„Alte, weiße Männer“Viel Kritik am neuen Beratergremium für den deutschen Fußball

Bernd Neuendorf, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), kommt im DFB-Campus zur Pressekonferenz.

DFB-Präsident Bernd Neuendorf trinkt nach seiner Pressekonferenz am Dienstag (13. Dezember 2022) erst einmal einen Schluck.

DFB-Präsident Bernd Neuendorf hat die Besetzung des neuen Expertengremiums beim Deutschen Fußball-Bund ohne Frauenanteil verteidigt.

von Marcel Schwamborn (msw)

WM-Aus nach der Vorrunde 2018, Achtelfinal-Aus bei der EM 2021, wieder Endstation nach der Vorrunde der WM 2022. Die deutsche Nationalmannschaft entpuppte sich bei den jüngsten Turnieren nur noch als Fußballzwerg.

Damit nicht auch das Prestige-Turnier Europameisterschaft 2024 in Deutschland zum erneuten Flop wird, soll nun die geballte Kompetenz her. DFB-Präsident Bernd Neuendorf (61) und sein Vize Hans Joachim Watzke (63) haben dazu einen sportlichen Beraterkreis mit Karl-Heinz Rummenigge (67), Rudi Völler (62), Oliver Kahn (53), Matthias Sammer (55) und Oliver Mintzlaff (47) gegründet.

DFB-Präsident Bernd Neuendorf erntet im Netz Spott und Kritik

Der Verbands-Chef ist stolz auf seine Leistung in den vergangenen elf Tagen nach dem Katar-Abflug. Die Begeisterung teilen aber längst nicht alle Fußball-Fans. „Alte, weiße Männer“, wurde das Gremium in den sozialen Netzwerken schnell umschrieben. Bei einem Durchschnittsalter von 58 Jahren lässt sich der Vorwurf auch nicht wegdiskutieren.

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„Mir fehlt Erich Ribbeck, der Mann hat internationale Turniererfahrung“, spottete ein Twitter-User. „Selbst nach stundenlangem, intensivem Nachdenken ist mir keine Personalie eingefallen, welche die DFB-Taskforce noch entscheidend schlechter und rückwärtsgewandter hätte machen können“, merkt ein anderer an.

Mit Horst Heldt (53) meldete sich auch schon der ehemalige Geschäftsführer des 1. FC Köln kritisch zu Wort. Oliver Kahn könne kein geeigneter Teil des Gremiums sein, da er als CEO des FC Bayern München tätig ist, sagte er bei Sky. „Das beißt sich aus meiner Sicht.“ Kahn müsse sich natürlich mit seiner Expertise einbringen, „aber in dem Zusammenhang ist er einfach deplatziert“.

EXPRESS.de konfrontierte Neuendorf mit der Kritik an seiner Personalauswahl. „Mir war klar, dass man Reaktionen auf die Zusammensetzung bekommt. Ich habe auch andere Reaktionen aus berufenem Mund gehört. Lothar Matthäus hat gesagt: ‚Mehr geht im deutschen Fußball nicht.‘ Mit der Kritik muss man leben. Das ist ein Kreis von hoch akzeptierten Leuten.“

Neuendorf weiter: „Ich glaube nicht, dass die Beteiligten in erste Linie die Interessen des eigenen Vereins im Kopf haben werden. Es geht allen zutiefst ehrlich darum, wie wir in die Spur kommen und eine erfolgreiche Mannschaft aufbauen, mittel- und langfristig. Da sollte man keine Partikularinteressen reininterpretieren. Sie haben alle ein hohes Verantwortungsbewusstsein“.

Auch dem Vorwurf, keine Frau in das Gremium aufgenommen zu haben, trat er entgegen. „Wir haben uns für diese Namen entschieden. Interessant ist das Ergebnis. Es geht hier um die künftige Entwicklung der Männer-Nationalmannschaft, und alle diese Personen, die wir benannt haben, haben eine Verbindung zur Nationalmannschaft. Viele waren Spieler, sie kennen den Verband, die Nationalmannschaft der Männer. Das ist schon sehr wichtig, dass so ein ‚Know-how‘ hier vertreten ist“.

Horst Heldt kritisiert Auswahl von Oliver Kahn für das Gremium

Das Gremium soll über die Zukunft der DFB-Auswahl und die künftige Besetzung des Postens des ehemaligen Geschäftsführers Oliver Bierhoff (54) beraten. Der DFB könne deshalb „keinen Riesenkreis machen, das ist glaube ich zu viel“, fügte der Präsident an. „Wir mussten es begrenzen und eingrenzen. Ich glaube, die Personen, um die es hier geht, sind über alle Zweifel erhaben. Wir haben überlegt, wer den größten Sachverstand mitbringt.“

Neuendorf spürte aber schnell, dass seine Entscheidungen nicht nur auf Wohlwollen stießen. „Wir sollten nicht direkt wieder anfangen …“, begann er einen Satz, ohne ihn zu vervollständigen. Dass der Geschäftsführer der Red Bull GmbH beispielsweise die DFB-Zukunft gestalten soll, sorgte für Kritik. „So wird die Entfremdung von der Nationalmannschaft nur noch größer“, lautete ein Vorwurf bei Twitter.