Die geplante Steuerreform sorgt für hitzige Debatten und jede Menge Ungewissheit. Bei „Markus Lanz“ äußerte sich die SPD-Vizevorsitzende zu möglichen Steuererhöhungen und eckte damit nicht nur bei dem ZDF-Moderator, sondern vor allem auch bei Autor Ferdinand von Schirach an.
SPD-Vize im Lanz-VerhörModerator lässt nicht locker: „Kommen Steuererhöhungen oder nicht?“

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SPD-Politikerin Anke Rehlinger musste sich am Mittwochabend die spitzen Fragen von ZDF-Moderator Markus Lanz zur geplanten Steuerreform gefallen lassen.
Aktualisiert04.09.2025, 06:43
Friedrich Merz hat die von Finanzminister Lars Klingbeil vorgeschlagenen Steuererhöhungen für Vermögende ganz klar abgelehnt. Laut des Bundeskanzlers hätten sich Union und SPD im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, die Steuern nicht zu erhöhen - und das, obwohl die tiefen Haushaltslöcher dringend gestopft werden müssten. Wie das Geld in den Haushalt kommen soll?
Das konnte am Mittwochabend auch die SPD-Vizevorsitzende Anke Rehlinger nicht vollständig erklären. Sie sagte schwammig: „Es sind sich alle bewusst, dass abgeliefert werden muss.“ Dabei gebe es „natürlich auch Diskussionen“, denn: „Es geht ja auch tatsächlich um viel. Aber auf der langen Strecke muss man jetzt auch ein bisschen konkreter werden.“
Die Politikerin ergänzte energisch: „Wenn man Reformen machen möchte, dann muss man sie auch konkretisieren.“ Kerstin Münstermann konnte dabei nur müde lächeln: „Vielleicht ist es der Herbst, wo man sich beginnt, überhaupt mit dem Gedanken auseinanderzusetzen, dass es Reformen braucht“, sagte die Journalistin, „aber zu mehr, glaube ich, ist die Koalition gerade nicht in der Lage.“

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Autor Ferdinand von Schirach erläuterte bei „Markus Lanz“, dass sich bei vielen Bürgern eine „Enttäuschung“ breit mache, weil Politiker nicht offen mit ihnen kommunizieren.
Dennoch wollte Markus Lanz wissen: „Kommen Steuererhöhungen oder nicht?“ Münstermann nickte zustimmend: „Ja, aber nicht die, die Lars Klingbeil fordert. Möglicherweise komme eine Digitalsteuer, man könne schließlich nicht einfach 30 Milliarden im Haushalt 2027 einsparen, „ohne irgendwo anzuheben, wenn man nirgends sparen will.“
SPD-Politikerin Anke Rehlinger: „Wir brauchen vor allem ein gerechtes Steuersystem“
Anke Rehlinger blieb zunächst still, doch Lanz ließ nicht locker: „Kommen Steuererhöhungen oder nicht?“ Die SPD-Politikerin antwortete schließlich: „Ich glaube, wir brauchen darüber eine Debatte. Nicht nur, weil es möglicherweise einen Beitrag zum Haushalt leisten kann, sondern weil es eben auch eine Frage von Gerechtigkeit ist.“ Mit ihrer erneut schwammigen Aussage konnte sie Lanz nicht überzeugen.
Der Moderator stichelte: „Aber der Kanzler sagt, es gibt keine Debatte darüber!“ Anke Rehlinger ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen. Sie sagte stattdessen: „Wir brauchen keine Zersplitterung des Steuerrechts, sondern wir brauchen dort mehr Einheitlichkeit und wir brauchen vor allem ein gerechtes Steuersystem. Und darüber lohnt es sich schon, eine Debatte zu führen.“

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Markus Lanz (links) diskutierte am Dienstagabend mit der SPD-Vizevorsitzenden Anke Rehlinger (zweite von links), Autor Ferdinand von Schirach (zweiter von rechts) und Journalistin Kerstin Münstermann.
Beim Thema Gerechtigkeit wurde Autor Ferdinand von Schirach hellhörig. Er stellte wütend klar: „Wir haben das komplizierteste Steuersystem der Welt - und zwar nach Meinung aller!“ Mit Blick auf Rehlinger wetterte er weiter: „Dann führen Sie doch um Gottes Willen einmal die Debatte, das zu vereinfachen.“ Der Autor fügte mit strenger Miene hinzu: „Steuersysteme, die komplex sind, mögen ein bisschen gerechter sein, wenn sie ganz ausgeschöpft werden. Das kann aber niemand mehr, weil sie zu komplex geworden sind!“
Auch mit Blick auf die angekündigte Sozialreform warnte Ferdinand von Schirach davor, dass die SPD seit zehn Jahren eine Politik für eine Klientel mache, das sie nicht wähle. Die SPD mache eine Politik „für im Grunde genommen Bürgergeldempfänger“, jene aber „wählen die SPD nicht. Die Leute, die die SPD wählen, wandern ab. Und wenn die SPD nicht aufpasst, ist sie unter zehn Prozent irgendwann.“
Rehlinger hielt weiter dagegen und beteuerte: „Die SPD ist die Partei der Arbeit und der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber wir kümmern uns natürlich auch um diejenigen, denen es nicht so gut gerade geht.“ Ferdinand von Schirach sah darin jedoch ein viel tiefgreifenderes Problem: Politiker würden „sich nicht mehr trauen, zu sagen: Es kostet Geld. Es kostet euch Geld - also den Bürgern.“
Der Autor fügte hinzu, dass große Reformen „nicht zu machen“ seien „ohne Einschnitte bei uns allen. Und ich vermisse den Politiker, der sich hinstellt und sagt: So wird es sein. Es ist furchtbar, ich kann es nicht ändern“. Die SPD-Vizevorsitzende nickte zwar zustimmend, merkte jedoch an, dass ihre Partei „nichts zustimmen“ werde, „wo Leute, die mit wenig Einkommen unterwegs sind am Ende mehr zahlen müssen als diejenigen, die viel haben“. Rehlinger weiter: „Momentan hat man den Eindruck, dass die Union eben nicht bereit ist, mal genau hinzugucken: Wer muss denn Einschnitte hinnehmen?“ (tsch)