1. FC Köln kämpft gegen FinanzkollapsWehrles 20-Millionen-Euro-Kniff mit den Catering-Rechten

Alexander Wehrle und Werner Wolf als Trainingsgäste beim 1. FC Köln.

FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle und Präsident Werner Wolf, hier im Trainingslager in Donaueschingen am 22. Juli 2021, kämpfen mit allen Mitteln gegen die Finanzmisere.

Der 1. FC Köln muss mit allen Mitteln gegen die finanzielle Misere kämpfen. Der Umsatzverlust durch Corona und Personalkosten treiben die Bilanz tief ins Minus. EXPRESS.de enthüllt, wie der Klub eine bilanzielle Überschuldung abwendete.

Köln. Der 1. FC Köln im Kampf ums wirtschaftliche Überleben. Wer einen Blick auf die Geschäftszahlen der Saison 2019/20 wirft, dem wird schnell klar, wie sehr der Bundesligist durch die Umsatzeinbußen während der Corona-Pandemie in die Bredouille geraten ist.

Die viel zu teure Kader-Struktur, die vor allem den beiden letzten Sportchefs Armin Veh (60) und Horst Heldt (51) anzulasten sind, tun in Zeiten der Krise doppelt weh, die (Fehl-) Investitionen in den Kader im vergangenen Transfersommer genauso.

Nach einem Jahresfehlbetrag von knapp 25 Millionen Euro schrumpfte das Eigenkapital auf gut 14,8 Millionen Euro – und schon da war klar, dass besondere Maßnahmen her müssen, damit das von Geschäftsführer Alexander Wehrle auf der virtuellen Mitgliederversammlung formulierte große Ziel, auch zum Jahresabschluss am 30. Juni 2021 möglichst noch ein positives Eigenkapital vorzuweisen, erreicht werden kann.

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1. FC Köln: Unterdeckung von 41 Millionen Euro musste ausgeglichen werden

Denn: Erst 2020/21 schlug Corona voll durch, die Saison ausschließlich mit Geisterspielen war im veröffentlichten Geschäftsbericht noch nicht eingeplant.

Da ging der Klub von nur vier Geisterspielen aus – und schon damit reichte es nur zu tiefroten Zahlen. So heißt es in diesem Teil des Geschäftsberichts: „Der 1. FC Köln geht aufgrund der vorgenannten Planung zum 30. Juni 2021 von einer finanziellen operativen Unterdeckung im Konzern- sowie im Einzelabschluss von 41 Millionen Euro aus.“

Der Aufsichtsrat schreibt in seiner Stellungnahme dazu: „In Summe ergeben sich durch die vorgenannte Erlös- und Aufwandsituation aus den Planzahlen für das Geschäftsjahr 2020/2021 sowohl ein deutlicher Jahres- als auch Konzernjahresfehlbetrag, welche (…) auf Konzernebene zum 30. Juni 2021 bereits zu einer bilanziellen Überschuldung führt (…) Trotz der angespannten wirtschaftlichen Situation ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch von keiner Bestandsgefährdung der Gesellschaft auszugehen.“

Geisterspiele trieben 1. FC Köln in tiefrote Zahlen

Es kam noch schlimmer als veranschlagt. Allein die Geisterspiele wurden mit einem zusätzlichen Minus von 7,5 Millionen Euro gerechnet, auf der anderen Seite halfen Gehaltsverzichte und die Pachtreduzierung der Stadt Köln dem FC auf der Ausgabenseite. Trotzdem mussten Vorstand und Geschäftsführung gegensteuern. Aus Liquiditätssicht mit unterschiedlichen Krediten, darunter einem 20-Millionen-Euro-Darlehen der Sparkasse KölnBonn, ausgetattet mit einer Bürgschaft des Landes NRW.

Doch beim Eigenkapital brauchte es andere Lösungen. Statt einem Investor sollte sogenanntes Mezzanin-Kapital helfen. Das sind nachrangige Kredite, verzinst mit rund sechs Prozent, die bilanziell als Eigenkapital zählen. Ein zweistelliger Millionen-Betrag soll eingesammelt sein. Doch auch das war noch nicht genug.

So kam der 1. FC Köln in der Bilanz mit einem blauen Auge davon

Der FC schaffte es nach EXPRESS.de-Informationen trotzdem, auch bilanziell mit einem dunkelblauen Auge davonzukommen. Wie das gelang? EXPRESS.de enthüllt den 20-Millionen-Euro-Kniff der FC-Finanzexperten!

Als sichere Einnahmequelle gelten die Cateringrechte des FC, die pro Jahr – ob in erster oder zweiter Liga – rund 1,5 Millionen Euro einbringen. Diese Rechte trat die KGaA nun an die eigene Tochter 1. FC Köln Marketing GmbH ab, für die nächsten 13 Jahre. Als Gegenwert wurden rund 20 Millionen Euro veranschlagt, die nun als Aktiva in die Bilanz eingebracht wurden.

Schon einmal in der FC-Historie war der Klub zu einem ähnlichen Schritt gezwungen. 2010 wusste Ex-Finanzchef Claus Horstmann (56) nicht mehr, wie er den sündhaft teuren Kader mit Lukas Podolski (36), Petit (44) und Co. finanzieren sollte. Er verkaufte die Rechte an die eigene Tochter Catering GmbH, die nahm dafür einen Kredit auf, den der FC dann in den Kader investierte.

Catering-Einnahmen müssen 13 Jahre abgeschrieben werden

Diesmal floss kein Geld, es wurde kein neuer Kredit aufgenommen, der Deal findet nur auf dem Papier statt, Gewinne der nächsten Jahre werden nun als Einnahme verbucht. Die Wirtschaftsprüfer stimmten der Maßnahme zu, die das Eigenkapital in vollem Umfang stärkt.

Der Nachteil: Die jetzt als Gewinn verbuchten Einnahmen werden in den nächsten Jahren als Aufwand und damit als Minus in der Bilanz stehen. Neben den hohen Zinsen für all die Kredite noch ein Corona-Stein, der dem Klub bis weit in die Zukunft am Bein hängt.

Alexander Wehrle gibt im Herbst Einblick in die wirtschaftliche Situation des 1. FC Köln

Der 20-Millionen-Euro-Kniff mit den Catering-Rechten ist nur eine Maßnahme in der tiefen wirtschaftlichen Krise des 1. FC Köln. Aber eine, die hilft, damit der FC sich eine positive Zukunft erarbeiten kann.

„Ein positives Eigenkapital ist wichtig, auch für das Vertrauen der wirtschaftlichen Partner“, sagt Alexander Wehrle (46), der den Mitgliedern auf ihrer Versammlung im Herbst einen neuen Einblick in die finanzielle Situation geben wird. Für die Zukunft ist zu hoffen, dass der FC aber ohne solche Maßnahmen wieder für positive Jahresabschlüsse sorgen kann.