Nach Merz' Aussagen über das „Stadtbild“ gibt es erste Anzeigen wegen des Verdachts der Volksverhetzung. Grüne und Aktivisten mobilisieren gegen den Kanzler.
Verdacht der VolksverhetzungAnzeigen gegen Kanzler Merz

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Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) am 22. Oktober bei der Sitzung des Bundeskabinetts im Bundeskanzleramt.
Aktualisiert
Mit Anzeigen wegen des Verdachts der Volksverhetzung wollen Grüne in Castrop-Rauxel Zeichen setzen gegen die „Stadtbild“-Äußerungen von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU).
Ob es sich dabei um einen strafbaren Tatbestand gehandelt habe, werde zeitnah geprüft, sagte ein Sprecher der Polizei Recklinghausen auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf.
Zuvor hatten auch andere Medien über Anzeigen der Grünen berichtet.
Merz hatte vergangene Woche auf einer Pressekonferenz in Potsdam auf die Frage zum Erstarken der AfD unter anderem gesagt, man korrigiere frühere Versäumnisse in der Migrationspolitik und mache Fortschritte. „Aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen.“
Grüner: Pauschale Diskriminierung
Am Montag war der CDU-Chef bei seiner Haltung geblieben und hatte nachgelegt: „Fragen Sie mal Ihre Töchter, was ich damit gemeint haben könnte. Ich vermute, Sie kriegen eine ziemlich klare und deutliche Antwort. Ich habe gar nichts zurückzunehmen.“
Beide Äußerungen erfüllten nach seinem Verständnis mehrere Tatbestandsmerkmale des Strafgesetzbuch-Paragrafen zur Volksverhetzung, argumentierte der Grüne Selim Korkutan, der bei der jüngsten Kommunalwahl in den Rat der Stadt Castrop-Rauxel gewählt worden ist. Der Wortlaut seiner Online-Anzeige und eine entsprechende Eingangsbestätigung der Polizei NRW liegen der dpa vor.
Der Kanzler habe mit seinen öffentlichen Äußerungen einen Zusammenhang hergestellt zwischen Problemen im Stadtbild sowie Migration und Rückführungen, heißt es dort. Dadurch würden Menschen durch ihre Herkunft, Hautfarbe oder Religion „erkennbar“ als „anders“ markiert, schrieb Korkutan.
„Durch die Wortwahl wird suggeriert, dass diese Menschen allein durch ihre Anwesenheit ein Problem darstellen, das behoben werden müsse“, kritisierte der 21-jährige Grüne. „Dies überschreitet den Rahmen einer politischen Debatte und stellt eine pauschale Diskriminierung dar.“ Zudem seien die Aussagen des Kanzlers „geeignet, gesellschaftliche Spannungen zu verschärfen, Vorurteile zu verstärken und Minderheitenfeindlichkeit zu befeuern“.
Muster-Anzeigen gegen Merz im Netz
In den sozialen Medien kursieren inzwischen Aufrufe, ebenfalls Anzeige gegen Merz zu stellen. Eine Fachanwältin für Migrationsrecht hat bei Instagram ein Muster dafür veröffentlicht.
„Warum haben wir studiert und uns ein Leben hier aufgebaut, wenn unser Bundeskanzler freilich solche rassistischen Aussagen tätigt?“, heißt es in einem Aufruf der Hamburger Kanzlei Uyanik. „Druckt das Dokument aus und schickt es postalisch an die Staatsanwaltschaft oder digital an die Polizei.“ Der Beitrag wurde bis zum frühen Mittag fast 12.000 Mal gelikt.
Dienstagabend hatten vor der CDU-Zentrale in Berlin nach Polizeiangaben rund 2.000 Menschen demonstriert unter dem Motto „Feministische Kundgebung: Wir sind die Töchter“. Die Veranstalter sprachen von 7.500 Teilnehmern. Heute soll es auch eine Demo in Kiel geben, die von Fridays for Future organisiert wird. (dpa/mg)