Die 100-Tore-Marke hat er weiter im Blick – und eine neue Rolle schon sicher: In der Kreisliga B in NRW hat Samed Yesil den Spaß am Fußball wiederentdeckt.
„Wie kann man so abstürzen?“Schon 85 Saisontore! Früheres Bundesliga-Juwel zerschießt Kreisliga

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Samed Yesil im Februar 2012 bei einem Junioren-Länderspiel im DFB-Trikot.
von Béla Csányi (bc)
Wenn die Saison in der Kreisliga B 3 am 1. Juni zu Ende geht, dürften die Defensivreihen der Klubs aus dem Großraum Krefeld erleichtert aufatmen: Der große Abwehrschreck der Liga spielt in der kommenden Saison eine Liga höher.
Nach bislang 23 absolvierten Spielen für Anadolu Türkspor 2 steht Torjäger Samed Yesil (30) bei sensationellen 85 Toren, würde bei Beibehaltung seines Schnitts sogar noch die Hunderter-Schallmauer durchbrechen. Die hatten ihm Freunde zu Beginn der Saison noch scherzhaft als Messlatte vorgegeben.
Samed Yesil verpasste beim FC Liverpool den Durchbruch
Vor knapp 15 Jahren galt Yesil als großer Hoffnungsträger bei Bayer Leverkusen und im deutschen Fußball. Bei der U17-WM 2011 wurde er als zweitbester Torjäger des Turniers ausgezeichnet, in der U19-Auswahl netzte er in seinen sieben Auftritten insgesamt achtmal ein.
Der Youngster schnupperte noch vor seinem 18. Geburtstag bei den Profis der Werkself rein, sollte in der Saison 2012/2013 den nächsten Schritt machen. Doch dann erwischte er Fans und Verantwortliche mit dem überraschenden Abgang zum FC Liverpool kurz vor Ende des Transferfensters eiskalt.
In England bremsten ihn Verletzungen immer wieder aus, nur zweimal in vier Jahren kam er letztlich für die Reds im Ligapokal zum Einsatz, war nach Auslaufen seines Vertrages im Sommer 2016 sogar ein halbes Jahr vereinslos. Auf den folgenden Stationen deutete Yesil seine Klasse zwar hin und wieder an, blieb aber vom Pech verfolgt.
„Rückblickend hatte ich extremes Verletzungspech, hatte mir zwei Kreuzbandrisse hintereinander geholt und war insgesamt zwei Jahre raus. Danach warfen mich kleinere Verletzungen wie Muskelfaserrisse oder Zerrungen immer wieder aus der Bahn“, erinnerte sich Yesil vergangenes Jahr im Gespräch mit dem Portal „Fussball.de“.
In Deutschland versuchte er es in der 3. Liga, der Regionalliga und der Oberliga, ehe er sich schließlich auf die Rolle als Feierabend-Fußballer in der Kreisliga beschränkte – auch zugunsten seiner Familie mit zwei Kindern. In diesem Jahr will er zudem eine Umschulung zum Logistiker für seine berufliche Zukunft abschließen.
Bei Anadolu Türkspor blieb der gebürtige Düsseldorfer bislang von Verletzungen verschont und hat dank seiner sensationellen Quote wieder richtig Spaß am Fußball – auch wenn der Anfang in der Kreisliga hart war.

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Samed Yesil im November 2022, damals noch in der Oberliga Niederrhein im Trikot von Ratingen 04/19.
„Wie kann man nur so abstürzen?“, sei ihm während seiner Station beim Stadtrivalen CSV Marathon in der Krefelder Kreisliga A (44 Tore in 27 Spielen) immer wieder zugeraunt worden. Der aktuellen Quote von 3,7 Treffern pro Spiel müssen inzwischen aber auch die zumeist chancenlosen Gegner Respekt zollen.
Noch ohne Punktverlust und mit einem Torverhältnis von 182:16 marschiert die Mannschaft damit Richtung Aufstieg in die Kreisliga A, wo Yesil dann auch eine neue Rolle erwartet. Ende April verkündete der Klub, dass der prominente Torgarant zur kommenden Spielzeit auch als Spielertrainer fungieren und die Mannschaft gemeinsam mit dem neuen Coach Ugur Karpuz führen wird.
Die Kreisliga A soll für Yesil nicht das Ende der Fahnenstange sein, bis zum 50-jährigen Klub-Jubiläum 2027 ist der Sprung in die Bezirksliga angepeilt. Hält er seine Form und bleibt verletzungsfrei, dürften die Chancen auf einen Durchmarsch nicht allzu schlecht stehen.