Über dieses Derby wird noch lange gesprochen – und dabei geht es nicht nur um das sportliche Geschehen. Der Fan-Boykott sorgt für Ärger und Diskussionen.
Ärger in LeverkusenPolizei mit Details: FC-Fan zog Hose selbst aus
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Plötzlich hieß es: Abmarsch! Das hat es bei einem rheinischen Knaller zwischen Bayer Leverkusen und dem 1. FC Köln noch nie gegeben! Vor dem Spiel zogen knapp 600 Kölner Ultras ab, verließen frustriert, wütend und entsetzt die BayArena.
Keine Trommeln, keine Fahnen, keine Banner – aus dem Kölner Block schwappte am Samstagabend (13. Dezember 2025) beim 0:2 des FC null Stimmung auf den Rasen. Wenig später packten auch große Teile der Leverkusen-Ultras ihre Sachen und verließen das Stadion. So wurde es ein historisches Trostlos-Derby!
Hans Sarpei sieht nach Derby großen Imageschaden
Was war genau passiert? In der Kölner Fanszene verbreiteten sich schnell Gerüchte über Nacktkontrollen beim Einlass. Das veranlasste die Fan-Anführer dazu, den kompletten Rückzug anzuordnen. Die Polizei widersprach dem vehement. „Es gab keine Nacktkontrollen“, sagte ein Polizeisprecher gegenüber EXPRESS.de.
Die Darstellung der Beamten: Zwei Fans der Kölner Szene, die schon polizeibekannt waren, wurden vor dem Einlass aus der Menge gezogen und mit auf eine kleine Wache im Stadionumfeld genommen. Dort kam es zu intensiven Durchsuchungen. Nackt ausziehen musste sich aber niemand, so die Darstellung der Polizei. Am Sonntag nannte die Polizei Details. Demnach habe ein Mann, der überprüft wurde, seine Hose selbstständig ausgezogen.
Bei der Durchsuchung nach Ausweispapieren im Bereich der Hosentasche seien verdächtige Gegenstände ertastet worden. Nach Aufforderung, diese hervorzuholen, habe der Mann seine Hose selbst ausgezogen und den Beamten einen Zahnschutz sowie zwei Bandagen übergeben, die er in seiner Unterhose mitgeführt habe. Diese Gegenstände sind bei Stadionbesuchen oder auch Demonstrationen verboten und strafbar.
Auch eine weitere Person sei vom Ordnungsdienst wegen eines Zutrittsversuchs ohne Ticket an die Polizei übergeben worden. Die Person sei oberflächlich durchsucht worden, wobei eine Sturmhaube gefunden worden sei. Gegen beide Personen wurden Anzeigen wegen Erschleichens von Leistungen eingeleitet.
Die Fanhilfe reagierte am Sonntag und schrieb in einer Stellungnahme: „Wenn eine Person im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle aufgefordert wird, sämtliche Kleidungsstücke abzulegen und nur in Unterwäsche zu verbleiben, und wenn anschließend ein Blick in den Intimbereich erfolgt, dann handelt es sich – unabhängig von der behördlichen Bezeichnung – nach allgemeinem Verständnis um eine Nacktkontrolle.“
Für viele Fans waren Intensivkontrollen völlig unangemessen. Die Polizei bestätigte gegenüber EXPRESS.de, dass einige Fans mit den Maßnahmen nicht einverstanden waren. Auch der 1. FC Köln teilte mit: „Unser Sachstand ist, dass Kontrollen dieses Mal sehr intensiv und aus Sicht der Fans nicht angemessen waren.“ Man sei mit den Behörden in Kontakt, um weitere Aufklärung zu betreiben.
Fakt ist, dass nach den Maßnahmen der Polizei zwei Ultra-Gruppierungen das Stadion verließen. Und alleine die Tatsache sorgt für reichlich Frust. Ex-Profi Hans Sarpei (Fortuna Köln, Bayer Leverkusen und Schalke) sagt via Instagram: „Das geht gar nicht! Es gibt Berichte von entwürdigenden Durchsuchungen, ob alles so stattgefunden hat, ist nicht bestätigt. Eins ist klar, wenn Fans sich so behandelt fühlen, dann ist etwas komplett schiefgelaufen. Der Imageschaden ist jetzt schon da. Der Fußball lebt von Fans, von der Stimmung, von den Auswärtsblöcken. Wenn Kontrollen dazu führen, dass Fans lieber umdrehen, als reinzugehen. Dann haben wir ein Problem, ein riesiges.“
Kölns Sportdirektor Thomas Kessler (39) sagte auf Nachfrage von EXPRESS.de nach dem Spiel zur fehlenden Stimmung auf den Rängen: „Insgesamt hat das so ein Stück weit auch zum Spiel der ersten Halbzeit gepasst. Ich fand, das war auf dem Platz nicht wahnsinnig emotional, das war auf den Rängen nicht wahnsinnig emotional. Und das ist in erster Linie einfach schade. Ich finde, dass das Spiel zwischen dem 1. FC Köln und Bayer Leverkusen, egal ob es hier in Leverkusen ist oder bei uns zu Hause in Köln ist, auch von den Emotionen lebt.“
Kessler haben die Umstände zu denken gegeben: „Das war sicherlich überraschend, dass unsere Fans gar nicht da waren. Die Leverkusener haben nach zehn Minuten ihre Sachen eingepackt und sind nach Hause gefahren. Da muss man unterm Strich sagen: Das ist nicht das, was wir im Fußball sehen wollen. Wenn diese zwei Mannschaften in der Bundesliga aufeinandertreffen, Samstagabend mit Flutlicht, da möchte man die Emotionen von den Rängen bis auf den Platz spüren und das war sicherlich jetzt eine eigenartige Situation.“
Aktuell ist die Stimmung innerhalb der Fanszenen besonders aufgeladen. Die Vorhaben der Politik, die auf der Innenministerkonferenz krasse Verschärfungen mit personalisierten Tickets und Stadionverboten diskutierten, hat für Unverständnis gesorgt. Die intensiven Kontrollen vor dem Bayer-Spiel haben dann dazu geführt, dass Hunderte Fans das Stadion verließen.
Kessler sagt dazu: „Also ich weiß nicht, was da vorgefallen ist, aber am Ende war das Ergebnis, dass beide aktive Fanszenen nicht im Stadion waren. Und ich glaube nicht, dass irgendjemand, der hier steht oder irgendjemand, der im Stadion war, sich darüber gefreut hat, dass sie nicht da waren. Wenn du so ein Spiel hast, dann freust du dich auch über emotionale Stimmung auf den Rängen – und die war sicher nicht so ausgelassen, wie wir das in der Vergangenheit schon erlebt haben.“
Nach dem Spiel befürchteten viele weitere Ausschreitungen, doch es blieb weitestgehend ruhig. Vereinzelt erreichten EXPRESS.de Meldungen, dass es bei der Abreise der Fans Richtung Köln an Bahnsteigen zu Schlagstock-Einsätzen von Beamten gekommen sein soll. Ein Polizeisprecher sagte gegenüber EXPRESS.de am Sonntagmorgen, dass es keine größeren Auseinandersetzungen oder Tumulte gegeben habe.
Die Polizei Köln war rund um das Spiel mit mehreren hundert Polizistinnen und Polizisten im Einsatz sein. Schon im Vorfeld der Partie wurden gegen potenzielle Problemfans und Störer Aufenthalts- und Bereichsbetretungsverbote ausgesprochen.



