Eine echte Legende aus Köln-Ehrenfeld feiert einen jecken Geburtstag! Franz Josef Pöttgen, Senior-Chef des Restaurants Pöttgen, wurde am 11.11. 90 Jahre alt und verrät, was aus dem Kneipen-Schnaps von früher geworden ist.
Kölner Kult-Wirt packt aus„Den Korn nehmen wir zum Brillenputzen“

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Das Restaurant „Pöttgen“ in Köln-Ehrenfeld (Archivfoto)
„Korn haben wir nur in 50-Liter-Behältern gekauft“, erzählt Franz Josef Pöttgen und lacht. Früher, da sei an der Theke noch richtig was los gewesen, besonders sonntags beim Frühschoppen.
„Aber das ist schon lange vorbei.“ Und der Korn? Der hat heute eine ganz andere Aufgabe im Traditionslokal: „Den benutzen wir heute oft zum Brillenputzen, dafür ist der wirklich gut geeignet.“
Sprüche wie dieser zeigen: Mit 90 Jahren hat der Senior-Chef seinen Humor nicht verloren. Seinen runden Geburtstag feierte der Jubilar ausgerechnet am Elften im Elften im Kreise seiner Familie – ganz ohne Karneval, dafür mit Angehörigen, die extra aus München, Hamburg und sogar New York anreisten. Das berichtet der „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Pöttgen hat das Haus Pöttgen über Jahrzehnte geprägt. Die Geschichte des Lokals in der Landmannstraße reicht bis ins Jahr 1907 zurück. Sein Großvater mütterlicherseits, der Hufschmied Johann Ehm, eröffnete damals die „Schenkwirtschaft“. An edles Essen dachte damals kaum jemand. Es gab Frikadellen, Mettwürste und manchmal Muscheln – das war's.
Auch nach dem Zweiten Weltkrieg, als sein Vater Franz das Ruder übernahm, blieb es zunächst dabei. Bei Tanzveranstaltungen ging es hoch her, auch die in Bickendorf und Ossendorf stationierten belgischen Soldaten und Soldatinnen kehrten gerne ein. Doch Franz Josef hatte Größeres vor. „Ich wollte immer schon Koch werden“, sagt er. Seine Ausbildung machte er im ehrwürdigen Hotel Kölner Hof und im Dom-Hotel, wo er auch seine spätere Frau Elke kennenlernte.
Für die Liebe und die Kochkunst zog es den „Ihrefelder Jung“ sogar bis nach Hamburg. Im Hotel Atlantic stand er am Grill und bediente Promis wie Hans Albers. Als er 1968 die Gastwirtschaft seiner Familie übernahm, brachte er diesen Schwung mit, setzte aber voll auf deftige Hausmannskost. „Angefangen haben wir mit Erbsensuppe mit Mettwurst oder Bockwurst“, erinnert er sich. Später kamen Klassiker wie Jäger- und Zigeunerschnitzel dazu. Die Kneipe wurde langsam, aber sicher zum Restaurant.

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Wolfgang Pöttgen ist seit 1996 der Restaurant-Chef.
Sein Sohn Wolfgang Pöttgen, der seit 1996 der Chef ist, führt diese Tradition fort. „Das ist unser Alleinstellungsmerkmal“, erklärt er stolz. „Wo sonst würde man heute noch saure Nierchen mit Kartoffelpüree bekommen?“ Trotzdem ist die Speisekarte mit der Zeit gegangen, bietet auch Pasta- und Fischgerichte.
Und die Zukunft ist bereits gesichert! Mit Enkelin Anna Lettenbauer steht die fünfte Generation in den Startlöchern. Die gelernte Köchin bringt frischen Wind ins Haus. Auf der Karte finden sich schon vegetarische und sogar vegane Gerichte. Anna experimentiert mit einem Blumenkohlschnitzel, will den gemütlichen Charme des Ladens aber unbedingt erhalten.
Eine große Neuerung hat sie schon eingeführt: ein Online-Reservierungssystem. „Das bringt verstärkt jüngere Gäste ins Haus“, freut sich Papa Wolfgang. Und der Senior? Franz Josef Pöttgen hält sich aus dem Internet-Kram raus, aber sein Rat ist Gold wert. Dreimal die Woche fährt er mit seiner Enkelin zum Großmarkt. „Sein routinierter Blick ist kaum zu ersetzen“, schwärmt Anna. (red)
