Interview

„Das macht mich ängstlich“Eloy de Jong über queeres Leben – und warum die Pride so wichtig ist

Ein Mann sitzt vor einer Dünenlandschaft und lächelt.

Der Titel seines neuen Albums „Stärker“ ist Programm. Eloy de Jong fühlt sich stärker denn je.

Schlagerstar und Ex-Boyband-Mädchenschwarm Eloy de Long (52) spricht offen über sein privates Leben – um zu zeigen, dass „Liebe Liebe ist“.

von Andrea Kahlmeier  (ak)

Er war das erste Boygroup-Mitglied, das 1999 sein Coming-out hatte. Ein Schritt, den Eloy de Jong (52) niemals bereut hat. Seitdem macht der prominente Schlagersänger sich für alle nicht heterosexuellen Lebensformen stark.

Warum ihm der Rechtsruck im Land, in Europa, in der Welt wieder Angst macht, warum die Pride wichtiger ist denn je – und wie er mit Partner Ibo Metz und Tochter Indy (14) lebt: Alle das verrät er im großen Talk mit dem EXPRESS.

Eloy de Jong: Meine Tochter hat eine Mama und zwei Papas

Nehmen Sie selbst an Pride-Paraden wie aktuell (6. Juli 2025 - die Red.) in Köln teil?

Alles zum Thema CSD

Eloy de Jong: Früher schon, vor allem in Holland. Pride-Paraden sind heute wieder wichtiger denn je. Aber ich sehe es eigentlich ein bisschen so: Ich rede gerne offen über mein privates Leben. Wir brauchen einfach Beispiele, die uns zeigen, dass Liebe Liebe ist. Ich bin seit 18 Jahren mit einem Mann zusammen. Wir sind Papas von einer Tochter, die jetzt 14 ist, die zwei Papas und eine Mutter hat und es als absolut normal empfindet.

Eine Co-Elternschaft mit Ihrer Freundin, die das Kind ausgetragen hat – wie funktioniert das?

Eloy de Jong: Indy lebt bei uns und bei ihrer Mutter. Praktisch ist es eigentlich so wie bei vielen Tausenden Männern und Frauen, die sich getrennt haben, bei uns eben ohne Liebeskummer und Streit. Kinder haben damit kein Problem. Als sie noch klein war, hatten wir Freunde oder Freundinnen von Indy zu Besuch und es ist ein paar Mal passiert, dass die Kinder dann nach Hause kamen und gefragt haben, ob sie vielleicht auch einen zweiten Papa dazu kriegen könnten.

Ihr Ex-Freund Stephen Gately (1976-2009) war Sänger bei „Boyzone“, Sie Mädchenschwarm bei „Caught in the Act“. Wie schwer war das Outing 1999?

Eloy de Jong: Boybands waren natürlich zu 90 Prozent auf junge Mädels fokussiert. Ich erinnere mich, dass unser Manager am Anfang der Band gesagt hatte: „Zum Glück haben wir keine schwulen Jungs in unserer Band“. Da war ich längst mit Stephen zusammen. Ich hatte immer zwei Träume – ein glückliches Leben zu leben und erfolgreich in einer Band zu sein. Jahrelang hat es sich so angefühlt, als wäre es nicht möglich, die beiden Träume nebeneinander zu leben. Eine Zeitung in England wollte uns outen, da haben wir gesagt, dann machen wir das selbst, um zu demonstrieren, dass es eine ganz normale Sache ist. Und es hat sich gut angefühlt nach anderthalb Jahren Verstecken.

In vielen Branchen ist Homosexualität immer noch ein Tabu. Wie wichtig war das Coming-out von Ralf Schumacher?

Eloy de Jong: Total wichtig. Viele denken, wenn ein Mann auf Männer steht, kann er keine männlichen Sachen machen – und das ist kompletter Unsinn. Ich hoffe auch, dass bald ein Tennisspieler den Mut hat, sich zu zeigen. Das brauchen wir einfach. Alle Menschen verdienen es, frei zu sein. Deshalb ist mir der Song „Grenzenlos frei“ auf meinem neuen Album so wichtig. Wenn ich sehe, dass Rechte der queeren Community in den USA immer mehr zurückgenommen werden oder gerade in Ungarn die Pride verboten wurde, dass es für Lehrer in Ländern nicht weit von uns verboten ist, sich als schwul zu outen, macht mich das nicht nur traurig, sondern auch ängstlich. Die Menschheit lernt nichts aus schlechten Dingen. Da wiederhole ich mich gern: Ich bin LGBTQIA+, das ist normal nichts anderes als bei Mann und Frau. Aber: Es ist auch wichtig, dass man selber entscheiden kann, ob und wann man sich outet.

Empfinden Sie das Wort „schwul“ eigentlich als ein Schimpfwort?

Eloy de Jong: Heterosexuelle haben heute manchmal Angst, das Wort zu verwenden, doch da bin ich nicht so sensitiv. Ich nenne mich selbst so. Wichtig ist vielmehr, dass da nicht so ein Thema daraus gemacht wird. Wenn es gute Witze über Schwule gibt, dann kann ich übrigens auch gut selbst mitlachen (lacht). Für mich ist wichtiger, dass uns alle die Freiheit gönnen, die alle Menschen verdienen – da bin ich sensitiv.

Vier junge Männer in schwarzer Kleidung stehen auf einer Bühne.

Die Boyband „Caught in the Act“ 1997 (v.l.) mit Benjamin Boyce, Lee Baxter, Bastiaan Ragas und Eloy de Jong.

Warum gibt es kaum Bilder von Ihnen mit Ihrem Partner?

Eloy de Jong: Er unterstützt mich in allem und umgekehrt auch, aber prominent sein ist nicht so sein Ding. Das braucht er nicht.

Sie haben schon Duette mit Marianne Rosenberg und Joy Fleming gesungen. Warum faszinieren Diva-Frauen die LGBTQIA+-Community?

Eloy de Jong: Das sind Ikonen, die ihren Glitter umarmen. Sie verstecken ihre Diva-Seite nicht und sind stolz darauf, das macht sie so besonders. Andererseits: Ich glaube, Marianne ist die Frau, mit der ich am meisten lachen kann. Sie hat einen wunderbaren Humor.

Frauen haben nach Fehlgeburten neuerdings auch früher Anspruch auf Mutterschutz, um sich Zeit für die Trauer zu nehmen. Eine wichtige Entscheidung. Indys Zwillingsbruder starb fünf Stunden nach der Geburt. In einem bewegenden Post haben Sie geschrieben, dass Sie auch heute noch um den toten Sohn trauern ...

Eloy de Jong: Ja, Indy wurde mit 25 Wochen geboren, Milon eine Woche davor und hat es leider nicht geschafft. Milon ist unser Sternensohn. Ich bin Schirmherr von Sternenzauber und Frühchenwunder in Deutschland. Das ist auch wieder so ein Thema, wo ich sage, man braucht Beispiele, um die Öffentlichkeit zu sensibilisieren. Und weil ich prominent bin, ist meine Stimme halt ein bisschen lauter. Denn auch Papas trauern, auch wenn sie das Kind nicht im Bauch gehabt haben. Wir haben ein Foto von Milon im Arm seiner Mutter, in einem schönen hellblauen Rahmen und zünden jeden Abend auf dem Weg ins Schlafzimmer eine Kerze davor an. Er gehört auch zu uns.

Sie wohnen in Utrecht, haben aber auch ein Ferienhaus in der Eifel. Was reizt Sie, wie so viele Niederländer, an der Region?

Eloy de Jong: Zuerst gibt es in der Eifel Berge. Ihr Deutschen sagt, das sind keine Berge, doch ich hatte als kleiner Junge immer so einen Heidi-und-Peter-Traum gehabt. Berge und Schnee, das war immer so mein Ding. Wir haben es einfach total schön da – mit Wellness und Blick auf den See. Und: Es ist nur drei Stunden von Utrecht entfernt. Ich muss nämlich gestehen: Ich bin am liebsten zu Hause. Klingt langweilig, aber da in der Eifel fühle ich mich geborgen.

Menschen laufen durch einen Backstagebereich mit schwarzer Wandverkleidung

Eloy de Jongs Partner Ibo Metz (links) zieht es nicht in die Öffentlichkeit. Hier begleitet er seinen Lebensgefährten (rechts im Bild) beim Adventsfest der 100.000 Lichter 2018 in Suhl.

Also sind Auftritte und Tourneen nur nervig für Sie?

Eloy de Jong: Nein, auf der Bühne zu stehen, meine Songs zu singen, wie kürzlich auf der Release Party für das neue Album „Stärker“ im Düsseldorfer Schlager Café war total schön, auch, weil meine Mama, Schwiegermutti, Ibo und Indy im Publikum saßen. Wenn ich dann die Leute mit meiner Musik begeistern kann, zwischen den Songs kleine Geschichten erzähle und die Leuten hören mir zu, dann bin ich tief dankbar, dass ich das machen darf. Aber das Schlimmste an meinem Beruf war für mich schon immer, von Hause weg zu sein. Wenn der Manager früher anrief und sagte, morgen fliegen wir nach China und bleiben da fünf Wochen, dann hast du absolut keine Kontrolle mehr über dein Leben. Dazu kommt, dass meine Jugend leider nicht so schön war.

Warum?

Eloy de Jong: Bei uns gab es keine Harmonie. Mein Vater war Alkoholiker. Und wenn man als Kind in einer Familie aufgewachsen ist, wo Alkohol ein Riesen-Problem war, dann prägt das. Deshalb mag ich in meinen Songs auch nicht die Spaßseite von Wein und Bier besingen. Das sollen andere Schlager- und Ballermannsänger machen.

Eloy de Jong: Vom Boyband-Schwarm zum gefragten Solo-Künstler

Eloy de Jong, geboren am 13. März 1973 in Den Haag, ist ein niederländischer Pop- und Schlagersänger sowie Moderator. Er war niederländischer Jugendmeister in lateinamerikanischen Tänzen. De Jong wurde in den 1990er Jahren als Mitglied der Boyband „Caught in the Act“ bekannt, die mit Hits wie „Love Is Everywhere“ und „Take Me to the Limit“ große Erfolge feierte. Nach der Auflösung der Band startete er eine erfolgreiche Solokarriere als Schlagersänger.

2015 gab es eine Reunion von „Caught in the Act“. Doch zugunsten seiner Solo-Karriere gab er im März 2019 seinen Bandausstieg bekannt. Der Niederländer war einer der ersten Boyband-Mitglieder, die sich als homosexuell outeten. Er zieht seit 2016 mit seinem Partner Ibo Metz und einer Freundin Tochter Indy im Co-Parenting-Modell groß. Eloy De Jong hat eine Autobiografie mit dem Titel „Egal was andere sagen“ veröffentlicht.