G7-GipfelKlare Worte von Merz im ZDF-Interview: „Israel macht die Drecksarbeit“

Der Bundeskanzler nennt die Regierung in Teheran ein Terrorregime. Zugleich hält er neue Verhandlungen zumindest mit einem Teil der Machthaber des Iran weiterhin für möglich.

Kanzler Friedrich Merz hoffe auf ein Ende der iranischen Regierung im Zuge der israelischen Angriffe gegen die Atomanlagen des Landes.

„Wir haben es hier mit einem Terrorregime zu tun, nach innen wie nach außen. Es wäre gut, wenn dieses Regime an sein Ende käme“, sagte der CDU-Chef am Rande des zweiten Tages des G7-Gipfels in Kanada in einem ARD-Interview. Zugleich bot er Teilen der Regierung in Teheran die Rückkehr an den Verhandlungstisch an.

Merz: US-Regierung berät wohl über bunkerbrechende Waffen

„Es gibt immer noch die Möglichkeit für den Teil der Regierung im Iran, der noch handlungsfähig ist, (...) zurückzukehren an den Verhandlungstisch und Gespräche zu führen. Das Angebot steht“, sagte Merz. Die Entscheidung darüber liege bei der Regierung in Teheran. „Und wenn sie nicht bereit ist, die Gespräche aufzunehmen, dann wird Israel den Weg zu Ende gehen.“

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Der Kanzler sagte, er vermute, dass in der US-Regierung derzeit über den Einsatz bunkerbrechender US-Waffen im Iran beraten werde. „Ob die amerikanische Regierung sich dazu entschließt, das zu tun, vermag ich im Augenblick nicht zu sagen.“ Eine Entscheidung in dieser Frage sei offensichtlich noch nicht gefallen. Die G7-Runde besteht aus den USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada und Japan. Zudem ist die EU mit dabei.

Merz im ZDF-Interview: „Israel macht die Drecksarbeit“

In einem ZDF-Interview machte Merz deutlich, dass Israel aus seiner Sicht derzeit „die Drecksarbeit“ für den ganzen Westen mache. „Ich kann nur sagen, größten Respekt davor, dass die israelische Armee den Mut dazu gehabt hat, die israelische Staatsführung, den Mut dazu gehabt hat, das zu machen“, sagte er. „Wir hätten sonst möglicherweise Monate und Jahre weiter diesen Terror dieses Regimes gesehen und dann möglicherweise noch mit einer Atomwaffe in der Hand.“ Merz verwies dabei auch auf iranische Drohnenlieferungen für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Zur Frage der Zukunft des iranischen Atomprogramms nach den Angriffen sagte Merz dem ZDF, dass dieses seiner Annahme zufolge bereits durch die bisherigen israelischen Angriffe weitgehend beendet sei oder zumindest nicht einfach so weit fortgesetzt werden könne. Abzuwarten sei allerdings noch, was mit der letzten, tief verbunkerten Anreicherungsanlage, sei. „Da wird sich möglicherweise erst in einigen Tagen Wochen herausstellen, wie weit die Zerstörungen da reichen“, sagte er.

Einige zentrale Erkenntnisse des Gipfeltreffens:

G7-Gipfel: Trump gibt Rätsel auf

Erst große Harmonie – und dann der Paukenschlag. Ein zugänglicher, geradezu zahmer Donald Trump präsentierte sich zum Gipfel-Auftakt den G7-Partnern. Die ersten Gespräche mit dem US-Präsidenten im Kreis der G7 seien harmonisch verlaufen, trotz anhaltender Differenzen etwa in der Russland-Politik, befand Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in Kananaskis.

„Er hört zu. Es ist ein wirklicher Dialog.“ Spürbare Erleichterung also – und dann das: Trump verkündet seine vorzeitige Abreise, verlässt per Hubschrauber das von traumhafter Bergkulisse umgebene Berghotel und beschimpft dann auf dem Rückweg auch noch den französischen Präsidenten.

Was ist passiert? Das ist die Frage, die die anderen G7-Chefs vor Rätsel stellt. Trump begründete seine Abreise mit der Lage im Nahen Osten und sprach von „großen Dingen“, die seine sofortige Rückreise erforderten.

Als Affront der G7 wollte er seine Abreise nicht verstanden wissen: „Ich wäre gerne geblieben.“ In den Regierungsdelegationen kristallisierten sich zwei Theorien heraus: Entweder, Trump plant einen großen diplomatischen Aufschlag zur Iran-Krise – oder die USA greifen selbst militärisch im Iran ein, etwa mit dem Einsatz bunkerbrechender Bomben gegen die unterirdische Atomanlage Fordo. Kanzler Merz äußerte die Vermutung, dass die US-Regierung nun in Anwesenheit Trumps über genau dieses Szenario berät, aber noch keine Entscheidung getroffen hat.

Die G7 sind handlungsfähig

Der Gipfel brachte einen unerwarteten diplomatischen Erfolg: Die G7 verständigten sich auf eine gemeinsame Erklärung zur Konfrontation zwischen Israel und dem Iran. Trump hatte lange gezögert, eine solche Erklärung zu unterstützen – bei einem mehrstündigen Abendessen mit den G7-Partnern im Golfclub von Kananaskis gab er seinen Widerstand aber auf. Die G7 fordern nun eine Deeskalation, betonen Israels Recht auf Selbstverteidigung und verlangen einen Stopp der iranischen Atomambitionen.

Direkte Kritik an Israel enthält die Erklärung nicht. Eine solche Erklärung wird die Konfrontation nicht stoppen. Sie ist aber ein wichtiges diplomatisches Signal: Die G7 sind trotz der Differenzen mit Trump noch zu gemeinsamen Positionierungen in der Lage.

Das Ende einer Männerfreundschaft?

„Emmanuel versteht es immer falsch“: So kanzelte Trump nach einer vorzeitigen Abreise den französischen Präsidenten Emmanuel Macron ab. Trumps Zorn entzündete sich offenbar an Macrons Aussage, dass er, Trump, bei seiner Rückkehr nach Washington für eine Waffenruhe zwischen Israel und dem Iran arbeiten wollen.

„Falsch! Er hat keine Ahnung, warum ich jetzt auf dem Weg nach Washington bin“, schrieb Trump. Es gehe um etwas „viel Größeres“. Damit nährte Trump das Rätselraten um die wahren Gründe für seine Abreise. Macron ist der einzige Staatschef der G7-Gruppe, der bereits in Trumps erster Amtszeit mit dem Rechtspopulisten zu tun hatte. Von Anfang an hatte er sich bemüht, einen jovialen, kumpelhaften Umgang mit Trump zu demonstrieren - mit gemischtem Erfolg.

Merz mittendrin in der Krisendiplomatie

Mit großem Engagement stürzte sich der Bundeskanzler bei seiner G7-Premiere in die internationale Krisendiplomatie. Merz will ein gutes Verhältnis zu Donald Trump pflegen.

Der US-Präsident sei jemand, mit dem man ins Geschäft kommen kann und muss, sagt Merz immer wieder. In der Frage des Umgangs mit Russland widerspricht der Kanzler dem Präsidenten aber klar: Auf Trumps Kritik am Ausschluss Russlands aus der früheren G8-Gruppe entgegnete Merz: „Wir sitzen nicht mit Kriegsverbrechern zusammen.“

Der neue Kanzler ist angekommen auf der Weltbühne – und er vermittelte in den kanadischen Bergen den Eindruck, dass er sich dabei sehr wohl fühlt. (afp/dpa)