“ und gegen die Stadtverwaltung, die dafür sorgen würde, dass immer mehr Geschäfte in der City aufgeben müssten.
Aber in erster Linie ging es um ein gutes Gefühl. „Einfach mal allen Driss vergessen, einfach beieinander und lieb zueinander sein. Das kann doch nicht so schwierig sein“, war die Botschaft, die jeder nach dem schrillen Abend mitnehmen sollte. Im kommenden Jahr geht Ken Reise mit seinem Programm auf Jubiläums-Tour.