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Das geheime Ranking im RathausWer in Köln wirklich die Fäden zieht

Blick auf eine Sitzung des Kölner Stadtrates Anfang Juli 2025Arton Krasniqi

Blick auf eine Sitzung des Kölner Stadtrates Anfang Juli 2025

Wer hat in Köln das Sagen? Offiziell die Oberbürgermeisterin. Doch die Realität sieht anders aus. Eine Analyse enthüllt, wer wirklich die Strippen zieht – mit einer großen Überraschung an der Spitze.

Wer ist hier der Boss?

Diese Frage ist in der Kölner Politik aktuell eine harte Nuss. Denn es geht nicht nur um offizielle Ämter, sondern um wahre Macht, geheime Netzwerke und persönlichen Einfluss.

Würde man nur nach dem Papier gehen, wäre die Sache klar: Die Oberbürgermeisterin an der Spitze, gefolgt vom Chef der stärksten Partei im Rat. Doch die Realität in Köln sieht völlig anders aus.

Kölns scheidende Oberbürgermeisterin Henriette Reker beklagte zuletzt sogar ihre eigene Machtlosigkeit. Experten und Expertinnen sprechen von einem regelrechten „Machtvakuum“. Ganz anders als früher, als der damalige SPD-Fraktionschef Martin Börschel ohne Zweifel als der mächtigste Mann der Stadt galt. Heute sind die Karten völlig neu gemischt.

Wer sind die Mächtigen in Köln?

Eine Analyse politischer Berichterstatter und Berichterstatterinnen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ enthüllt nun die wahre Rangliste der Mächtigsten in Köln. Und die hat es in sich! Die Redakteurinnen und Redakteure sind sich einig: Die Lage ist so verfahren, dass man die ersten fünf Plätze eigentlich freilassen müsste.

Trotzdem wurde leidenschaftlich diskutiert und ein Ranking erstellt. Ganz oben auf dem Treppchen, eine echte Überraschung: CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau!

Bernd Petelkau (CDU) übergibt OB Henriette Reker einen Blumenstrauß. Sie leitete am 4. September ihre letzte Ratssitzung.

Bernd Petelkau (CDU) übergibt OB Henriette Reker einen Blumenstrauß. Sie leitete am 4. September ihre letzte Ratssitzung.

Obwohl seine Partei bei der Wahl nur auf Platz drei landete, hat er das Macht-Loch eiskalt für sich genutzt. Er verhandelte knallhart mit den Grünen, holte wichtige Posten wie den der Stadtdirektorin für die CDU raus und überstand selbst heftigsten Gegenwind aus der eigenen Partei.

Auf Platz zwei landet die Frau, die das Geld verwaltet: die parteilose Stadtkämmerin Dörte Diemert. In Zeiten knapper Kassen wächst ihr Einfluss enorm. Sie gilt als extrem kompetent, genießt bei allen Parteien Respekt und stellt mit ihrem Finanzwissen die Weichen für die Stadt. Wenn sie mit Fachwissen argumentiert, gibt es selten Widerworte.

Stadtkämmerin Dörte Diemert

Stadtkämmerin Dörte Diemert

Die Plätze drei und vier gehen an die Doppelspitze der Grünen, Christiane Martin und Lino Hammer. Besonders Fraktionsgeschäftsführer Hammer wird als heimliches Machtzentrum gehandelt, an dem nichts vorbeigeht. Die Macht der Grünen liege aber vor allem im Blockieren. 

Ein tiefer Fall für die Stadtchefin: Oberbürgermeisterin Henriette Reker landet abgeschlagen auf Platz fünf.

Ihr fehlt die Machtbasis einer Partei, zudem hat sie mit wechselnden Meinungen viele in der Stadtverwaltung frustriert. Es gelang ihr nicht, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hinter gemeinsamen Zielen zu versammeln.

Platz sechs geht an einen Mann ohne Wahlamt, aber mit riesigem Einfluss: Andreas Feicht, Chef der Stadtwerke und der Rheinenergie. Als bestens vernetzter CDU-Mann und ehemaliger Staatssekretär hat sein Wort bei allen Themen rund um Kölns Infrastruktur enormes Gewicht. Seine Platzierung war unumstritten.

Die Top Ten komplettieren Stadtdirektorin Andrea Blome (Platz 7), Messechef Gerald Böse (Platz 8), CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz (Platz 9) und SPD-Fraktionschef Christian Joisten (Platz 10). Auch hier zeigt sich: Einfluss braucht nicht immer ein Mandat der Wählerinnen und Wähler.

Doch die Macht endet nicht im Rathaus. Gut vernetzte Bürgergruppen, die wissen, wie man mobilisiert, werden immer einflussreicher. Dazu kommen Lobbyisten und bekannte Persönlichkeiten: Umweltverbands-Sprecher Helmut Röscheisen, IHK-Präsidentin Nicole Grünewald oder Arena-Chef Stefan Löcher mischen kräftig mit.

Natürlich ist auch der organisierte Karneval, vertreten durch Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn, eine Macht in der Stadt.

Und dann gibt es noch die „Altgedienten“, die weiter im Hintergrund die Fäden ziehen, wie der 86-jährige Ex-Manager Peter Jungen oder die ehemalige Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner. Eines ist klar: Mit der nächsten Wahl im Jahr 2025 werden die Karten in Kölns Machtpoker wieder völlig neu gemischt. (red)