Sechs Jahre hat Soul-Sänger Xavier Naidoo keine Konzerte mehr gegeben. Nach Antisemitismus- und Rassismus-Vorwürfen war es still um ihn geworden. In der Kölner Lanxess-Arena fand nun das Comeback statt.
Vor 18.000 Fans in KölnXavier Naidoo: So lief sein Comeback-Konzert

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Xavier Naidoo gab am Dienstagabend (16. Dezember 2025) in der ausverkauften Lanxess-Arena in Köln sein Comeback-Konzert nach sechs Jahren Pause.
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Es war das umstrittenste und meistdiskutierte Comeback des Jahres. Vor fast genau sechs Jahren hatte Xavier Naidoo (54) in der Festhalle Frankfurt letztmals ein Konzert gegeben.
Danach war der Sänger durch teils menschenverachtende Äußerungen aufgefallen. Er trat vor sogenannten Reichsbürgern auf, verbreitete judenfeindliche Sätze und polarisierte mit Aussagen zur Corona-Pandemie.
Xavier Naidoo: 25 Songs beim Comeback-Konzert in Köln
2020 nahm RTL ihn aus der Jury von „Deutschland sucht den Superstar“. In einem Video gab er später an, sich jahrelang in Verschwörungserzählungen verrannt zu haben: „Ich habe Dinge gesagt und getan, die ich heute bereue.“
Am Landgericht Mannheim sind weiterhin zwei Verfahren wegen Volksverhetzung gegen Naidoo anhängig. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft geht es dabei um Inhalte mit holocaustleugnendem und antisemitischem Charakter, die über einen Telegram-Kanal verbreitet wurden.
Doch jetzt kämpft sich die Ikone der deutschen Pop- und Soulgeschichte zurück in die Mitte der Gesellschaft. Mit seiner einzigartigen Stimme hat er jahrelang Maßstäbe gesetzt. Sechs Alben landeten in Deutschland auf Platz eins.
Und welche musikalische Klasse in ihm und seiner fulminanten Band steckt, wurde am Dienstagabend (16. Dezember 2025) mehr als deutlich. In der Kölner Lanxess-Arena startete der 54-Jährige seine Comeback-Tournee und stieg dabei mit 25 Liedern wie Phönix aus der Asche empor.

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Die Bühne von Xavier Naidoo bestand aus einer gigantischen Leinwand, die hervorragende Bilder lieferte.
Die Halle war mit 18.000 Fans rappelvoll, am Mittwoch kommt noch einmal die gleiche Anzahl an Besucherinnen und Besuchern. Die Mega-Schüssel hätte fünf- oder sechsmal gefüllt werden können, so groß war die Nachfrage nach Tickets. Ab Januar geht die Tour durch ganz Deutschland.
Die Nervosität vor der Rückkehr war groß. Am Halleneingang wurden alle sehr gründlich kontrolliert. Proteste oder Zwischenfälle vor oder in der Arena gab es jedoch keine. Im Gegenteil: Das Publikum jubelte frenetisch, als die Show mit 27-minütiger Verspätung und dem Song „Bei meiner Seele“ startete.
Naidoo sorgte gleich für die großen Gesten, faltete die Hände, fasste sich ans Herz und atmete tief durch. „Wo wart ihr denn die ganzen Jahre?“, fragte er in die Menge. „Ich hab‘ gar nicht gewusst, was ich vermisse. Ihr seid schuld, dass ich wieder hier stehe und nicht mehr Frührentner bin. Wegen Euch bin ich hier“, sagte er und stimmte „Alles kann besser werden“ an.

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Xavier Naidoo reagierte angesichts der tobenden Masse in der Halle mehrmals sichtlich gerührt.
Darin gab es kurzen Szenenapplaus bei Zeilen wie „Ich will raus aus dieser Scheiße hier“ oder „Ich werde aus diesem Knast heraus spazieren“. Später jubelte die Menge beim „Söldnerlied“ auf, als Naidoo sang „Die Schlachtfelder dieser Welt sind mit Blut getränkt. Die Machthaber dieser Welt mischen Blut mit Geld“.
Mehrmals erschien es, als würde der 54-Jährige einige Strophen besonders intensiv singen. „Geblutet, geweint, geschwitzt“ habe er, gab er zu. „Es gibt ja so etwas wie Familie. Da durfte ich mich die letzten Jahre sehr drum kümmern. Das war sehr schön. Ich hab‘ aber völlig vergessen, dass hier auch noch eine Familie ist. Ich sag’s nochmals: Ich bin nur wegen Euch hier“.
Passend dazu kam der Titel „Hört, hört“. Darin heißt es: „Meine Stimme hat manche betört. Meine Worte haben viele verstört. Meine Lieder haben viele gehört. Wahrscheinlich habe ich aber vielmehr verstört. Ich schrieb aus vollem Herzen, selten mit dem Verstand“. Sechs seiner Alben landeten in Deutschland auf Platz eins.

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Xavier Naidoo lieferte eine beeindruckende Show: Zwei bewegliche Bildschirme ergänzten die XXL-Leinwand.
„Diese Lieder wollen wieder raus. Danke, dass ihr sie annehmt“, sagte der Mannheimer Musiker gerührt. Wie immer trug er Sonnenbrille und Kappe. Dennoch waren die Emotionen ihm deutlich anzusehen. Die Bühne bestand aus einer gigantischen, gestochen scharfen Leinwand und zwei hydraulisch auf- und abfahrenden Bildschirmen. Davor sorgte die sechsköpfige Band für einen perfekten Sound.
Schlagzeuger Ralf Gustke und der Kölner Rhani Krija an den Percussions duellierten sich regelrecht. Alex Auer zauberte an der Gitarre, Neil Palmer am Keyboard. Am DJ-Set stand früher Billy Davis, der jedoch im Vorjahr verstorben ist. Die Rolle übernahm seine Tochter Eliyah. Unter anderem ihrem Vater wurde der Song „Abschied nehmen“ gewidmet.
Es reihte sich ein gefälliger Hit an den anderen. Bei „Und wenn ein Lied“ sprangen besonders viele begeistert auf, Naidoo leistete sich sogar einen Patzer beim Singen. Klassiker wie „Dieser Weg“ oder „Wo willst du hin“ haben neue Arrangements bekommen.
Zum Finale drohte die Lanxess-Arena endgültig zu erschüttern. Der Lärmpegel wurde immer größer. „Führ mich ans Licht“, „Ich brauche dich“, „Zeilen aus Gold“ und „Bevor du gehst“ sorgten für die komplette Eskalation. „Das ist der absolute Wahnsinn“, sagte Naidoo strahlend und dankte erst einmal Konzertveranstalter Marek Lieberberg.
Oliver Pocher kommentiert Konzert aus Arena-Loge und löst Debatte aus
„Er und seine Firma Livenation haben immer an mich geglaubt – durch dick und dünn. Das werden wir Euch so schnell nicht vergessen. Das war ein unfassbares Erlebnis“. Den Mega-Hit „Ich kenne nichts“ ließ Naidoo schließlich in den Stones-Hit „Sympathy For The Devil“ gleiten.
Aus Sicht des Teufels mag der Ausnahmemusiker vielleicht Böses getan haben. Aber aus seiner eigenen Wahrnehmung und der seiner loyalen Fans gibt es keinen Grund, vom erfolgreichen Comeback-Weg abzuweichen.
Das untermauerte sein Freund Oli Pocher gleich während des Konzerts aus seiner Arena-Loge: „Da ist er wieder. Er ist einfach der mit Abstand beste Sänger, den wir in Deutschland haben. Sie haben versucht zu canceln, aber Talent und Können setzt sich immer durch“, schrieb er in den sozialen Netzwerken und löste prompt eine wilde Debatte aus. Es bleibt kompliziert. „Halte durch“ sang sich der Star des Abends passend nach 135 Minuten als letzte Zugabe noch einmal Mut zu.

