KommentarNagelsmann wirkt nach Bayern-Aus gereift – Bundestrainer lässt Worten Taten folgen

Bundestrainer Julian Nagelsmann nach seiner PK.

Julian Nagelsmann gönnte sich nach seiner Vorstellung am Freitag (22. September 2023) im DFB-Campus erst einmal ein Getränk.

Mit Julian Nagelsmann ist nun der Bundestrainer gefunden, der dafür sorgen soll, dass die Heim-EM 2024 kein Fiasko wird. Bei seiner Vorstellung gab er ein gutes Bild ab. Ein Kommentar zur Lage.

von Marcel Schwamborn (msw)

Er lächelte fast ununterbrochen, streute auch – wie man es von ihm kennt – den einen oder anderen flapsigen Spruch ein. Julian Nagelsmann (36) wirkte bei seiner Vorstellung in den heiligen DFB-Hallen am Freitag (22. September 2023) schon ein wenig stolz.

Gleichzeitig wählte der neue Bundestrainer seine Worte mit Bedacht. „Ich gehe die Aufgabe mit viel Verantwortung an“, sagte er. Der frühere Bayern-Coach weiß, dass die Herausforderungen groß sind. Bis zur EM-Nominierung bleiben ihm nur sechs Länderspiele. Gleich zum Auftakt wartet die umstrittene und komplizierte USA-Reise.

Julian Nagelsmann kam DFB bei Finanzfragen extrem entgegen

Nagelsmann ist ein detailverliebter Trainer, der gerne intensiv mit seiner Mannschaft arbeitet. Diese Zeit bleibt ihm bei den kurzen Abstellphasen als Nationaltrainer nicht. Gleichwohl kann es nach den drei Turnier-Flops seiner Vorgänger Löw und Flick auch nicht mehr viel schlechter werden.

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Dadurch, dass er die komplizierte finanzielle Lage mit seinem eigentlich noch bis 2026 laufenden Vertrag in München so schnell gelöst hat, sammelt der 36-Jährige Sympathiepunkte. „Ich will dafür keine Lorbeeren, ich bin mir völlig bewusst, dass mein Job ein Privileg ist und ich genügend Geld verdiene“, sagte er zwar bescheiden. Doch in diesem Fall ließ er Worten auch Taten folgen.

Dass der zwölfte Bundestrainer der DFB-Geschichte erst mal nur einen Vertrag bis zur EM besitzt, kann schnell für die nächsten Diskussionen sorgen. Was ein langfristiges Arbeitspapier jedoch wert ist, merkte er zuletzt schmerzhaft beim Rekordmeister. Der Fokus liegt zunächst nur auf dem Heim-Turnier.

Was danach im deutschen Fußball passiert, steht jetzt noch in den Sternen. Rudi Völler wird als Sportdirektor wieder ausscheiden, Präsident Bernd Neuendorf könnte eine erneute Blamage auch nur schwer überstehen. So gesehen gilt die Konzentration nur einem Ziel.

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Die halbjährige Auszeit seit seinem Rauswurf scheint Nagelsmann genutzt zu haben, um sich zu reflektieren. Er weiß, dass er nun die volle Unterstützung des Teams braucht. Mit seinem Kapitän Ilkay Gündogan sprach er bereits, bevor er beim DFB unterschrieben hat.

Julian Nagelsmann: Bayern-Bilanz unter Tuchel hat ihn rehabilitiert

Als es in München nicht lief, attackierte er die Schiedsrichter („weichgespültes Pack“) und fuhr lieber mit seiner Partnerin (einer ehemaligen Bild-Reporterin) in den Urlaub, statt am Vereinsgelände zu bleiben. Gleichwohl zeigte der Trainerwechsel bei den Bayern hin zu Thomas Tuchel bisher keinerlei Verbesserung. Der im März so überraschend Gefeuerte, darf sich daher nachträglich wieder etwas rehabilitiert fühlen.

Angesichts der komplizierten Ausgangslage nach vielen verschenkten Monate mit Hansi Flick ist das Vertrauen in Nagelsmann gerechtfertigt. Ein Sympathieträger, hinter dem sich ganz Fußball-Deutschland auf Anhieb vereint, war nicht verfügbar. So bleibt die Hoffnung, dass der Lichtblick beim Sieg gegen Frankreich fortgesetzt wird. Letztlich träumen insgeheim nämlich auch die größten Skeptiker von einem Turnier-Erlebnis im Sommer 2024 vor unserer Haustür.