Offener BriefEhemaliger Bundesliga-Star: „Ich habe sieben Jahre lang geschwiegen“

Theo Zwanziger beglückwünscht die Japanerin Yuki Nagasato zum Sieg. Daneben steht Babett Peter.

Yuki Nagasato wird nach dem WM-Viertelfinale gegen Deutschland am 9. Juli 2011 vom damaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger und Babett Peter zum Sieg beglückwünscht.

Die Japanerin Yuki Nagasato gilt als eine der besten Spielerinnen ihres Landes. Doch seit Jahren hat sie nicht mehr für das Nationalteam gespielt. Nun hat sie erstmals über die Gründe gesprochen.

von Antje Rehse (are)

Sie war Weltmeisterin, Asien-Meisterin, Champions-League-Siegerin, Medaillen-Gewinnerin bei Olympia, dreimal deutsche Meisterin, DFB-Pokal-Siegerin und Torschützenkönigin in der Bundesliga: Yuki Nagasato (35) hat im Frauenfußball fast alles erreicht. Doch nach der verpassten Olympia-Qualifikation 2016 wurde sie nicht mehr eingesetzt. Mit gerade einmal 28 Jahren war ihre Karriere in der japanischen Nationalmannschaft vorbei.

Nicht nur in ihrem Heimatland fragten sich die Fans, warum die mit 58 Treffern in 132 Spielen zweiterfolgreichste Torschützin in der Geschichte des Teams plötzlich keine Rolle mehr zu spielen schien. Auch in Deutschland, wo Nagasato mit Turbine Potsdam, dem VfL Wolfsburg und dem 1. FFC Frankfurt große Erfolge feierte, war die Verwunderung groß.

Yuki Nagasato: Schweigen löst keine Probleme

Nun hat Nagasato, die nach ihrer Heirat und bis zu ihrer Scheidung eine Zeitlang als Yuki Ogimi auflief, erstmals über ihr Aus im Nationalteam gesprochen. „Sieben Jahre lang habe ich geschwiegen. Aber ich möchte nicht mehr schweigen. Denn ich habe verstanden, dass Schweigen keine Probleme löst“, schreibt die Fußballerin in einem offenen Brief auf ihrer Website.

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Sie sei damals selbst aus der Nationalmannschaft zurückgetreten. Eine offizielle Verkündung dieses Rücktritts gab es nie. „Ich hatte nicht mehr die Energie und Motivation, weiter zu versuchen, es für die Zukunft zu einem besseren Ort zu machen“, erklärt sie ihre Entscheidung.

Der neue Staff um Trainerin Asako Takakura (54) habe die Spielerinnen nicht wie Profis behandelt. Auf und neben dem Platz habe es keinen Respekt gegeben – weder auf professioneller noch auf menschlicher Ebene, so Nagasato. „Mir wurde klar, dass dies der Weg war, den der Verband gehen und wie er uns behandeln wollte“, schreibt Nagasato. „Ich bekam das Gefühl, dass ich nicht dort sein sollte.“

Ihre Zeit im Nationalteam werde Nagasato, die schon mit 16 ihr Debüt gab, trotzdem nie vergessen. „Ich fühlte mich geehrt, mein Land zu repräsentieren und war stolz, dieses Trikot zu tragen. Es hat mir viel bedeutet. Meine Seele und mein Herz waren immer dort.“ Nehmen Sie an der EXPRESS.de-Umfrage teil:

Der Zeitpunkt ihres Statements sieben Jahre nach dem Rücktritt scheint ungewöhnlich, passt aber zu den aktuellen Entwicklungen im Frauenfußball. Viele Spielerinnen wollen sich die teils unprofessionellen Zustände rund um die Nationalteams offenbar nicht länger gefallen lassen.

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Unter anderem war erst in der vergangenen Woche Frankreichs Kapitänin Wendie Renard (32) aus Frust über den französischen Fußball-Verband und Trainerin Corinne Diacre (48) aus der Nationalmannschaft zurückgetreten. In Spanien erklärten im vergangenen Jahr aus Protest gegen Nationaltrainer Jorge Vilda (41) gleich 15 Spielerinnen ihren Rücktritt. Die kanadischen Nationalspielerinnen wollten zuletzt nach drastischen Budget-Kürzungen streiken, der Verband drohte mit Klagen.

Nagasato hofft, dass sie mit ihren Worten etwas ändern kann: „Ich möchte, dass das Nationalteam die besten professionellen Strukturen hat und dass diese Professionalität zu attraktiven Leistungen führt, zu denen Kinder und jüngere Generationen aufblicken können.“