Kölner KarnevalHöhner-Song zu sexistisch? Warum die Debatte an der Realität der Menschen vorbeigeht

Gruppenfoto der Colombinen

Bestes Beispiel: Die Colombinen (hier 2018) sind eine feste Größe im Kölner Karneval. 

Nach den Sexismus-Vorwürfen gegen ein Kölner Hotel aufgrund des Schriftzuges des Höhner-Songs „Blotwoosch, Kölsch un e lecker Mädche“ ist eine neue Qualität der „Political Correctness“ erreicht, findet unser Autor. Ein EXPRESS.de-Kommentar.

von Bastian Ebel (bas)

Nun also der Höhner-Song! Nach einer Debatte um verkleidete Indianer und Indianerinnen hat es jetzt das Lindner-Hotel abbekommen und erhält Schelte von einer zugezogenen Anwohnerin. Ihr Vorwurf: Zu sexistisch, denn man könnte den Eindruck bekommen, dass in der Bar auch Prostitution herrscht. „Lecker Mädche“ eben.

Was muss dabei wohl Marita Köllner denken, wenn sie singt „Denn mir sin kölsche Mädcher“? Die Sängerin hat sich übrigens in einer Männerdomäne behauptet und steht nicht gerade im Verdacht, unemanzipiert zu sein.

Köln: Kritik an Kölner Karneval zu vehement

Die neuerliche Diskussion sagt vielmehr aus: Menschen, die sich mit den Eigenheiten des Kölner Karnevals und dessen Traditionen offenbar nur bedingt auskennen, instrumentalisieren dieses Fest für ganz viel „Political Correctness“.

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Damit eins klar ist: Brauchtum ist nicht immer gut. Brauchtum grenzt auch aus. Das ist im Kölner Karneval nicht anders als anderswo. Die Debatte um ein weibliches Kölner Dreigestirn hat deshalb auch einen so langen Bart, dass man damit den Zochweg auslegen könnte.

Aber: Das vehemente und aufdringliche Einfordern von Veränderungen jahrzehntelanger Gepflogenheiten ruft bei der Mehrzahl der Menschen ein Kopfschütteln und eine „Anti“-Reaktion aus. Eben, weil ohne Gefühl auf das Brauchtum eingedroschen wird.

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Dabei übersieht man, wie sehr sich auch der Kölner Karneval geöffnet hat in den vergangenen Jahren: Ein homosexueller Prinz, Damenvereine (wo übrigens auch kein Mann Mitglied werden kann), die kunterbunte Stattgarde, die Öffnung für Frauen beispielsweise bei der Großen von 1823 oder der Narrengilde, Frauen im Festkomitee-Vorstand: Ja, all diese Dinge gibt es bereits.

„Ävver bitte mit Jeföhl“ gilt deshalb nicht nur für den Kölner Karneval, sondern auch für diejenigen, die ständig an ihm herumkritisieren und mit der Brechstange auf Teufel komm raus Veränderungen in Sachen Gleichberechtigung fordern. Toleranz und Respekt sind keine Einbahnstraße. Denn der Karneval arbeitet ständig an sich.

Kölner Karneval: Veränderungen sind in vollem Gang

Deshalb wird es irgendwann auch ein Frauen-Dreigestirn geben. Aber nicht, weil es mit aller Macht eingefordert wird, sondern weil die drei Frauen dann irgendwann einfach super sind und deshalb zu Recht den Kölner Karneval repräsentieren.

Die Menschen in Köln haben derzeit andere Dinge im Kopf, zum Beispiel eine unbezahlte Gasrechnung und wie man das Monatsende einigermaßen ohne Dispo auf dem Girokonto übersteht. Debatten um Liedgut und Gendern im Karneval sind da fehl am Platze und gehen an der Realität der Menschen aktuell mindestens so weit vorbei, wie die Erde vom Mond entfernt ist.