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Sie schrieben GeschichteFC-Held aus Longerich trauert um seine kölsche Liebe

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Spanienreise: Das Ehepaar Tas bei der Ankunft in Barcelona

von Ayhan Demirci (ade)

  • Auf ihre Weise haben beide, Coskun Tas und Gerda Vogel, Geschichte geschrieben.
  • Gerda war die erste deutsche Spielerfrau eines in Deutschland spielenden Türken.
  • EXPRESS besuchte Tas vor wenigen Tagen in seiner Wohnung an der Longericher Hauptstraße. Kurz zuvor hatte Tas (83) ein bewegendes Foto gepostet.

Köln – Er war der allererste türkische Spieler des 1. FC Köln. Er wurde mit dem FC Westmeister und 1961 deutscher Vizemeister – und sie war seine Liebe: Gerda, geborene Vogel. Das kölsche Mädchen.

Als in Köln noch sage und schreibe 18 Türken lebten

Auf ihre Weise haben beide, Coskun Tas und Gerda Vogel, Geschichte geschrieben. Denn als die beiden 1962 heirateten, war es mutmaßlich die erste deutsch-türkische Hochzeit von Köln. Denn: Nachdem Tas, zuvor Meisterspieler bei Besiktas Istanbul, in die Domstadt zog, lebten mit ihm insgesamt nur 18 (!) Türken in Köln. 

Auf alle Fälle aber war Gerda die erste deutsche Spielerfrau eines in Deutschland spielenden Türken...  

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EXPRESS besuchte Tas vor wenigen Tagen in seiner Wohnung an der Longericher Hauptstraße. Kurz zuvor hatte Tas (83) ein bewegendes Foto gepostet. Ein Bild von einem Waldfriedhof. Hier hat er seine Gerda vor wenigen Tagen beerdigt. Sie war im Alter von 83 Jahren in der Türkei verstorben. Bis heute erreichen ihn Beileidsbekundungen von Freunden und Weggefährten.

Eine Kladde, eine Lebensgeschichte

Dies ist nun die Geschichte einer speziellen Liebe. Und weil Herr Tas eine Kladde mit der Lebensgeschichte von seiner Gerda wie einen Schatz bewahrt und wir darin lesen durften, ist dies auch eine sentimentale, eine deutsch-türkische, aber auch eine sehr kölsche Geschichte.

Dass er Türke war, und sie Deutsche, er ein Muslim, sie katholisch - „das hat weder bei meinen Eltern noch bei ihren Probleme bereitet", sagt Coskun Tas.

Aus der kleinen, zu Gerdas 80. Geburtstag verfassten Lebenschronik, erfahren wir viel liebenswürdiges, bewegendes - und dramatisches.

Gerdas Kindheit im Zweiten Weltkrieg

Gerda, geboren 1935, war ein Kind aus der Südstadt (Im Ferkulum). Die Familie wurde ausgebombt. Zog zum Chlodwigplatz. Wieder Bomben. Vogels zogen in die Altstadt (Auf dem Rothenberg). Wieder Bomben.

Gerda schrieb in die Chronik: „Köln stand in Flammen und wir erlebten aus Tante Josephines Fenster, dass die Kirche St. Martin brannte, das gesamte Glocken-Gestühl stürzte in die Tiefe.“

Zuflucht ins Hänneschen-Theater

Nach ein paar Tagen: der nächste Angriff. Flucht in den Keller - und dann die Zerstörung des Hauses: „Wir kamen nicht mehr aus dem Keller heraus. Mein Vater schlug einen Durchbruch zum Nebenhaus. Sieh an! Wir befanden uns im Hänneschen Theater!" Die Rettung folgte. 

WM 1954: Tas (Türkei) spielt gegen Schäfer (Deutschland)

Kapitulation, Nachkriegsordnung, Wunder von Bern. Als Herbergers Elf 1954 in der Vorrunde zum zweiten Mal auf die Türkei trifft, spielt bei der Mannschaft mit dem Halbmond der Stürmer Coskun Tas mit. Er trifft auf Spieler wie Hans Schäfer. Die Türkei verliert 7:2. Fünf Jahre später werden Weltmeister Schäfer und Tas Mannschaftskollegen beim FC.

Gerda Vogel schreibt über jene 50er Jahre, dass ihr Vater eine Wohnung an der Nassestraße in Klettenberg bekommen habe. 1959 habe ihre Familie ein großes Zimmer vermietet. Im September des Jahres sei ein türkischer Nationalspieler, der beim 1.FC Köln angeheuert hatte, dort eingezogen. Seit dem habe sie ihn sprachlich betreut „und später auch lieben gelernt". Gerda und Coskun - so also wurden sie ein Paar...

Gerda machte eine Lehre beim damaligen „Star-Friseur Herrn Trimmborn in der Hahnenstraße“, wie sie schreibt. Und vier Sätze später: „04.06.1962 heiratete ich Coskun.“ Ein Jahr später bekamen sie ihr erstes Kind.  

Das Finaldrama für Coskun Tas und den 1. FC Köln

Die größte Zeit beim FC erlebte Coskun Tas 1960. In der Endrunde um die deutsche Meisterschaft schoss er die Mannschaft in sechs Spielen mit drei Toren ins Finale gegen den HSV. Doch es schmerzt ihn bis heute, dass er im Endspiel ohne nachvollziehbaren Grund aus dem Kader gestrichen wurde.

Später kam heraus: Der FC, der den Türken Tas (auf deutsch: Stein) ja geholt hatte und Vorreiter war, wollte im Finale wohl doch eine klassische deutsche Mannschaft. „Ich gehe davon aus.“ sagt Tas. Eine andere Erklärung hat er nicht.  „Sie haben sogar einen Spieler eingesetzt, der zehn Tage vorher am Blinddarm operiert worden war." Jener Georg Stollenwerk, dem in der letzten halben Stunde die Puste ausgegangen war, sagte später zu ihm: „Coskun, es war ein Fehler, dass ich gespielt habe und du nicht."

Der FC verlor das Finale mit 2:3. Uwe Seeler machte vier Minuten vor Schluss das Siegtor. 

Tas arbeitete später bis zur seiner Pensionierung u,a. als Programmentwickler bei Ford. Er hatte außerdem an der Sporthochschule den Trainerschein gemacht, Victoria Köln und den TuS Lindlar trainiert. Er blieb ein Kölner.

Seit 1991 wohnten Coskun Tas und seine Gerda in Longerich. „Bis zum heutigen Tag leben wir mit einer wunderbaren Hausgemeinschaft dort.“, schrieb sie in ihre Chronik.

Und: „Wir leben sieben Monate in Köln und fünf Monate in Kusadasi/Türkei, wo wir ein Ferienhaus haben. Ich spreche auch ein wenig Türkisch und habe in unserer Siedlung sehr viele liebe Freunde gewonnen. Der liebe Gott möge mir noch mehr gesunde, glückliche Jahre bescheren. Vor allen Dingen mit meiner Familie und meinen Freunden.“