Star-Anwalt über den 1. FC KölnMein Klub muss keine Gehälter mehr zahlen, wenn...

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Mark Uth (M.) ist bis zum 30. Juni vom FC Schalke 04 ausgeliehen.

von Alexander Haubrichs (ach)

Köln – Den Fußballfans ist Dr. Stefan Seitz (53) bekannt als Anwalt des 1. FC Köln beim ersten Modeste-Deal oder der Profis der Beratungsagentur „Sports Total“. Doch der Kölner Jurist ist mit seiner Kanzlei als einer der führenden deutschen Arbeitsrechtler derzeit in der tobenden Corona-Krise an vielen Fronten unterwegs.

Dr. Stefan Seitz im EXPRESS-Interview

Er kämpft in der drohenden Wirtschaftskrise an der Seite großer internationaler Konzerne und in Schwierigkeiten geratener Mittelständler.

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Dr. Stefan Seitz vertrat den FC schon häufiger.

Im EXPRESS gibt er einen Einblick in die derzeitige Lage – und macht deutlich, welche Optionen die Klubs der Bundesliga hätten, um der drohenden Pleite im Falle eines Saisonabbruchs zu entgehen. Er macht sogar deutlich: Ist die Existenz bedroht, ist der 1. FC Köln und andere Profiklubs nicht mehr zu Gehaltszahlungen an seine Stars verpflichtet!

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Wie stellt sich aus ihrer Perspektive derzeit die Situation in den Unternehmen dar?

Stefan Seitz: Es gibt eigentlich derzeit nur zwei Extreme: Es gibt eine Gruppe von Unternehmen wie etwa Edeka und Rewe oder die Uniklinik, die beinahe auf dem letzten Loch pfeifen, weil sie an die Belastungsgrenze kommen oder längst darüber hinaus sind. Und es gibt Unternehmen aus dem Einzelhandel oder der Autoindustrie, bei denen alles stillsteht und die gegen die Pleite kämpfen.

Wie kann denen geholfen werden?

Man muss einen sensiblen Mix aus verschiedenen Instrumenten finden. Kurzarbeit ist sicher eins davon, aber auch Entschädigungen aus dem Infektionsschutzgesetz. Werden diese Entschädigungen gezahlt, kann man seinen Arbeitnehmern auch die Gehaltsverluste teilweise wieder ausgleichen. Schnell brauchen die Unternehmen aber auch Soforthilfe, um die Liquidität zu sichern, parallel muss man eine Stundung der Sozialversicherungsbeiträge und der Umsatzsteuer erreichen.

Sind das Maßnahmen, die auch den Bundesliga-Klubs helfen könnten?

Das kommt auf das Instrument an. Der Kurzarbeit müssten die Arbeitnehmer, also die Spieler, zustimmen. Das würde allerdings nur einen Bruchteil des Gehalts einsparen, lediglich bis zur Beitragsbemessungsgrenze – der Rest müsste von den Klubs weiter beglichen werden, da ansonsten kaum ein Profi der Kurzarbeit zustimmen würde. Das gleiche Problem gibt es bei einer Stundung der Sozialversicherungsbeiträge. Das sind in einem Profikader letztlich Peanuts.

Müssen die Vereine überhaupt die Gehälter zahlen?

Schließlich können sie die Leistung der Profifußballer aufgrund einer behördlichen Anordnung nicht abrufen… Dieser Annahmeverzug gehört aber zum Betriebsrisiko. Und das tragen die Vereine als Arbeitgeber. Sie müssen also die Gehälter weiterzahlen. Es gibt aber einen Ausweg.

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Welchen?

Laut der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Grenze des Betriebsrisikos die Existenz des Unternehmens. Heißt: Droht einem Klub akut die Pleite, weil keine Spiele stattfinden, müsste er die Gehälter jedenfalls nicht vollständig zahlen.

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Gilt das für alle Vereine?

Nach allem, was man aus der Liga hört, besteht wohl ein Pleite-Risiko für ein Drittel der Erstliga-Klubs. Und sicher auch einige Vereine aus der zweiten und dritten Liga.

Aber dann könnten die Profis den Klub verlassen?

Nein, der Vertrag bliebe davon unberührt.

Die Liga diskutiert über eine Verlängerung der Saison, notfalls über den 30. Juni hinaus. Was ist mit vertragslosen oder ausgeliehenen Spielern wie Mark Uth beim 1. FC Köln?

Der Vertrag endet erst einmal am 30. Juni. Aber der FC müsste wohl trotzdem nicht unbedingt auf ihn im Saisonfinale verzichten. Einigen sich die Klubs auf eine längere Spielzeit, kann das eine Anpassung der Geschäftsgrundlage sein. Die Ausleihe sollte ja bis zum Saisonende erfolgen – und so dürfte das dann auch gelebt werden.