CSD-ParadeIst Köln wirklich so tolerant? Chef-Organisator äußert sich sehr kritisch

Teilnehmende bei der CSD-Demo in Köln

Teilnehmende bei der CSD-Demo in Köln (Archivfoto)

Die CSD-Demonstration zieht am Sonntag (6. Juli) durch Köln. Doch wie ist die Stimmung wirklich, angesichts der wachsenden Hasskriminalität?

Ein Riesenlob für Köln! Hape Kerkeling und sein Mann sind Anfang 2024 nach zehn Jahren in Berlin zurück in die Domstadt gezogen.

Der Grund? Die Atmosphäre in der Hauptstadt sei „deutlich homophober geworden“, sagte der Entertainer dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Hasskriminalität: Chef-Organisator vom Cologne Pride äußert sich

Kerkeling schwärmte: „Eine gewisse Toleranz, leben und leben lassen, liegt in den Genen des Rheinländers. Das macht Köln zu einer besonders toleranten Stadt in Deutschland.“

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Doch während die Vorbereitungen für die riesige CSD-Parade am Sonntag laufen, zeigt sich ein anderes Bild. Uwe Weiler, der Chef-Organisator vom Cologne Pride, sieht die Lage kritisch. Er hat gerade die Startreihenfolge an die 240 Gruppen verschickt und erwartet viele Änderungswünsche. Aber das ist sein kleinstes Problem.

Trotz der Partystimmung ist die Realität für viele eine andere. Weiler sagt im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Ich wohne hier seit 25 Jahren, die ersten Jahre in der Schaafenstraße, also mitten in der Szene. Da hat sich schon einiges verändert. Es kommt immer häufiger vor, dass Autos durch die Straße fahren und man beschimpft oder sogar bespuckt wird. Die Hemmschwelle ist gesunken.“ Sein trauriges Fazit: Vor zehn Jahren sei er noch abends Hand in Hand mit seinem Freund über die Ringe gegangen. „Das mache ich nicht mehr.“

Die Zahlen der Kölner Staatsanwaltschaft bestätigen das: Die Hasskriminalität gegen queere Menschen nimmt zu. 2023 gab es 156 Verfahren – ein Anstieg von 17 Prozent gegenüber 2022. „Diese Entwicklung ist besorgniserregend“, so Weiler.

Uwe Weiler, Geschäftsführer von Cologne Pride

Uwe Weiler, Geschäftsführer von Cologne Pride

Beim CSD selbst gab es 2024 einen unschönen Zwischenfall, als Randalierer auf der Ehrenstraße rechtsextreme Parolen grölten und Regenbogenfahnen abrissen. Die Polizei schritt aber sofort ein. Weiler lobt die Zusammenarbeit ausdrücklich: „Die Polizei ist krass auf unserer Seite.“

Queere Polizistinnen und Polizisten fahren sogar in eigenen Wagen bei der Parade mit. „Ich bin froh, dass ich hier in Köln den CSD organisiere“, sagt Weiler.


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Der Zusammenhalt in Köln sei stark. „Köln ist auch irgendwie ein Dorf“, meint Weiler. Man habe starke Partner wie die Aidshilfe und einen guten Draht zur Stadt. Städtische Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind zum siebten Mal dabei.

Jedes Jahr wird heiß diskutiert: Wie schrill, wie politisch, wie kommerziell darf die Parade sein? Weiler stellt klar: „Es darf jeder mitgehen, wie er will – solange er sich ans Gesetz hält. Wir machen da keine Einschränkungen.“

Finanziert wird das Ganze durch Sponsoren wie Rewe, die Rheinenergie und Ford. Weiler betont: „Der Anstoß kommt aus den Belegschaften.“ Auch der 1. FC Köln ist seit 2013 Partner. „Das ist die perfekte Art, um unsere Themen rüber zu bringen.“

Eine Studie von 2019 zeigt, wie wichtig die queere Community für Köln ist: 10,6 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner zwischen 18 und 75 sind lesbisch, schwul, bisexuell, trans, inter oder queer. Das sind mehr als 87.000 Kölnerinnen und Kölner – weit mehr als im Bundesdurchschnitt.

Zum guten Ruf Kölns tragen auch die vielen offen schwulen und lesbischen Promis bei, die hier leben. Und seit Kurzem ist ja auch Hape Kerkeling wieder einer von ihnen. (red)