Frauenfußball-KolumneTrainerentlassung in Köln: Kommt die Entscheidung zu spät?

Sascha Glass schießt an der Seitenlinie den Ball.

Sascha Glass, hier beim Spiel der FC-Frauen gegen Bayer Leverkusen am 27. März 2022, wurde einen Tag vor dem Bremen-Spiel beurlaubt.

Mitten in einer englischen Woche stellt der 1. FC Köln den Cheftrainer des Frauenteams frei. Die Entscheidung ist folgerichtig, aber kommt sie zur rechten Zeit?

von Annika Becker  (abe)

Der 1. FC Köln hat einen Tag vor dem Duell bei Werder Bremen am Freitag (24. März 2023), also der direkten Konkurrenz im Abstiegskampf, Sascha Glass (50) von seinen Aufgaben als Cheftrainer entbunden. Für ihn übernimmt interimsweise Nicole Bender-Rummler (40), eigentlich Kölns „Bereichsleiterin Frauen- und Mädchenfußball“.

Die Entscheidung ist aufgrund der gezeigten Leistungen in den letzten Monaten nachvollziehbar. Die Frage ist, ob sie für den FC rechtzeitig kommt.

Köln unter Glass: Vom potenziellen Überraschungsteam zur großen Enttäuschung

Sascha Glass übernahm das Amt beim 1. FC Köln Anfang 2020 und schaffte etwas, das dem Klub bis dahin noch nie gelungen war: Nach dem Aufstieg in die 1. Bundesliga der Frauen im Jahr 2021 folgte nicht der direkte Abstieg, sondern der Klassenerhalt und das vor allem in der ersten Hälfte der Saison mit guten, frechen Leistungen der Spielerinnen auf dem Platz.

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Vor der Saison 2022/23 galt der 1. FC Köln trotz einiger Abgänge deshalb eigentlich nicht als Kandidat für den Abstieg und wurde von einigen – zugegeben auch mir selbst – sogar als potenzielles Überraschungsteam eingestuft. Ungefähr auf dem Level, das der SC Freiburg in dieser Saison innehat: zwischendurch mal an den internationalen Plätzen kratzen, ohne so richtig dazuzugehören, aber auf jeden Fall mit einem komfortablen Polster nach unten.

Diese Einschätzung musste schon vor der Winterpause revidiert werden, denn trotz eines Unentschiedens gegen besagte Freiburgerinnen waren die Spiele einfach nicht überzeugend.

Die Kölnerinnen ließen oft einen klaren Plan vermissen, vieles schien in der Offensive über Einzelaktionen zu gehen, ein richtiges Zusammenspiel gab es selten und das Polster auf die Abstiegsränge betrug vor der Winterpause nur sechs Punkte. Inzwischen ist der Klub auf einen Abstiegsplatz abgerutscht und seit neun Spielen ohne eigenes Tor, die Anzahl der Gegentore hat sich seit Wiederanpfiff der Liga fast verdoppelt.


Annika Becker ist freie Autorin bei EXPRESS.de und kümmert sich in ihren Kolumnen um das Thema Frauenfußball. Sie ist Mitglied von FRÜF - Frauen reden über Fußball.


Unter der Woche beim Spiel gegen Turbine Potsdam (21. März 2023) hätte es eine Art Befreiungsschlag geben können, denn – bei allem Respekt vor der Turbine – ist die Defensive des Tabellenschlusslichts in dieser Saison so schlecht und war auch in dieser Partie zum Teil so unsortiert, dass ein Bundesligateam gegen sie treffen muss.

Interims-Trainerin hat kaum Zeit, um den Unterschied zu machen

So aber blieb Potsdam gegen Köln erstmals ohne Gegentor und Glass musste gehen. Eine folgerichtige Entscheidung, über die sich bereits vor einigen Wochen kaum jemand gewundert hätte. Und da liegt eventuell der Knackpunkt: Bender-Rummler hat vor dem so wichtigen Spiel gegen Bremen kaum Zeit, mit den Spielerinnen zu sprechen, geschweige denn zu arbeiten. Der Wechsel an der Seitenlinie an sich könnte einen Impuls geben, aber die taktischen Mängel zu beheben, die das Spiel der Kölnerinnen plagen, dürfte Zeit brauchen.

Gut aus Sicht des FC ist, dass im Verlauf der Saison noch einige Spiele gegen andere Teams anstehen, die ebenfalls im Abstiegskampf stecken, direkt nächste Woche kommt es zum Heimspiel gegen Duisburg (31. März 2023).

Der Publikums-Rekordversuch gegen Frankfurt (23. April 2023) wirkt dagegen vor dem Hintergrund der sportlichen Situation geradezu absurd, aber vielleicht gelingt es der Kölner Fanszene ja, das Team mit großer Unterstützung zu beflügeln.