„Wir haben halt ein Problem“FC-Präsident Wolf über Abstiegskampf, Investoren und Saudi-WM

Dr. Werner Wolf, Präsident des 1. FC Köln.

FC-Präsident Dr. Werner Wolf am 10. Dezember 2023 beim Heimspiel im Rhein-Energie-Stadion gegen Mainz. 

Am Montag gab es ein knappes, aber demokratisches Ergebnis: die 36 Klubs der 1. und 2. Bundesliga haben sich dafür ausgesprochen, dass ein Investor einsteigen kann. Der 1. FC Köln hat dagegen gestimmt.

von Uwe Bödeker (ubo)

Am Abend machte FC-Präsident Dr. Werner Wolf keinen Hehl daraus, dass er enttäuscht ist. Schon im Vorfeld der Abstimmung auf der Mitgliederversammlung hat der 1. FC Köln seine Position deutlich gemacht: Bevor ein Investor Anteile erhalten könnte, sollten Alternativen geprüft werden.

Am Montag (11. Dezember 2023) stimmten dann die 36 Profi-Klub der Bundesliga ab. Mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit wurde der Weg geebnet für die Zusammenarbeit mit einem Private-Equity-Unternehmen.

1. FC Köln stimmt gegen Investor-Einstieg

Offiziell gab es vom Vorstand und der Geschäftsführung des FC noch am Montag eine Reaktion: „Wir haben das Private-Equity-Modell bei der heutigen Abstimmung erneut abgelehnt. Mit der knappst möglichen Mehrheit von exakt 24 Klub-Stimmen wurde das Modell jedoch bejaht. Der 1. FC Köln akzeptiert und respektiert dieses demokratisch getroffene Votum der DFL-Mitgliederversammlung und wird dieses vollauf mittragen. Damit einhergehend wird sich der 1. FC Köln im Rahmen seiner Möglichkeiten auch weiterhin aktiv und konstruktiv für eine positive Zukunftsgestaltung des deutschen Profifußballs einbringen.“

Alles zum Thema Werner Wolf

Am Montagabend war FC-Präsident Werner Wolf bei einer Podiumsdiskussion zum Thema „Menschenrechte im Sport“ im Rautenstrauch-Joest-Museum in Köln. Im Vorfeld der Veranstaltung sprach er gegenüber EXPRESS.de auch über die sportliche Lage nach dem 0:0 gegen Mainz: „Wir haben eigentlich gedacht, wir rutschen da nicht mehr rein. Jetzt sind wir mittendrin im Abstiegskampf. Es wird ein Rennen bis zum Schluss.“

Dann sprach er auf dem Podium über die Haltung des FC, Menschenrechte, eine WM in Saudi-Arabien und Investoren.

Thema Kommerz im Fußball und Entfremdung von Fans: Wolf blickt mit Sorge auf die Entwicklung, dass Länder wie Katar oder Saudi-Arabien den Fußball mit ihrem Geld fluten: „Klar machen wir uns Sorgen. Wir kommen ja in Deutschland aus einer ganz anderen Tradition. Das ist Volkssport, der in Vereinen organisiert wird. Die Vereine sind anders als in England keine Unternehmen. Das ist die Basis und davon ernähren wir uns am Ende des Tages, weil die Sponsoren zu uns kommen, um die Aufmerksamkeit dieser Menschen haben wollen. Wenn man das übertreibt – in der Eifel, wo ich groß geworden bin, da sagt man: ‚Nach zu kommt ab.‘ Also, wenn du die Schraube zu fest zudrehst, dann fällt sie dir ab. Das sehe ich im Moment.“

Wolf glaubt, dass man mehr gegen diesen Trend unternehmen müsste: „Wir haben halt ein Problem. Aus Deutschland heraus, wir sind eine Fußball-Macht, wird viel zu wenig getan, um auf diese Missstände hinzudeuten und unser Votum deutlich zu machen. Das würde ich erwarten. Mit DFB-Präsident Bernd Neuendorf darüber zu reden ist kein Problem, weil der ähnlich denkt. Aber viele sind vollkommen desinteressiert daran.“

Diskussion über Menschenrechte im Sport mit FC-Boss Werner Wolf.

FC-Präsident Werner Wolf diskutierte am Montag, 11. Dezember 2023 mit FC-Spielerin Manjou Wilde, Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International (r.) und Moderator Uli Kreikebaum (l.) im Rautenstrauch-Joest-Museum über Menschenrechte im Sport.

Thema Geld im Fußball aus Katar oder Saudi-Arabien: Wolf erklärte: „Nehmen wir mal Katar. In der aktuellen Auseinandersetzung zwischen Israel und der Hamas wird klar, wo die Anführer sitzen. Wenn ich es richtig verstanden habe, sitzen die politischen und militärischen Anführer der Hamas wie auch der Hisbollah in Katar. Mal abgesehen davon, dass sich Katar ein bisschen einsetzt, damit Geiseln frei gelassen werden – sie unterstützen diese Systematik. Und die Systematik hat letztendlich zum Ziel, Israel zu zerstören. Und das unterstützen wir damit, indem wir ihnen eine Weltmeisterschaft geben. Das ist vielen Menschen überhaupt nicht klar. Wir müssen das klarmachen. Das, was Saudi-Arabien versucht, ist genau das, was wir beklagen: Sich rein zu waschen. Wir müssen diese Sachen auf den Tisch bringen und sie deutlich machen.

Thema Kraft der Fans: „Wir müssen auch die Kraft unserer Fans nehmen. Die werden vom Fußball-Management, auch jetzt in den jüngsten Ereignissen, viel zu häufig ignoriert. Man tut so: ‚Fußball ist unser Geschäft. Warum redet ihr mit den Fans?‘ Das müssen wir ändern. Das ist mühsam, aber es lohnt sich.“

Investoren-Einstieg der DFL besiegelt

Welcher Verein stimmte dafür? Welcher dagegen?

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Thema geplante WM in Saudi-Arabien 2034: Wolf meint: „Ob wir es verhindern können oder boykottieren können: Fragezeichen. Da halte ich doch die Sucht und die Gier, etwas zu gewinnen, für zu groß. Da kommen wir nicht gegen an. Auch in Deutschland gibt es viele, die sagen, dass alles halb so schlimm ist, wir wollen Fußball sehen oder unsere Mannschaft siegen sehen. Gegen die Flut anzuschwimmen, war schon immer schwierig. Aber sich zu äußern und auf Missstände hinzudeuten, das sollten wir tun. Viele kleine Schritte verändern die Dinge. Wir müssen die Saudis so zwingen, etwas zu verändern, wenn sie ein vernünftiger Gastgeber sein wollen. Das wird nicht über Nacht passieren, aber damit müssen wir beginnen. Und zwar heute. Das erwarte ich auch von den Gremien, die unseren Fußball weltweit vertreten.“

Einstieg von Investoren bei Bundesligisten: „Wir haben nach wie vor das Grundprinzip 50+1. Dazu steht auch die DFL. Unser Verein gehört zu einhundert Prozent den 135.000 Mitgliedern. Der aktuelle Vorstand hat die Vorstellung, dass es so bleiben soll. Wir haben also die Vorstellung, dass wir keinen Investor von außen brauchen. Wir können es besser aus eigener Kraft schaffen“, untermauert Wolf, „bestes Beispiel: Hertha BSC. Die haben in den letzten Jahren über den Investor 376 Millionen Euro bekommen. Die sind weg. Das war nicht der Investor, der die ausgegeben hat, sondern das war Hertha. Das Geld ist weg und sie spielen 2. Liga.“

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Wolf blickte dann nach England, wo Klubs schon seit Jahrzehnten Unternehmen sind: „Dann ist der Fußball entdeckt worden, vor allem über die Mediengelder. Man konnte plötzlich damit Geld verdienen. Jetzt gibt es Investoren, die ein Unternehmen kaufen, es besser machen und wieder verkaufen. Und du hast Katar, Saudi-Arabien und fünf andere, die andere Ziele verfolgen. Die haben eine sehr tiefe Tasche. Die kaufen sich so einen Verein oder ein Fußball-Unternehmen, um dann auf der großen Bühne mitzugaloppieren. Und sie sagen dann: Wir sind ja gar nicht so schlimm.“

Wolf stellt klar: „Es gibt Länder, die fanden das Okay, die haben das nicht verhindert. In Deutschland wird das so schnell nicht passieren. Weil wir ein ganz anderes Fundament haben. Der DFB ist der größte Verein er Welt. Ich hoffe, dass dieses Bollwerk noch lange hält in der Qualität.“