Die Nerven liegen blank bei Union Berlin. Der Klub hatte nicht damit gerechnet, dass man derart ins Straucheln gerät. Kölns-Trainer Timo Schultz hat die Psychospielchen eröffnet.
„Es gewinnt immer der Jäger“Fernduell mit Kumpel Grote: FC-Coach Schultz eröffnet die Psychospiele
Im Presseraum des 1. FC Köln spielten sich am Samstag, 11. Mai 2024, dramatische Szenen ab. Eine Mitarbeiterin der Union-Delegation warf alles, was sie in den Händen hielt, von sich und fluchte. Der FSV Mainz 05 hatte gerade das 1:0 gegen Borussia Dortmund erzielt. Nach der 2:3-Niederlage in Köln wurden die Gesichter der Berliner schon blass.
Und nach dem klaren 3:0-Sieg der Mainzer war wenig später klar, dass die Köpenicker nochmal voll in den Abstiegsstrudel gerissen worden sind. Absturz auf Platz 16! Sollte Köln am letzten Spieltag in Heidenheim gewinnen und eine Tordifferenz von drei Treffern aufholen, droht Union bei einer eigenen Niederlage gegen den SC Freiburg sogar der direkte Abstieg an der Alten Försterei.
Bei Union Berlin liegen die Nerven blank
Damit hatte vor der Saison wirklich kaum einer gerechnet: Union hatte sich unter Trainer Urs Fischer (58) für die Champions League qualifiziert. Für knapp 40 Millionen Euro wurden neue Spieler verpflichtet, unter anderem Stars wie Leonardo Bonucci (37, mittlerweile bei Fenerbahce) Kevin Volland (31), Robin Gosens (29) oder David Datro Fofana (21/inzwischen beim FC Bunrley).
Ein Team fand sich nie – nach gut fünf Jahren musste Fischer im November gehen. Für ein paar Tage übernahm U19-Trainer Marco Grote (51), dann kam Nenad Bjelica (52, vor dem Köln-Spiel entlassen). Jetzt soll es im Saisonfinale erneut Grote probieren.
Der stammelte nach der Pleite beim 1. FC Köln in die Mikrofone: „Wir lagen 2:0 in Führung. Das müssen wir nicht komplett aus der Hand geben. Das haben wir aber Stück für Stück getan. Da müssen wir uns an die eigene Nase fassen. Fühlt sich nicht besonders toll an, vor allem, weil wir hier das 2:2 mitnehmen müssen.“
Grote weiter: „Das ändert aber auch nicht so wahnsinnig viel an unserer Situation, die jetzt etwas unbequemer und schwieriger ist. Die wir aber trotzdem ganz sicher angehen, um unser Ziel zu erreichen.“
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Ganz sicher werden die Unioner die Aufgabe bestimmt nicht angehen, es herrscht eher große Unsicherheit. Aus den letzten sieben Spielen gab es bei fünf Niederlagen und zwei Unentschieden nur zwei Pünktchen, Köln hat im gleichen Zeitraum neun Punkte geholt (zwei Siege, drei Unentschieden, zwei Niederlagen).
1. FC Köln nimmt Fernduell mit Union Berlin voll an
FC-Trainer Schultz eröffnete denn auch die Psychospielchen vor dem Fernduell am letzten Spieltag: „Meine Mannschaft glaubt zu einhundert Prozent an sich, das ist ein richtig gutes Gefühl für einen Trainer.“
Der FC präsentiert sich im Abstiegskampf wie eine Katze mit sieben Leben, hat jetzt Union mit dem Sieg voll reingezogen. Schultz sieht einen klaren Vorteil: „Wir sind jetzt schon über Wochen in der Rolle des Jägers. Ein ehemaliger Manager hat einmal gesagt: ,Am Ende gewinnt immer der Jäger!‘ Da hätte ich nichts gegen, wenn das auch diesmal wieder der Fall wäre.“
Schultz gegen Grote, die beiden kennen sich seit den 1990er-Jahren aus der Werder-Nachwuchsabteilung. Sie spielten auch schon oft gegeneinander, unter anderem in der Regionalliga-Saison 2003/04 – Schultz bei Holstein Kiel und Grote für den Hamburger SV II. Schultz sagte einst schmunzelnd über Grote: „Er war ein ähnlicher Holzfuß wie ich. Wir haben viele Schlachten gehabt, auch auf dem Fußballplatz.“ Jetzt steht die nächste an.
Die Kölner haben nichts mehr zu verlieren, deshalb freuen sie sich aufs heiße Saisonfinale am Samstag in Heidenheim.
„Wir haben auf jeden Fall noch ein Endspiel. Das haben wir uns erarbeitet in den letzten Wochen. Jeder Punkt, den wir uns geholt haben, ob gegen Freiburg oder anderswo auswärts, der sich da noch nicht so gut angefühlt hat, weil man mehr wollte, der ist nun doch in der Endabrechnung vielleicht der entscheidende Punkt“, so Schultz. Und weiter: „Wir werden uns gut vorbereiten auf Heidenheim und schauen, was dabei rumkommt.“
Union-Trainer Grote meinte sichtlich angeschlagen: „Die ganzen Rechnungen sind relativ, ich werde nicht aufhören. Ich bin sicher, dass wir die Tage bis dahin gut nutzen werden. Ich glaube nach wie vor an die Qualität in der Mannschaft. Sie war aber in Köln leider in der Stabilität über die vollen 96 Minuten nicht da. Das ist sicherlich wahr.“
Von besonderen Maßnahmen hält er nicht viel, auch wenn noch nicht alles in der Vorbereitung detailliert durchgeplant war: „Es geht darum, sich wieder aufzurichten. Dann gehen wir es an gegen Freiburg. Zweifel habe ich nicht.“