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Interview

EXPRESS-Interview mit Kuckelkorn„Das sollten wir nicht über Bord werfen“

Christoph Kuckelkorn steht auf der Bühne und moderiert.

Christoph Kuckelkorn gibt nach der Session sein Amt als Präsident des Festkomitees Kölner Karneval vorzeitig ab.

Aktualisiert

Nach 21 Jahren verabschiedet sich Christoph Kuckelkorn von der Karnevalsbühne und tritt an Aschermittwoch zurück. Im großen EXPRESS.de-Interview sprachen er und sein designierter Nachfolger Lutz Schade darüber. 

An Aschermittwoch ist alles vorbei. Nach 21 Jahren in verantwortlicher Position tritt Christoph Kuckelkorn (61) im Februar vorzeitig als Präsident des Festkomitees Kölner Karneval zurück. Am 23. März 2026 soll die Nachfolge bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung geregelt werden.

Für den Rückzug aus seinen Ämtern hatte Kuckelkorn berufliche Gründe angeführt. Vizepräsident Lutz Schade (50) übernimmt nun das Tagesgeschäft und ist Wunschkandidat für die Nachfolge.

Festkomitee wählt am 23. März 2026 Kuckelkorn-Nachfolger

EXPRESS.de traf Kuckelkorn und Schade in den Räumlichkeiten des Festkomitees zum großen Interview über die Hintergründe des Rücktritts und Plänen für die Zukunft.

Herr Kuckelkorn, was überwiegt nach Ihrer Entscheidung: Sind Sie erleichtert oder eher traurig?

Christoph Kuckelkorn: Es ist ein Stück weit Erleichterung, denn die Idee tragen wir jetzt schon seit über einem halben Jahr herum. Das Ganze haben wir in einem ganz engen Kreis vorbereitet. Traurig ist es aber auch. Durch meinen Beruf als Bestatter bin ich ja mit Loslassen jeden Tag konfrontiert, da müsste ich eigentlich Profi sein. Aber es fiel mir sehr schwer, deshalb habe ich mir vor dem Präsidentenabend, wo ich die Nachricht verkündet habe, so meine ganz eigene Strategie gemacht.

Wie sah die aus?

Kuckelkorn: Sonntagabend habe ich die erste Hälfte der Nacht hier im Festkomitee verbracht. Ich war ganz allein, bin noch mal durch alle Räume gegangen, um mich schon mal ein bisschen zu verabschieden. Das war für mich sehr, sehr emotional. Und damit hatte ich dann die Stärke für den nächsten Tag. Und heute geht es mir besser.

Grund für Ihre Entscheidung sind neue berufliche Herausforderungen. Was hat sich da genau verändert?

Kuckelkorn: Wir haben uns vor zwei Jahren entschieden, unser Bestattungshaus mit in ein Netzwerk einzubringen. Dem gehören mehr als 100 Bestattungshäuser an. Das ist ein bundesweites Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern entstanden und ich kann mich da in führender Position mit 42 Jahren Berufserfahrung gut einbringen. Ich traue mich das gar nicht zu sagen, aber die Firma sitzt in Düsseldorf (lacht).

Aber dann tragen Sie dieses Mehr an Arbeit ja schon länger …

Kuckelkorn: Das stimmt. Ich habe auch erst mal gedacht, dass ich das ganz gut hinkriege. Das war auch anfangs kein Problem. Aber die Aufgaben und die zeitliche Belastung sind zuletzt immer größer geworden, so dass mein Ehrenamt schon in den vergangenen Monaten gelitten hat. Und dann ist da noch die Familie: Wenn ich meine Frau nur noch morgens beim Aufstehen sehe und abends, wenn ich mich wieder zu ihr ins Bett lege, dann ist das nicht das Leben, das ich für die Zukunft haben will. Dafür bin ich jetzt auch zu alt. Und die Familie ist für mich zunehmend wichtiger geworden. Mein Vater ist nicht mehr da, und auch andere Sterbefälle in der Familie zeigen, dass die Zeit immens wertvoll ist.

Was werden die größten Aufgaben sein, die auf Ihren Nachfolger zukommen?

Kuckelkorn: Wir sind über viele Jahre zuletzt im Krisenmodus gefahren. Vieles ist jetzt überwunden. Der Karneval hat Corona schadlos überstanden, hat sogar eine stärkere Wirtschaftskraft als zuvor. Jetzt ist vielleicht die Zeit, wo mein Nachfolger wieder mehr gestalten kann.

Zum Beispiel?

Kuckelkorn: Der Immobilienstandort am Maarweg steht zur Debatte, wir wollen mit dem Museum in die Innenstadt. Was passiert dann mit der Wagenbauhalle und unserer Verwaltung? Das gilt es zu klären.

Lutz Schade zusammen mit Christoph Kuckelkorn.

Lutz Schade (l.) wird als Vizepräsident des Festkomitees ab sofort das Tagesgeschäft vom scheidenden Präsidenten Christoph Kuckelkorn übernehmen.

Sie haben die Modernisierung des Festkomitees, die ihr Vorgänger Markus Ritterbach angestoßen hat, konsequent fortgesetzt. Erwarten Sie dies auch von Ihrem Nachfolger?

Kuckelkorn: Der Karneval hat sich toll entwickelt. Wir haben uns auch politisch positioniert und zum Beispiel vor dem AfD-Parteitag damals gezeigt, in welcher Gesellschaft wir leben wollen und wie wichtig es ist, unsere Demokratie zu verteidigen. Aber wir haben im Sommer schon entschieden, dass wir unsere Festkomitee-Arbeit noch mal in Frage stellen: Veränderungen in der Gesellschaft erfordern Veränderungen im Karneval.

Sie sprechen vom Projekt „Alaaf 2040“?

Kuckelkorn: Genau, wir wollen mit den Gesellschaften ergebnisoffen zahlreiche Fragen diskutieren: Was ist Karneval und was ist die Aufgabe des Festkomitees? Wo geht die Reise hin? Und dieses Projekt habe ich im Sommer schon in die Hände von Lutz Schade gelegt – denn das ist ja eigentlich schon eine Aufgabe von dem Nachfolger.

Herr Schade, werden Sie denn kandidieren?

Lutz Schade: Also, jetzt machen wir erstmal für Chris noch eine super schöne Session, und dann sehen wir weiter.

Ein Dementi klingt anders …

Schade: Ich bin als Vizepräsident nah genug dran, um inzwischen alle Herausforderungen dieses anspruchsvollen und wichtigen Ehrenamts zu kennen. Wir finden bestimmt noch eine Gelegenheit, ausführlich darüber zu sprechen (lacht).

Kuckelkorn: Ich glaube, dass die Vereine auch sehr glücklich sind, wenn es eine Kontinuität hier im Hause gibt, das für den Wirtschaftsfaktor Karneval sehr wichtig ist. Die Leute, die das hier seit Jahren machen, wissen, was sie tun. Und da wäre man gut beraten, das nicht über Bord zu werfen.

Würde das denn passieren, wenn ein externer Kandidat aus einer der Gesellschaften Präsident wird?

Kuckelkorn: Bei uns ist das so, dass sich diese Person mit einem Team zur Wahl stellt. Der Präsident hat dann das alleinige Vorschlagsrecht für die Vorstandspositionen. Das heißt, der Präsident tritt mit einer eigenen Regierung an, was grundsätzlich auch total sinnvoll ist.

Christoph Kuckelkorn mit Torsten Burmester im Rathaus.

Noch eine letzte Session. Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn (r.) verlieh am Elften im Elften dem neuen Kölner Oberbürgermeister Torsten Burmester die Mütze des Festkomitees.

Also könnte es dann auch einen neuen Zugleiter und andere neue Gesichter im Festkomitee geben?

Kuckelkorn: Ja, es würde einen komplett neuen Vorstand, einen neuen Beirat und in der Folge auch einen neuen Aufsichtsrat geben. Genau deshalb – und das habe ich eben ausgeführt – werbe ich für Kontinuität.

Bewerben kann sich jedes Mitglied aus den 140 angeschlossenen Gesellschaften?

Schade: Ja, allerdings kann er oder sie sich nicht einfach am Abend der Versammlung zur Wahl stellen, die wir für den 23. März vorgesehen haben. Erforderlich ist zuvor eine bestimmte Zahl an Unterschriften, um zur Wahl zugelassen zu werden.

Angenommen, Sie hätten die Unterschriften zusammen: Hätten Sie denn auch die Zeit für dieses Ehrenamt, Herr Schade?

Schade: Ich bin Anwalt im Gesellschaftsrecht, da hat man nicht jeden Tag dauernd zeitliche Not. Derzeit habe ich noch mehrere Ehrenämter – im und außerhalb des Karnevals. Und die kämen dann als Festkomitee-Präsident nicht mehr in Frage, wenn ich sehe, was Chris an Zeitaufwand und Engagement in so ein Amt steckt.