Alonso sagt Nein, Nagelsmann sagt JaGut für die Bundesliga, schlecht für Deutschland – und für Bayern?

Julian Nagelsmann geht hinter Xabi Alonso zur Pressekonferenz in Leverkusen.

Xabi Alonso gibt den Bayern einen Korb, Julian Nagelsmann bringt sich in Stellung. Das Foto entstand am 19. März 2023 in Leverkusen. Nach dem 1:2 der Bayern wurde Nagelsmann entlassen.

Xabi Alonso gibt dem FC Bayern einen Korb. Das ist gut für die Bundesliga, die dadurch auch in Zukunft spannend bleiben könnte. Für den DFB stellt die Absage – und die Reaktion der Bayern – aber ein großes Problem dar. 

von Denis Canalp (can)

Die gute Nachricht zuerst: Xabi Alonso (42) bleibt Trainer bei Bayer 04 Leverkusen. Auf der Zielgeraden zum Gewinn der Meisterschaft, des Pokals und der Europa League sagt der Spanier dem FC Bayern ab. Die Personalie ist ein gutes Zeichen für die Bundesliga, die dadurch an Attraktivität gewinnt. Doch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat auf der anderen Seite ein großes Problem. Und der FC Bayern? Der hat nun eine Chance. Ein Kommentar.

Xabi Alonsos Entscheidung für Bayer Leverkusen und gegen seine trainersuchenden Ex-Klubs FC Bayern und FC Liverpool überrascht. Und doch ist sie konsequent, nachvollziehbar – und untypisch für den Fußball an sich.

Xabi Alonso sendet Signale an die Bundesliga, an Europa – und an seine Profis

Höher, schneller, weiter – für Alonso, der seine Karriere als Trainer sehr strategisch plant, ist das nicht der Weg. Erfrischend, dass ein Coach nach einer sensationellen Saison mit einem Underdog den ganz Großen der Branche einfach mal so widersteht. 

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Das Signal, das Alonso aussendet, hat eine große Wirkung, weit über die deutschen Landesgrenzen hinaus. Der Baske, der mit der Werkself in der laufenden Spielzeit immer noch ungeschlagen ist, ist in Leverkusen noch nicht fertig, will in der kommenden Saison mit Bayer die Ernte seiner herausragenden Spielzeit unter dem Bayer-Kreuz einfahren, mit dem Klub auch die Champions League aufmischen.

Das weitere Signal geht an seine Profis, die längst ebenfalls Begehrlichkeiten bei internationalen wie nationalen Spitzenklubs hervorgerufen haben: Es gibt keinen Grund, den Verein im Sommer zu verlassen. Und es gibt keinen Grund, dass Bayer den Bayern nicht zweimal in Folge in der Bundesliga ein Schnippchen schlagen kann. Die Bundesliga bleibt durch Alonsos Verbleib im Rheinland spannend!

Noch haben die Bayern offiziell keinen Nachfolger für den scheidenden Thomas Tuchel (50) präsentiert, doch im Hintergrund laufen die Planungen nach Alonsos Nein auf Hochtouren. Auf der Wunschliste sollen noch drei Kandidaten stehen: Ralf Rangnick (65), Roberto De Zerbi (44) und Julian Nagelsmann (36). Doch es deutet sich an, dass der Rekordmeister klar zu einem Kandidaten tendiert: Nagelsmann! Es soll bereits Gespräche mit dem aktuellen Bundestrainer und Bayerns Ex-Coach gegeben haben. Und der soll Berichten zufolge nicht abgeneigt sein, die Bayern ein zweites Mal zu übernehmen – trotz seines unrühmlichen Abgangs vor ziemlich genau einem Jahr.

Rückschlag für den DFB – wer wird Nachfolger von Julian Nagelsmann?

Für den DFB heißt das, dass sich der Verband nach der EM erneut um einen neuen Bundestrainer umschauen muss. Der DFB hatte zuletzt deutlich signalisiert, mit Nagelsmann nach dem Turnier weiterarbeiten zu wollen. Nagelsmann sieht sich jedoch mittel- und langfristig als Klubtrainer. Und er ist immer noch Bayern-Fan und im Münchner Umland verwurzelt, will in der Nähe seiner Kinder leben und arbeiten. Er kennt den Klub durch seinen Rausschmiss wirklich mit fast allen Facetten und auch die Spieler. Nagelsmann trat nach seinem unschönen Bayern-Aus zudem überhaupt nicht gegen den Klub nach  – das alles spricht für ein Comeback an der Säbener Straße. 

Vor einem Jahr trennten sich die Bayern-Bosse Oliver Kahn (54) und Hasan Salihamidzic (47) in einer Nacht-und-Nebel-Aktion von Nagelsmann und heuerten stattdessen Tuchel an. Zwölf Monate später sind die damaligen Bosse ebenfalls schon lange Geschichte beim Rekordmeister und nicht alle aktuellen Verantwortlichen stehen hinter dem damaligen Beschluss. Mittlerweile kommen die Bayern zu der Meinung, im Umgang mit dem Ex-Coach auch nicht alles richtig gemacht zu haben, ihn vor allem medial zu oft alleine gelassen zu haben. Dafür ist jetzt der neue Sportvorstand Max Eberl (50) da. 

Nagelsmann wurden in München vor allem Dinge außerhalb des Platzes zum Verhängnis. Ihm wurde eine gewisse Unreife attestiert, die sich in Auftritten auf dem Longboard oder der Harley öffentlich zeigten. Nagelsmann war den Bayern nicht seriös genug, auch die Wahl seiner neuen Partnerin, einer ehemaligen Bayern-Reporterin der „Bild“ unterstrich dies und sorgte für viel Unruhe.

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An Nagelsmann Qualitäten als Trainer gab es intern aber nur wenige Zweifel. Und das, obwohl Nagelsmann vor einem Jahr auch nicht auf Platz eins in der Bundesliga stand – auch ohne Jahrhundert-Saison von Bayern Leverkusen. Zum Vergleich: In der Saison 2022/23 hatten die Bayern nach 26 Spieltagen 55 Punkte, ein Jahr später holte Tuchel fünf Zähler mehr, machte aber die Rechnung ohne Alonsos Mega-Saison.

Ein Jahr später ist Nagelsmann Bundestrainer und hat soeben das ganze Land für die Heim-EM im Sommer heißgemacht. Ein klares System, ein klar kommunizierte Umgang mit den Spielern, die ihre Rollen kennen – Nagelsmann hat dazu gelernt. Und er hat eingesehen, dass es mit Joshua Kimmich (29) und Leon Goretzka (29) im Duett auf der Doppelsechs schwierig ist, die ganz großen Titel zu gewinnen. Der eine ist jetzt wieder Rechtsverteidiger, der andere zittert um sein EM-Ticket. 

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Die Rückholaktion von Toni Kroos zum DFB lässt erahnen, dass Nagelsmann auch bei den Bayern auf die Verpflichtung eines spielstarken Sechsers Wert legen würde. Und damit würde er das größte sportliche Problem der Bayern lösen.

Nagelsmann ist zudem bei den Bayern ebenso noch nicht fertig – wie Alonso in Leverkusen. Er sieht sein Projekt immer noch als zu früh beendet an. Er weiß, dass er in der Vergangenheit Dinge falsch angepackt hat.  Er ist aber auch selbstbewusst genug, aus diesen Fehlern gelernt zu haben, wird Dinge in München im zweiten Anlauf anders angehen, intern fordernder auftreten. Und die Bosse wissen, dass sie diesen Forderungen nachgeben müssen. Ideale Voraussetzungen für einen zweiten Versuch – auch wenn er hinter Alonso nur die zweite Wahl in München ist.