Giulia Gwinn verletztKreuzbandriss-Sorgen im Frauenfußball

Die Diagnose Kreuzbandriss gehört im Frauenfußball zum traurigen Alltag, Giulia Gwinn gilt als prominentes Beispiel. Das Risiko für die Spielerinnen ist im Vergleich deutlich höher. Aber woran liegt das?

von Béla Csányi  (bc)

Ihr bitterer Tränen-Abgang überschattete den deutschen Auftakt bei der Frauen-EM 2025 in der Schweiz: Dass Kapitänin Giulia Gwinn (26) sich womöglich den dritten Kreuzbandriss ihrer Karriere zugezogen haben könnte, sorgte beim DFB-Team nach dem 2:0 gegen Polen am Freitag (4. Juli 2025) für gewaltige Ernüchterung – und großes Bangen.

Eine Diagnose steht zwar noch aus, doch aus dem Lager des Frauen-Nationalteams waren bereits die Befürchtungen um einen Kreuzbandriss zu vernehmen. Bei Gwinn wäre es bereits der dritte ihrer Karriere, viele Kolleginnen hat es ebenfalls schon mal erwischt. Aber warum häuft sich die schwere Knieverletzung bei Spielerinnen derart auffällig?

Mehrere Ursachen für hohes Kreuzbandriss-Risiko

Im Zuge der Frauen-WM 2023, bei der zahlreiche Star-Spielerinnen (auch Gwinn) durch einen Kreuzbandriss außer Gefecht waren, hatte die ARD-„Sportschau“ das Thema bereits genauer beleuchtet. Dabei wurde schnell deutlich: Die folgenschwere Knieverletzung ist nicht bloß Pech.

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Im deutschen EM-Kader fehlt Star-Spielerin Lena Oberdorf (23), die nach einem Kreuzbandriss nicht rechtzeitig fit geworden ist. Bei der Schweiz zog sich in Ramona Bachmann (34) eine der besten Spielerinnen kurz vor EM-Start dieselbe Verletzung zu.

Die Statistik weist dramatische Zahlen aus: Sechsmal häufiger sind Fußballerinnen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen betroffen! Professorin Kirsten Legerlotz von der Humboldt-Universität Berlin lieferte auch einen Erklärungsansatz: „Das breitere Becken der Frau erhöht das Risiko für einen Kreuzbandriss.“

Die Anatomie begünstigt demnach X-Beine, deren Neigung wiederum erhöht die Gefahr, sich bei ungewollten Bewegungen das Kreuzband zu schädigen – und im schlimmsten Fall sogar zu reißen. Bei der Haltung sind die Knie eher nach innen gedreht und dadurch anfälliger für eine der gefürchtetsten Verletzungen im Fußball.

Auch das Thema Menstruation wird im Leistungssport – und damit auch im Fußball – immer intensiver in Trainings- und Belastungsplanung eingebunden. Das Institut für Angewandte Trainingswissenschaft (IAT) in Leipzig befasst sich in verschiedenen Studien schon länger intensiv mit dem Thema.

„Der Menstruationszyklus ist ein natürlicher Teil des Lebens jeder Sportlerin. Er kann mehr Einfluss auf das Training und die Leistung haben, als viele vermuten“, betont das IAT. Sportlerinnen können sich je nach Zyklus-Phase nicht nur schwerer tun, an ihr maximales Leistungslevel heranzukommen, auch die Anfälligkeit für Verletzungen nimmt zu.

Das Bündnis Athleten Deutschland schrieb in Bezug auf eine IAT-Studie: „Der Menstruationszyklus kann erhebliche Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit und auch auf die Gesundheit der Sportler*innen haben.“

Daher hebt das Institut hervor, dass ein an den Zyklus angepasstes Training das Wohlbefinden von Sportlerinnen verbessern könne. Bei EM-Gastgeber Schweiz ist dieser Ansatz schon seit einigen Jahren Teil der Trainingsplanung. Das Knie-Drama bei Bachmann, ausgerechnet im Training, ließ sich dennoch nicht verhindern.

Weil das Thema in der Wissenschaft noch recht jung ist, fehlen belastbare Studienergebnisse bislang noch. Und auch wenn sich die anatomischen Grundvoraussetzungen nicht ändern lassen, werden Ursachenforschung und Lösungssuche für die häufigen Knieverletzungen im Frauenfußball inzwischen stetig vorangetrieben.