G7-GipfelDonald Trump reist überraschend vorzeitig ab: „Ich muss zurück, sehr wichtig“

Damit hat niemand gerechnet. Kurz nach Beginn des G7-Gipfels in Kanada hat sich US-Präsident Donald Trump vorzeitig aus dem Staub gemacht.

Donald Trump (78) hat den G7-Gipfel in Kanada völlig überraschend vorzeitig verlassen.  Der US-Präsident begründetet das mit der Lage im Nahen Osten.

„Ich muss zurück, sehr wichtig“, sagte Trump am Montagabend (16. Juni 2025, Ortszeit) beim traditionellen „Familienfoto“ mit den anderen Staats- und Regierungschefs der Staatengruppe. Er wolle dem „großartigen Gastgeber“ Kanada danken, „aber Sie sehen wahrscheinlich, was ich sehe, und ich muss so schnell zurück sein, wie ich kann“.

Trump trifft Entscheidungen zum Fortgang im Nahen Osten alleine

Zum Gipfel sagte Trump: „Ich habe es geliebt. Und ich denke, wir haben viel erledigt bekommen.“ Er sprach von einer „wirklich guten Beziehung“ mit den anderen Teilnehmern. Er fügte hinzu: „Ich wünschte, ich könnte für morgen bleiben, aber sie verstehen das. Es ist großes Zeug.“ Er kündigte an, noch mit seinen „wundervollen“ G7-Kollegen zu Abend zu essen und dann ins Flugzeug zu steigen.

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Der zweite Tag des Treffens der Staats- und Regierungschefs wirtschaftsstarker westlicher Demokratien in den Rocky Mountains findet nun ohne ihn statt. Und der Gipfel wird zu Ende gehen, ohne dass in zentralen Themen wie dem Umgang mit Russland und dem Zollstreit zwischen der EU und den USA Fortschritte erzielt wurden.

Kurz vor der Abreise einigte sich die Gruppe immerhin noch auf eine gemeinsame Erklärung zum Krieg zwischen dem Iran und Israel.

Donald Trump startet seine Mission im Nahen Osten. Der US-Präsident hat wegen der militärischen Macht der Vereinigten Staaten eine Schlüsselrolle im Konflikt zwischen Israel und dem Iran. Und genau das demonstriert der Republikaner vor den Augen der Welt.

Trump, der Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte, der nicht viel von Multilateralismus hält und ein Faible für Alleingänge hat, macht klar: Er trifft seine wesentlichen Entscheidungen zum Fortgang im Nahen Osten alleine.

Momentan deutet viel darauf hin, dass Trump die USA militärisch aus dem Konflikt heraushalten will, eine Verhandlungslösung anstrebt - und ein Atomabkommen mit dem Iran für möglich hält.

Doch es ist nicht klar, ob er einen militärischen Konflikt für die USA am Ende abwenden kann. Das amerikanische Militär hat vorsichtshalber seine Präsenz im Nahen Osten verstärkt. Und der US-Präsident sendet kryptische Warnungen an die Iraner: einen Aufruf an alle Bewohner Teherans, die Stadt zu verlassen. Drohende Vorzeichen eines möglichen US-Schlags oder ein Bluff, um den Iran zu Gesprächen zu drängen?

Angesichts Trumps oft erratischer und sprunghafter Politik ist auch nicht ausgeschlossen, dass er sich noch nicht auf einen Weg festgelegt hat. Ein Überblick über die verschiedenen möglichen Szenarien:

Präsenz im Nahen Osten verstärkt: USA werden gegen ihren Willen in den Krieg hineingezogen

Der Iran sieht die USA als Hauptunterstützer Israels in dem Konflikt bereits mit in der Verantwortung. Sollte die iranische Führung Vergeltungsschläge gegen amerikanische Stützpunkte im Nahen Osten anordnen - oder im Eifer des Gefechts ohne echte Absicht US-Ziele in der Region treffen -, dann wäre undenkbar, dass die USA nicht selbst zurückschlagen.

Trump hat mehrfach klargemacht, dass das US-Militär in einem solchen Fall mit aller Härte reagieren würden - „in nie dagewesenem Ausmaß“. Damit wäre eine ganz neue und dramatische Eskalationsstufe erreicht. Derzeit sieht es aber nicht so aus, als wollte sich der - geschwächte - Iran mit den USA anlegen.

Israel verfolgt mit seinem Großangriff gegen den Iran das Ziel, das Land an der Entwicklung von Atomwaffen zu hindern. Experten zufolge liegen bestimmte Atomanlagen im Iran aber derart tief unter der Erde, dass für Angriffe darauf sogenannte Bunkerbrecher-Bomben nötig wären, über die nur die USA verfügen. Auch für deren Transport bräuchte es US-Equipment: nämlich B-2- und B-52-Bomber. Manche Fachleute argumentieren daher, dass Israel sein Kriegsziel ohne aktive militärische Unterstützung der Amerikaner nicht erreichen kann.

Sollte Trump anordnen, dass das US-Militär offensiv bei den Angriffen auf iranische Atomanlagen mitmacht, wäre auch das eine Eskalation von ganz neuer Qualität. Danach sieht es momentan aber ebenfalls nicht aus.

Die US-Regierung wies Berichte über angebliche amerikanische Angriffe gegen den Iran als „falsch“ zurück und betonte, die eigenen Soldaten im Nahen Osten hielten weiter lediglich daran fest, sich bei Bedarf zu verteidigen. Die Nachrichtenseite „Axios“ meldete unter Berufung auf Regierungskreise, Trumps Team habe mehreren Partnern im Nahen Osten mitgeteilt, dass man nicht vorhabe, sich aktiv in den Krieg einzumischen, solange keine US-Ziele angegriffen würden.

Trump hat vielfach deutlich gemacht, dass er die USA nicht in neue Kriege führen will. Militärische Konflikte irgendwo auf der Welt passen nicht zu seinem „America First“-Kurs. Der Republikaner setzt zwar auf martialische Rhetorik und eine Aufrüstung des Militärs, aber eher mit dem Ziel der Abschreckung, wie er beteuert. Kurz vor dem G7-Gipfel sagte Trump mit Blick auf den Iran und Israel noch: „Manchmal müssen sie es ausfechten.“

Allerdings ist Trump nicht daran gelegen, wenn der Nahe Osten in Flammen steht, ihm der Vorwurf des Kontrollverlustes anhängt und etwa Energiepreise rund um die Welt in die Höhe schießen würden, was am Ende auch seine Wähler daheim träfe. Daher ist militärische Abstinenz zwar eine Option, politisches Nichtstun aber nicht.

Die USA setzen auf Verhandlungen mit dem Iran

Die bisherigen Wortmeldungen Trumps deuten alle in diese Richtung. Trump betont seit dem Start von Israels Großangriff auf den Iran, dass ein Friedensdeal zwischen beiden Seiten möglich sei und Teheran angesichts des höheren Drucks nun vielleicht eher zu Verhandlungen über sein Atomprogramm bereit sei. Am Rande des G7-Gipfels sagte er, die Iraner wollten reden und einen Deal machen. Teheran sitze „praktisch schon am Verhandlungstisch“. Er rechne mit einem Abkommen. „Sie wollen einen Deal machen, und sobald ich hier weg bin, werden wir etwas unternehmen.“

Der selbst ernannte „Dealmaker“ Trump versucht seit Monaten, auf dem Verhandlungsweg eine Begrenzung des iranischen Atomprogramms zu erreichen, um Teheran am Bau von Atomwaffen zu hindern - im Gegenzug für eine Lockerung der drastischen Sanktionen gegen das Land. Unter Vermittlung des Golfstaats Oman gab es dazu direkte Gespräche zwischen Washington und Teheran. Nach der militärischen Eskalation zwischen Israel und dem Iran wurde eine geplante weitere Gesprächsrunde zunächst abgesagt.

Nun will der Iran laut Trump aber an den Verhandlungstisch zurückkehren. Teheran könnte dafür zur Voraussetzung machen, dass sich die USA militärisch raushalten und Israel seine Angriffe einstellt. (dpa)