Mehrere denkmalgeschützte Eisenbahnbrücken in Köln sollen abgerissen werden.
Sorgt für FassungslosigkeitKölner Wahrzeichen – Abriss beschlossen

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Der Bahnübergang auf der Vogelsanger Straße. Ein Gutachten hält einen Teil der Brücke für sanierungsfähig, obwohl sie aus dem Jahr 1888 stammt.
17.09.2025, 16:47
Jetzt ist es beschlossen! Die denkmalgeschützten Eisenbahnbrücken an der Venloer und der Vogelsanger Straße dürfen abgerissen werden.
Der Stadtrat gab in einer umstrittenen Dringlichkeitsentscheidung am 11. September 2025 grünes Licht für die Pläne der Deutschen Bahn.
Die historischen Bauwerke – regelrechte Wahrzeichen – aus den Jahren 1885 bis 1888 sollen zwischen Juli 2028 und Dezember 2029 durch Neubauten ersetzt werden. Und das ist nicht alles: Auch die Brücken an der Zülpicher und Luxemburger Straße aus derselben Zeit sollen dran glauben. Das berichtet der „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Die Deutsche Bahn (DB) macht Druck und stellte den Neubau als alternativlos dar. Das geht aus einem Protokoll eines Erörterungstermins bei der Bezirksregierung Köln hervor. Zwar sei eine Sanierung der Brücke an der Venloer Straße möglich, aber eben „sehr aufwendig“. An der Vogelsanger Straße sei ein Erhalt laut Bahn technisch unmöglich, weil die Trassen für die S-Bahn erweitert und die Brücken verschoben werden müssten.
Doch ein Gutachten im Auftrag des Eisenbahnbundesamts zeichnet ein anderes Bild! Demnach sind Teile der Brücke an der Vogelsanger Straße sehr wohl sanierbar. Die Widerlager könnten für eine „weitere Nutzung in der vorhandenen Bogenkonstruktion“ erhalten bleiben. Selbst Hauptträger von Abstellgleisen aus dem Jahr 1888 seien noch verwendbar.
Für Denkmalschützer und Denkmalschützerinnen ist der Abriss ein Desaster. Sie sehen die Brücken als ein einzigartiges Ensemble. Sie seien die „Stadttore des Industriezeitalters“ und hätten eine immense geschichtliche und städtebauliche Bedeutung für Köln, betonten sie.
Der eigentliche Skandal kommt aber erst noch: Die Stadt Köln gestand laut Protokoll, dass sie einen Erhalt der Brücken „bisher nicht als Möglichkeit in Betracht gezogen hat“! Eine Positionierung zu einer Sanierung? Fehlanzeige!
Aber warum die plötzliche Eile? Die Deutsche Bahn drängte auf eine schnelle Entscheidung, um ihre straffen Zeitpläne einzuhalten. Der Bauzeitraum von Mitte 2028 bis Ende 2029 müsse „unbedingt eingehalten werden“, da sonst der nationale Bahnverkehr massiv beeinträchtigt werde, so die Begründung. Die Stadt knickte ein und peitschte den Beschluss kurz vor der Kommunalwahl ohne Ausschuss-Beratung durch.
Verkehrsexperte kritisiert das Vorgehen scharf
Verkehrsexperte Roland Schüler (Grüne) kritisiert das Vorgehen scharf: „Es gibt noch keinen Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahnbundesamts, dass die Bahn die denkmalgeschützten Brücken abreißen darf“, sagt er. Seit Juli 2024 drücke sich das Amt vor einer rechtssicheren Entscheidung. Die Sorge vor Klagen, die das ganze Projekt verzögern könnten, sei offenbar groß.
Auch Innenstadt-Bürgermeister Andreas Hupke ist fassungslos. Bei der Venloer und der Vogelsanger Straße ziehe auch das Argument nicht, durch einen Neubau könne der Straßenraum aufgeweitet werden. „Hier dürfen große Lkw und Reisebusse sowieso nicht fahren.“
Der Beschluss des Stadtrats könnte den Abriss nun beschleunigen und dem Eisenbahnbundesamt ein entscheidendes Argument liefern. Das öffentliche Interesse an einem besseren S-Bahn-Verkehr wiege nun schwerer als der Denkmalschutz. Verkehrsexperte Schüler resigniert: Bei überregionaler Infrastruktur sei die Stadt Köln eben nicht Herrin des Verfahrens. (red)