Markus LanzAls der Moderator nach Morddrohungen fragt, wird Frauke Brosius-Gersdorf emotional

Die gescheiterte Verfassungsrichter-Wahl wirft einen großen Schatten über die noch junge Bundesregierung. Bei „Markus Lanz“ äußerte sich Juristin Frauke Brosius-Gersdorf ehrlich zur Kritik an ihrer Person und offenbarte, dass sie mehrere Morddrohungen erhalten habe.

Am Freitag kam es bei der letzten Bundestagssitzung vor der Sommerpause zu einem Eklat, als die Wahl zweier neuer Richterinnen und eines Richters für das Karlsruher Bundesverfassungsgericht kurzfristig von der Tagesordnung gestrichen wurde.

Der Grund: die fehlende Unterstützung für Juristin Frauke Brosius-Gersdorf innerhalb der Union.

Brosius-Gersdorf nach gescheiterter Wahl zur Verfassungsrichterin bei Lanz

Nach der gescheiterten Wahl zur Verfassungsrichterin äußerte sich die Rechtsprofessorin am Dienstagabend (15. Juli 2025) mit ehrlichen Worten bei „Markus Lanz“ und offenbarte, dass es ihr „den Umständen entsprechend“ gehe: „Sie können sich ja vielleicht vorstellen, dass die Berichterstattung über die Verfassungsrichterwahl und auch über meine Person in den letzten Wochen nicht spurlos an mir vorbeigegangen ist“, so die Rechtswissenschaftlerin im Gespräch mit Lanz.

Alles zum Thema Markus Lanz

Sie kritisierte in dem Zusammenhang die „falsche“ Berichterstattung über ihre Person und ihre Ansichten und bezeichnete Ausdrücke wie „ultra-links“ und „radikal links“ in Verbindung mit ihrer Person als „verstörend“.

Als der ZDF-Moderator wissen wollte, warum Brosius-Gersdorf sich nun für einen TV-Auftritt entschieden habe, merkte die Juristin an, dass sie die Debatte versachlichen wolle. „Das kann ich mir nicht länger gefallen lassen. Ich finde das infam“, so die Professorin emotional.

„Sie wirken tief getroffen, verletzt davon. Ist es zutreffend, dass Sie sogar Morddrohungen bekommen haben?“, hakte Lanz interessiert nach. Frauke Brosius-Gersdorf nickte und verriet: „Ja, wir haben Drohungen bekommen, ich vor allem, per E-Mail, Poststücke mit verdächtigem Inhalt, die an meinen Lehrstuhl gesendet wurden.“ Auch Videos, die im Netz kursieren, seien teilweise mit Drohungen gespickt: „Natürlich macht mir das Sorgen. Natürlich belastet mich das.“

In der Debatte mit ZDF-Moderator Markus Lanz räumte Frauke Brosius-Gersdorf mit einigen Lügen und Fehlbehauptungen rund um ihre Person auf. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

In der Debatte mit ZDF-Moderator Markus Lanz räumte Frauke Brosius-Gersdorf mit einigen Lügen und Fehlbehauptungen rund um ihre Person auf. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

In dem Zusammenhang machte Frauke Brosius-Gersdorf deutlich, dass Kritik an ihrer Person durchaus „zugespitzt“ sein dürfe, denn: „Meinungsfreiheit, Pressefreiheit ist unser höchstes Gut im Land. Aber das Ganze hat auch Grenzen.“

Frauke Brosius-Gersdorf: „Man muss sich der Diskussion und der Kritik stellen“

Die Juristin wetterte weiter, dass sie keinerlei politische Agenda verfolge, sondern „ich vertrete gemäßigte Positionen als Wissenschaftlerin“. Sie ergänzte dazu: „Man muss sich der Diskussion und der Kritik stellen - auch hart und zugespitzt - aber es ist nicht akzeptabel aus meiner Sicht, wenn einzelne Thesen herausgepickt werden und wenn Sätze falsch wiedergegeben werden und aus dem Zusammenhang gerissen werden und das war gerade beim Schwangerschaftsabbruch sehr stark der Fall.“

Eine Steilvorlage für Lanz, der genauer nachfragte, was in dem Bereich aus dem Zusammenhang gerissen wurde. Brosius-Gersdorf erklärte energisch: „Es ist falsch, dass ich gesagt hätte, ich bin für einen Schwangerschaftsabbruch bis zur Geburt. (...) Es ist auch falsch, dass ich gesagt haben soll, (...) dass der Embryo kein Lebensrecht hat. Das Gegenteil ist der Fall!“

Gleichzeitig gab die Juristin zu, dass es ein Dilemma gebe, denn: „Wenn Sie das Lebensrecht des Embryos und die Grundrechte der Frau mit gleichem Schutz sozusagen gegenüberstellen, (...) dann können Sie den Schwangerschaftsabbruch zu keiner Zeit rechtfertigen.“

Frauke Brosius-Gersdorf: „Die letzte Zeit war enorm belastend“

Daraufhin wollte Markus Lanz wissen, ob sich die Rechtswissenschaftlerin im Zuge ihrer Nominierung nie über vergangene Aussagen Gedanken gemacht habe. Frauke Brosius-Gersdorf schüttelte mit dem Kopf und sagte, dass ihr schon immer klar gewesen sei, „dass ich Thesen vertrete, die nicht jeder teilt. Den Anspruch kann ich auch gar nicht haben“.

Die Plagiatsvorwürfe hätten sie dennoch völlig „aus der Bahn geworfen“. Als Lanz nachhakte, ob sie deshalb hinschmeißen wollte, machte Brosius-Gersdorf deutlich: „An dem Tag hatte ich überhaupt keine Chance, noch über irgendwas anderes nachzudenken als den Tag zu überleben. Das sage ich Ihnen ganz offen.“

Gleichzeitig stellte sie klar, dass sie „sehr wenig Verständnis dafür“ aufbringen könne, die „Verfassungsrichterwahl zu politisieren“. Die Juristin warnte: „Das sollte möglichst auch nicht mehr geschehen in dieser Republik, weil das Schaden anrichtet für unsere Demokratie und für unseren Rechtsstaat und irgendwann auch für das Ansehen des Bundesverfassungsgerichts.“

Grund genug für Markus Lanz, zu fragen: „Wie geht es jetzt weiter?“ Eine konkrete Antwort konnte die Rechtswissenschaftlerin zwar nicht liefern, sie offenbarte jedoch, dass die Frage „nicht einfach“ für sie sei. „Die letzte Zeit war enorm belastend und alleine hätte ich das nicht geschafft. (...) Aber es geht nicht mehr nur um mich“, so Frauke Brosius-Gersdorf.

Dennoch verriet sie, dass sie zwar an ihrer Nominierung weiterhin festhalten werde, aber einen Verzicht auf ihre Kandidatur nicht ausschließe, sollte es die Regierung oder das Bundesverfassungsgericht in eine tiefe Krise stürzen. (tsch)