Zum 100. GeburtstagDarauf kommt man nie: So soll Beuys am Kölner Dom verewigt werden

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Joseph Beuys, hier am 31. Oktober 1979, brachte den Rasierspiegel an der Tür des Kölner Doms an.

von Ayhan Demirci (ade)

Köln – Der Kölner Dom – ein Meisterwerk der Baukunst, eine der berühmtesten Kirchen der Menschheit. Was hat denn da ein Rasierspiegel am Portal verloren? Typisch, kann man jetzt sagen. Typisch Joseph Beuys! Zu dessen 100. Geburtstag (geb. am 12. Mai 1921 in Krefeld) könnte im Jubiläumsjahr ein skurriles Kölner Beuys-„Kunststück“ ein Comeback feiern.

  • Joseph Beuys brachte 1948 einen Rasierspiegel am Dom an
  • Bei einer Restaurierung ging der Spiegel verloren
  • Im Beuys-Jahr 2021 könnte es ein Comeback geben

Denn: Der Jahrhundertkünstler hatte sich 1948 tatsächlich mit einem, mit SEINEM Rasierspiegel an einem Portal des Kölner Doms verewigt – als damals noch weitgehend unbekannter Schüler des Bildhauers Ewald Mataré (†1965).

Joseph Beuys: Rasierspiegel am Kölner Dom

Mataré hatte den Auftrag, zum 700-Jährigen Domjubiläum 1948 die vier Türen an der Südseite der Kathedrale der Größe des Anlasses entsprechend neu zu gestalten.

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„Ein gewaltiges Projekt“, so Matthias Deml, Sprecher der Kölner Dombauhütte: „Beuys war einer von zwei Schülern, die Mataré dabei tatkräftig unterstützten.“

Beuys brachte den Spiegel 1948 als Schüler an

Eine der Aufgaben von Beuys war es, Material zu beschaffen für die Mosaiken, die die großflächigen Bronzetüren zieren sollten. Gar nicht so einfach im kaputten Nachkriegsdeutschland.

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Die Südfassade des Kölner Doms mit der von Ewald Mataré und seinem Schüler Joseph Beuys gestalteten „Bischofstür“ am 11. April 2017. 

Beuys war aber ein findiger Typ – er besorgte die Mosaiksteine aus dem Schwimmbad einer kriegszerstörten Villa in Meerbusch bei Neuss.

Kölner Dom: Beuys verewigte sich auf den Bronzetüren

Auf einer der vier Türen, der sogenannten Bischofstür, hatte Beuys´ Lehrmeister Mataré über die Darstellung von sieben bedeutenden Heiligen mit Bezug zu Köln das Wappen des Erzbischofs Josef Kardinal Frings gesetzt.

Auf diesem wiederum befand sich das Wappen des Kölner Domkapitels: ein schwarzes Kreuz auf weißem Grund. Und was machte Beuys zur „Krönung“ des Ganzen? Nahm seinen Rasierspiegel, formatierte ihn wohl zu einem kleinen Quadrat und klebte ihn in die Mitte des Wappenkreuzes.

Beuys platzierte Rasierspiegel am Kölner Dom

Dort, so befand Beuys, habe nämlich „Licht gefehlt.“ Es existiert auch ein Schwarz-Weiß-Foto der Tür mit dem Spiegel, der wie ein kleiner leuchtender Punkt erscheint.

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Joseph Beuys, hier am 31. Oktober 1979, brachte den Rasierspiegel an der Tür des Kölner Doms an.

Das Problem an der Sache erklärt Dombauhüttensprecher Deml weiter: „Der Nachkriegszement, mit dem die Mosaiksteinchen zusammengesetzt waren, war von so schlechter Qualität, dass sie in den 60er Jahren erneuert werden mussten. Bei dieser Restaurierung scheint der Spiegel verloren gegangen zu sein.“

Comeback für Beuys-Spiegel am Kölner Dom?

Jetzt aber, im Beuys-Jahr, könnte es ein Comeback des Rasierspiegels geben. Initiator ist der Kölner Galerist und frühe Beuys-Kenner Heinz Holtmann.

Er hat den Dombaumeister Peter Füssenich angeschrieben und um Unterstützung für eine Restaurierung des Spiegels gebeten. Holtmann zum EXPRESS: „Es ist eigentlich eine kleine Sache – und wäre doch eine schöne Geste für den wohl wichtigsten und bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts.“

Die Restaurierung entspräche zudem dem Wunsch des Künstlers. In einem Buch aus dem Jahr 1980 („Mein Kölner Dom“) stieß Holtmann auf ein Interview mit Beuys. In dem antwortet der Künstler auf die Frage, was er davon hielte, wenn der Dombaumeister den alten Zustand wieder herstellen könnte: „Ja, dann soll er´s machen schleunigst!“

Was sagt der amtierende Dombaumeister zum möglichen Beuys-Projekt? Peter Füssenich erklärte gegenüber EXPRESS, dass er Holtmanns Vorschlag grundsätzlich begrüße: „Natürlich kann eine solche Entscheidung nicht alleine von der Hohen Domkirche getroffen werden, sondern müsste zuvor auch mit anderen abgestimmt werden, so vor allem mit den Erben von Joseph Beuys und Ewald Mataré.