Drogenbrennpunkt St. Joseph in Ehrenfeld: Am Donnerstagabend kamen besorgte Bürger zu einer Informationsveranstaltung in der Kirche zusammen, zu der Bezirksbürgermeister Volker Spelthann (Grüne) geladen hatte. Die Bänke in der Kirche an der Venloer Straße waren vollbesetzt.
Drogenszene St. JosephKölner Streetworker mahnt Ehrenfelder wegen „falscher“ Hilfe

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Teile der Crack- und Obdachlosenszene vom Neumarkt haben sich vor die Kirche St. Joseph auf der Venloer Straße in Ehrenfeld verlagert.
Vertreter von Polizei, Kirchengemeinde, Parteien und Stadtverwaltung, darunter Ordnungsamt, Gesundheitsamt und Sozialarbeiter, beschrieben in einer Analyse die prekäre Situation!
Die Wanderung der Junkies nach Ehrenfeld sei durch den Druck entstanden, den die Behörden seit geraumer Zeit auf die Szene in der Innenstadt ausüben, etwa mit Platzverweisen. Die Menschen müssten sich daher Ausweichplätze suchen.
Aufmerksam verfolgten die Besucherinnen und Besucher dann die Ausführungen eines Streetworkers, der erklärte, dass ein weiterer Grund für die Wanderung der Drogenszene nach Ehrenfeld das überwiegend freundliche Klima sei, auf das sie im Stadtteil treffe.
Ist also ein verständnisvoller Umgang mit den Menschen, so gut er auch gemeint ist, ein Problem? Aus Sicht des Sozialarbeiters durchaus.
„Es ist besser, kein Geld zu geben“
Es sei letztlich besser, den betroffenen Menschen kein Geld, Essen oder Getränke zu geben.
Die Argumentation dahinter: Die Menschen sind zwar hilfsbedürftig, jedoch hilft es ihnen nicht, wenn sie sich nur über den Tag retten. Die Experten in der Kirche erklärten, dass es konkrete Hilfsangebote für Drogenkranke gebe, aber diese müssten die Menschen selbst und freiwillig aufsuchen – und dies würden sie erst dann tun, wenn sie merken, es geht ansonsten nicht mehr weiter.
Die gedachte Hilfe, etwa durch kleines Geld, trage zum Teufelskreis bei, wenn damit etwa billiges Crack gekauft wird. So würden die Menschen tiefer abrutschen.

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Das Interesse an der Informationsveranstaltung in der Kirche St. Joseph war groß.
Am Morgen nach der Veranstaltung räumte auch Bürgermeister Volker Spelthann im Gespräch mit EXPRESS ein, dass die Hilfsbereitschaft von Menschen aus dem Viertel zur Verstetigung der kritischen Verhältnisse in Ehrenfeld führen könne: „Dann sage auch ich: Tatsächlich – es ist besser, kein Geld zu geben. Weil Crack so eine billige Droge ist, führt das Geld, das man gibt, letztlich nur zu neuem Konsum. Unprofessionelle Hilfsstrukturen helfen nicht weiter.“
Spelthann kritisiert in diesem Zusammenhang: Mit der Verdrängung der Menschen aus der Innenstadt entferne die Stadt die Suchtkranken von den benötigten professionellen Hilfsstrukturen der Stadt, die sich etwa am Neumarkt befinden.
Der Rat der Stadt Köln müsse sich genaue Gedanken machen, wo die Orte sind, an denen sich die Szene aufhalten kann. Es bedürfe eines gesamtstädtischen, auch räumlichen Konzeptes.