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Land unter in BedburgBürgermeister hat schlimmen Verdacht

Die Wassermassen kamen in der Nacht! Starkregen hat Bedburg lahmgelegt. Straßen und Keller wurden überflutet, Hunderte Rettungskräfte kämpften gegen das Chaos.

Ausnahmezustand in Bedburg! Ein heftiges Unwetter hat die Stadt in der Nacht zum Dienstag (9. September 2025) lahmgelegt.

In fast allen Stadtteilen musste die Feuerwehr ausrücken. Unterstützung kam von Löschzügen aus den Nachbarstädten, dem Roten Kreuz, den Maltesern, dem Technischen Hilfswerk und auch vom Bauhof.

Unwetter in Bedburg: Rund 160 Feuerwehrleute im Einsatz

Nach Angaben der Stadt waren allein rund 160 Feuerwehrleute im Einsatz, bis zum frühen Abend wurden rund 222 Einsatzorte gezählt. Ein Krisenstab koordinierte die Einsätze.

Es begann gegen 1 Uhr nachts: Regenmassen prasselten auf die Stadt nieder. Bis zum Vormittag fielen teils mehr als 150 Liter pro Quadratmeter! Das berichtet der „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Zu viel für Flüsse, Felder, Straßen und Kanäle. Das Wasser drückte unaufhaltsam in Gärten und Keller.

„Das war viel zu viel Oberflächenwasser“, sagte Bedburgs Bürgermeister Sascha Solbach. Zwar sei die Stadt vorbereitet gewesen, doch die Wassermassen seien einfach zu gewaltig gewesen.

Ein Einsatzfahrzeug der Feuerwehr pumpt in Bedburg Wasser in einen Kanal.

Ein Einsatzfahrzeug der Feuerwehr pumpt in Bedburg Wasser in einen Kanal.

Schlamm wälzte sich durch Pütz, und die Ressourcenschutzsiedlung in Kaster stand zu einem großen Teil unter Wasser. Am schlimmsten traf es den kleinen Ort Oppendorf: Er musste komplett evakuiert werden.

Der Pützbach, der sonst oft gar kein Wasser führt, war zu einem reißenden Fluss angeschwollen und trat an vielen Stellen über die Ufer. Menschen, Haustiere und Pferde wurden aus dem Ort in Sicherheit gebracht.

Auch in Millendorf und Lipp richtete der Pützbach schwere Schäden an. „Wir haben keine Elementarversicherung“, sagt Tharani Subramaniam-Yogaratnam. Ihr Haus liegt in Lipp direkt neben dem Bach. Das Wasser war zuerst in ihren Garten und dann in den Keller des Hauses geströmt. „Das sah alles aus wie ein großer Swimmingpool.“ Auch hier half die Feuerwehr.

Auch das THW war in Bedburg im Dauereinsatz.

Auch das THW war in Bedburg im Dauereinsatz.

In Kirch-/Grottenherten und in der Innenstadt liefen ebenfalls Keller voll. Die Landstraße 279 zwischen Kirchherten und Millendorf musste wegen Überflutungen gesperrt werden. In Oppendorf mühte sich Landwirt Albert Kühl mit einem Radlader, den Schlamm wieder zurück auf den Acker zu schieben. „Ich habe schon quer zum Hang gepflügt, um so etwas zu vermeiden“, sagte Kühl. „Aber wenn das Wasser erst mal einen Weg gefunden hat, ist es nicht mehr aufzuhalten. Das Wasser will zum Bach.“

Die Lage war zwischenzeitlich so bedrohlich, dass die Stadt weitere Hilfe anforderte. 15.000 Säcke sollten mit 80 Tonnen Sand befüllt werden, um Oppendorf zu schützen. Teils wurde mit den Säcken bereits ein Damm entlang des Pützbachs aufgeschichtet. Am Mittag kam dann die Entwarnung vom Deutschen Wetterdienst: Die Gefahr von Hochwasser drohe nicht mehr. Die Pegel gingen zurück.

Bedburg war schon mehrmals betroffen

Wieder einmal Bedburg. Im September 2021 wurden bei starken Regenfällen Straßen und Keller im Ortsteil Kirchtroisdorf mit Schlamm von einem Acker geflutet. Am 22. Juni und am 25. August 2023 waren Straßen in der Bedburger Innenstadt überflutet worden, standen Keller unter Wasser, liefen die Kanäle über. Die Regenfälle wurden damals als Jahrhundert-Ereignisse eingestuft.

Im Mai 2024 brachte Starkregen die Krume eines Ackers zwischen Lipp und Kaster in Bewegung. Schlamm und Matsch ergossen sich auf Terrassen, in Vorgärten und Keller. Nur zwei Monate später, im Juli 2024, jagte eine Windhose über Königshoven und Alt-Kaster, entwurzelte Dutzende Bäume und deckte Dächer ab. Und nun? Eine Wetterkapriole, die in Bedburg noch kein Mensch in einer solchen Dimension erlebt hat.

„Ich halte es für denkbar, dass Auf- und Abwinde hier ein Mikroklima schaffen“

Die Wetterereignisse häufen sich derart, dass Bürgermeister Sascha Solbach schon nicht mehr an Zufälle glauben will. Er schließt nicht aus, dass die Lage Bedburgs zwischen den Braunkohletagebauen Garzweiler und Hambach eine Rolle spielt. „Ich halte es für denkbar, dass Auf- und Abwinde hier ein Mikroklima schaffen und entsprechende Wetterereignisse auslösen.“

Bedburgs Bürgermeister Sascha Solbach im Gespräch mit Anwohnern und Anwohnerinnen.

Bedburgs Bürgermeister Sascha Solbach im Gespräch mit Anwohnern und Anwohnerinnen.

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) jedoch verzeichnet in Bedburg keine Auffälligkeit, sagt Thomas Kesseler-Lauterkorn, Diplom-Meteorologe vom DWD in Essen.

„Der Starkregenkatalog mit Daten von 2001 bis 2024 gibt keinen Hinweis darauf, dass Bedburg im Vergleich etwa mit dem südlichen Rhein-Erft-Kreis eine größere Anzahl von Unwetter-Starkregenereignissen aufweist.“ Die „gefühlte“ Häufung in den letzten Jahren sei zufällig und nicht lokalklimatischen Effekten in Bedburg geschuldet.

Der DWD hat nun in seiner Wetterstation in Bedburg-Weiler Hohenholz 150 Millimeter Regen in zwölf Stunden gemessen, davon 130 Millimeter allein in sechs Stunden. Starkregenereignisse könnten jeden treffen und seien lokal genau nie vorherzusagen. „Flapsig formuliert könnte man sagen: Pech gehabt.“ (red)