„Zum Teil eine Katastrophe“DFB-Star Popp kritisiert Bundesliga-Bedingungen und eigenen Klub

Deutschlands Alexandra Popp spricht auf einer Pressekonferenz.

Alexandra Popp wünscht sich weiterhin eine gewisse Anerkennung für den Frauenfußball. Das Foto zeigt sie bei einer Pressekonferenz in England am 29. Juli 2022. 

Alexandra Popp und Co. wollen den EM-Rückenwind unbedingt für den oftmals grauen Alltag nutzen. Mit einer deutlichen Schelte deckte die Stürmerin der DFB-Auswahl jetzt allerdings reichlich Nachholbedarf auf.

Treffsicher auf dem Rasen, klar und deutlich in der Analyse abseits des Platzes: Nationalmannschaftskapitänin Alexandra Popp (31) hat die Bedingungen in der Frauenfußball-Bundesliga als völlig unzureichend kritisiert und nachhaltige Veränderungen angemahnt.

„Die Professionalisierung, Rahmenbedingungen und Infrastrukturen sind in der Bundesliga zum Teil eine Katastrophe – und da reden wir von der 1. Bundesliga. Da muss sich was tun“, sagte die Stürmerin in einem Podcast des „Kicker“.

Alexandra Popp sieht reichlich Nachholbedarf

Vorbild sei England, gegen das die DFB-Elf von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg das EM-Finale mit 1:2 verloren hatte. „Sie haben bei den Lizenzmannschaften, die sie in die Pflicht genommen haben, im sportlichen Bereich und in der Professionalisierung einen großen Schritt gemacht“, sagte Popp.

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Alle Vereine der ersten beiden Männer-Ligen in Großbritannien sollen ernsthaft und nachhaltig in Frauenfußballabteilungen investieren. Eine solche Entwicklung hatte sich die Stürmerin zuletzt auch schon auf einer DFB-Pressekonferenz für Deutschland gewünscht.

„Da hoffen wir auf Nachhaltigkeit, dass das nicht wieder eine Eintagsfliege ist – ein, zwei Monate nach der EM läuft das und dann verfliegt alles wieder“, mahnte die 31-Jährige vom Double-Gewinner VfL Wolfsburg: „Wir hoffen, dass die Leute auch zahlreich in die Bundesliga-Stadien kommen, um die Welle mit voranzutreiben.“

Alexandra Popp fordert auch beim VfL Wolfsburg Taten statt Worte

Auch bei ihrem Verein VfL Wolfsburg sei das Niveau längst nicht ausreichend, auch wenn die Frauen deutscher Meister sind. „Wir sprechen immer von einer VfL-Familie. Hart gesagt ist es dann aber nur ausgesprochen und so richtig krass zusammenarbeiten tun wir auch nicht“, kritisierte Popp.

Gerade im Sportlichen könne man durch konsequenten Austausch innerhalb der Trainerteams und auch im medizinischen Bereich viel draus ziehen. Popp ist die Förderung der Bundesliga sogar wichtiger als das Thema Equal Pay, gleiche Bezahlung wie die Männer. „Da kommen die ganzen Spielerinnen ja auch her. Ich bin dafür, dass wir da ansetzen, weil das ein Prozess ist, der länger dauert“, sagte die Angreiferin.

Die 119-malige Nationalspielerin genießt im Nationalteam dennoch den ungeahnten EM-Rückenwind. „Wir haben uns als Team extrem gefunden bei diesem Turnier. Da ist noch ganz viel Entwicklungspotenzial, wenn man mit der Mannschaft neue Ziele angehen kann, macht das einfach mega Spaß.“

WM-Quali: Deutschland hat Endrunden-Ticket vor Augen

Auch wenn noch ein Sieg aus den Pflichtaufgaben in der Türkei (Samstag, 14.45 Uhr/ZDF) und in Bulgarien (Dienstag, 18.30 Uhr/ARD One) fehlt: Die Gedanken kreisen natürlich schon um die nächste Titeljagd (20. Juli bis 20. August 2023).

„In knapp einem Jahr haben wir schon wieder eine WM. Das ist gut für uns und für die gesamte Entwicklung unseres Fußballs“, versicherte Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg (54), die bei den anstehenden Spielen kurzfristig auf Jungstar Lena Oberdorf (20, grippaler Infekt) verzichten muss. Fabienne Dongus (28, TSG Hoffenheim) wurde nachnominiert.

Unisono wünschen sich die Spielerinnen endlich auch mehr Fans im Bundesliga-Alltag. „So kann es von mir aus sehr gerne weitergehen. Wir tun unser Bestmögliches auf dem Platz, und außerhalb muss genauso gut gearbeitet werden“, sagte die Frankfurter Verteidigerin Sara Doorsoun (30) beim Blick auf die große Begeisterung auf den Rängen der Eintracht-Heimspielstätte. (sid/dpa)