Drogen am NeumarktSogar im Fotoautomaten – Stadt plant radikale Wende

Die Drogenszene am Neumarkt. Ein Mann raucht Crack in einem Photoautomaten in der Hugo-Passagen.

Die Drogenszene am Neumarkt. Ein Mann raucht Crack in einem Fotoautomaten in der Hugo-Passage. Foto vom 13. März 2025.

Die Drogen-Situation am Kölner Neumarkt ist verheerend. Gesundheitsdezernent Harald Rau plant jetzt eine radikale Wende.

Kölns Gesundheitsdezernent Harald Rau schlägt Alarm!

Um das Drogen-Chaos am Neumarkt in den Griff zu bekommen, will er gleich mehrere neue Drogenkonsumräume eröffnen. Das Vorbild: das berühmte „Zürcher Modell“. Zuvor hatte bereits Polizeipräsident Johannes Hermanns eine umfassendere Unterstützung für Suchtkranke gefordert und das Modell aus der Schweiz ins Spiel gebracht.

„Unbestreitbar ist die Situation am Neumarkt hinsichtlich der Drogenszene wirklich schlimm in vielfacher Hinsicht. Sie hat sich auch nach der Inbetriebnahme des Drogenkonsumraumes im Gesundheitsamt 2022 verschlechtert“, so Rau gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Gründe seien neue Drogen wie Crack und Fentanyl und deren aggressive Verbreitung.

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Drogen werden am Neumarkt quasi überall konsumiert: in der Hugo-Passage sogar im Fotoautomaten.

Raus Plan sieht vor, die Szene zu entzerren. Dafür seien mehrere Drogenkonsumräume erforderlich. „Daran arbeiten wir“, bestätigt er.

Das neue Angebot soll aber mehr sein als nur ein Ort zum Konsumieren. Angedockt werden sollen Angebote zum Aufenthalt, zur Ruhe, zur Beschäftigung und ein Nachtcafé. Doch das hat seinen Preis: Für nur einen solchen Standort rechnet die Stadt mit jährlichen Kosten von über drei Millionen Euro. Drei solcher Zentren würden die Stadtkasse mit rund zehn Millionen Euro pro Jahr belasten.


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Der Bewertung von Polizeipräsident Hermanns, der den aktuellen Konsumraum als gescheitert bezeichnete, widerspricht Rau aber. „Jeder Konsum, der im Drogenkonsumraum stattfindet, findet nicht in der Öffentlichkeit statt“. Immerhin seien das 4000 Konsumvorgänge im Monat. Zudem hätten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort im letzten Jahr 181 Menschen das Leben gerettet.

Kölns Gesundheitsdezernent Harald Rau

Kölns Gesundheitsdezernent Harald Rau will schnell zu einer Lösung kommen.

Einigkeit herrscht bei der Idee, auch ärztlich verordnete Drogen abzugeben. „Wir haben bereits den Antrag gestellt, an einem Pilotprojekt mit einem verordneten Ersatzstoff teilzunehmen“, so Rau. Man könne aber nicht auf den Gesetzgeber warten, die Probleme seien akut.

Beim Standort gehen die Meinungen jedoch auseinander. Der Polizeipräsident wünscht sich einen Ort außerhalb der Innenstadt.

Rau warnt: „Bei der Forderung eines weiter entfernten Drogenkonsumraums weise ich auf Erfahrungen hin, die mit einem Drogenkonsumraum in Deutz entstanden, der 2010 in Betrieb und bereits 2012 wegen mangelnder Auslastung wieder geschlossen wurde.“ Ein solcher Raum funktioniere nur da, wo er von den Suchtkranken auch angenommen wird.

Grüne, SPD und Linke haben derweil die ehemalige Kaufhof-Zentrale als neuen Standort ins Spiel gebracht. Eine Entscheidung vor der Kommunalwahl am 14. September gilt aber als unwahrscheinlich. Damit liegt der Ball bei den OB-Kandidaten und -Kandidatinnen.

Alle drei aussichtsreichsten Kandidaten und Kandidatinnen sind sich einig: Eine reine Verdrängung der Szene ist keine Lösung. Berivan Aymaz (Grüne) und Torsten Burmester (SPD) favorisieren die Kaufhof-Zentrale. CDU-Kandidat Markus Greitemann hält dezentrale Angebote für denkbar, um einzelne Orte zu entlasten. Eine Standortentscheidung müsse aber „gemeinsam mit Fachleuten, Trägern, Polizei und Anwohnern erarbeitet werden“. (red)