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Köln-WahlDreiste Meldung kursiert im Netz

14.09.2025 Köln. Kommunalwahl 2025 B90/Die Grünen: Wahlabend der Kölner Grünen im Gürzenich. Foto: Alexander Schwaiger

Gespannter Blick auf die Zahlen zur Wahl. So wie hier bei der Wahl-Party der Kölner Grünen im Gürzenich ging es vielen Kölnerinnen und Kölnern. Im Netz kursierten schnell auch Falschmeldungen. 

Riesen-Wirbel um die Köln-Wahl! Im Netz feierten rechte Meinungsmacher schon einen AfD-Erfolg. Doch die angebliche Sensation war eine dreiste Lüge.

Dreiste Falschmeldung zur Köln-Wahl! Julian Reichelt, Ex-Chefredakteur der „Bild“-Zeitung und jetzt Macher des rechtspopulistischen Portals „Nius“, tönte auf X (früher Twitter) über eine Sensation. Sein Beitrag zur Oberbürgermeisterwahl in Köln sammelte Tausende Likes. Der Haken: Die Nachricht war eine dreiste Falschmeldung.

Um 18.36 Uhr postete Reichelt am Sonntag den angeblichen Hammer: „SPD und AfD in Köln Kopf an Kopf. Irre“. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Doch Reichelt zeigte nur einen winzigen Ausschnitt der Wahrheit. Auf seinem Screenshot fehlte die entscheidende Information: Zu diesem Zeitpunkt waren kaum Stimmen ausgezählt.

Eine seriöse Tendenz war da noch gar nicht zu erkennen, denn zuerst wurden Stimmen ausgerechnet aus Stadtteilen gemeldet, in denen die AfD traditionell stärker ist. Nur wenige Minuten später sah es schon ganz anders aus.

Ein Screenshot zeigt den X-Beitrag von Julian Reichelt. Der „Nius“-Chef nutzte eine Momentaufnahme der Auszählung, um einen AfD-Erfolg in Köln zu suggerieren.

Ein Screenshot zeigt den X-Beitrag von Julian Reichelt. Der „Nius“-Chef nutzte eine Momentaufnahme der Auszählung, um einen AfD-Erfolg in Köln zu suggerieren.

Mit jeder neuen Auszählung schmolz der angebliche Vorsprung von AfD-Kandidat Matthias Büschges dahin. Von einem Duell an der Spitze keine Spur! Am Ende des Abends landete Büschges auf dem vierten Platz – mit 8,4 Prozent der Stimmen.

Trotzdem stand Reichelts Post auch am Montagvormittag immer noch online. Eine Richtigstellung? Fehlanzeige!

Auch der österreichische Rechtsextremist Martin Sellner und der rechtspopulistische Kölner Influencer Ali Utlu sprangen auf den Fake-News-Zug auf.

Sellner jubelte in einem inzwischen gelöschten Beitrag: „Die AfD überholt im katholisch-konservativen Köln die Union und liegt Kopf an Kopf mit der SPD“. Er triumphierte: „In diesem Land wird sich etwas ändern, und zwar drastisch“. Als die Wahrheit ans Licht kam, war der Beitrag plötzlich weg.

Ein Screenshot zeigt den später wieder gelöschten X-Beitrag von Martin Sellner.

Ein Screenshot zeigt den später wieder gelöschten X-Beitrag von Martin Sellner.

Auch bei Utlu verschwanden die Jubel-Posts. Stattdessen bekamen die Leserinnen und Leser nur noch seinen Frust zu spüren. „Köln wird grün und ich übergebe mich im Strahl“, wetterte er.

Diese dreisten Manipulationsversuche sind kein Zufall, sondern folgen einem internationalen Trend. Eine Studie von Forscherinnen und Forschern der Universität Amsterdam ergab, dass radikale rechtspopulistische Politikerinnen und Politiker deutlich öfter Falschinformationen verbreiten als andere.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler analysierten dafür 32 Millionen Tweets von Parlamentarierinnen und Parlamentariern aus 26 Ländern. Ihr Ergebnis ist eindeutig: „Nur in Kombination mit rechtsgerichteter Ideologie ist Populismus signifikant mit der Verbreitung von Fehlinformationen verbunden“.

Das Fazit des Forschungsteams lautet: „Kurz gesagt: Wenn es um Fehlinformationen geht, ist nicht der Populismus, sondern der rechtsradikale Populismus das Hauptproblem“. Die Aktionen von Reichelt, Sellner und Utlu zum Kölner Wahlabend sind dafür der beste, traurige Beweis. (red)