„Sitzen in Todesfalle“Soldat spricht über Kabul, „Heute Journal“-Moderatorin kämpft mit Tränen

Marietta Slomka interviewte am Montagabend im Heute Journal den Hauptmann Markus Grotian zu der Lage in Afghanistan.

ZDF-Moderatorin Marietta Slomka interviewte am Montagabend (16. August) im „Heute Journal“ den Bundeswehr-Hauptmann, Markus Grotian, zu der Lage in Afghanistan.

Die Taliban hat mit Kabul nun auch die letzte Großstadt in Afghanistan eingenommen. Vor Ort spielen sich dramatische Szenen ab. Eine Lage, die selbst ZDF-Moderatorin Marietta Slomka nicht kaltlässt. 

Köln. Die Lage im afghanischen Kabul ist hochdramatisch. Tausende Afghaner versuchen aus ihrer Heimat zu fliehen, doch nur wenigen gelingt es eines der rettenden Flugzeuge zu erreichen.

Wie verheerend die Situation tatsächlich ist, wurde am Montagabend (16. August) im „heute journal“ deutlich, wo Moderatorin Marietta Slomka mit Bundeswehr-Hauptmann und Gründer des Patenschaftsnetzwerk für Afghanische Ortskräfte, Markus Grotian sprach. Sogar die Moderatorin wurde hochemotional. 

Markus Grotian erreichen derzeit 400 bis 500 Nachrichten von Ortskräften in Afghanistan, „denen wir nicht mehr helfen können“. Er war selbst als Soldat in Afghanistan und sagt: 80 Prozent von ihnen werden zurückgelassen.

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Afghanistan: Grotian sieht wenig Hoffnung für Ortskräfte 

„Mit wie vielen Ortskäften und Familien sind sie noch im Kontakt?“, fragt Slomka den Hauptmann. „Jetzt inzwischen nur noch zu wenigen, wir haben heute Morgen noch Kontakt zu 1300 Ortskräften und ihren Familien Kontakt gehabt, im Raum Kabul. Wir mussten nun aber die Safe Häuser auflösen, die Taliban gehen von Tür zu Tür und suchen nach unseren Ortskräften.“

Safe Houses sind geheime Verstecke für die Ortskräfte und ihre Verwandten, da diese aber nicht mehr sicher waren, mussten die Menschen diese nun verlassen und in der Bevölkerungen untertauchen, so Grotian. 

Dass es so weit gekommen ist, hat laut Grotian auch mit der fehlenden Unterstützung der Regierung zu tun: „Wir hätten früher viel mehr Menschen ausfliegen, viel mehr Menschen nach Kabul schaffen können. Als wir das Geld für Chartermaschinen hatten, war es zu spät, da flog keiner mehr (A.d.Red. nach Kabul) rein.“

Selbst wenn Maschinen in Kabul landen würden, wäre dies für viele Menschen kein Grund zur Hoffnung mehr, „Die Taliban haben einen äußeren Ring um den Flughafen gebildet“, so Grotian. Der Weg zum Flughafen sei für sie somit versperrt. 

ZDF: Marietta Slomka kämpft in Interview mit Tränen

Marietta Slomka hakt nach: „Können die tausenden Menschen, die eigentlich rausgeholt werden sollen es schaffen, noch zum Flughafen zu kommen?“ „Ich halte das für nicht realistisch. “ Eine Antwort, die die ZDF-Moderatorin nicht kaltlässt: „Das ist eine sehr harte Aussage!“

Die Reaktionen der Ortskräfte beschreibt Grotian: „Sie waren genauso schockiert wie wir. Dass wir an den Punkt kommen, dass wir keine Antworten mehr haben und wir den Leuten sagen: ‚Viel Glück‘! Wir haben das befürchtet, wir haben angemahnt und nun lassen wir 80 Prozent unserer Ortskräfte und ihre Familien in die Hände der Taliban fallen.“

Eine mögliche Lösung wären schnelle Visa-Verfahren für die betroffenen Ortskräfte gewesen. Doch laut Grotian habe seit Juni nicht ein Einziges dieser Verfahren angefangen. Viele der Menschen hätten sich mindestens acht bis zehn Wochen in Kabul aufgehalten, weil sie die Hoffnung hatten, dass sie dort Freiheit finden würden. „Sie mussten zu einem Büro, das nie funktioniert hat, das nie eingerichtet war. Sie haben darauf gewartet und nun sitzen sie in einer Todesfalle.“

Marietta Slomka versagt nach diesen Aussagen hörbar die Stimme, sie kämpft sichtlich mit den Tränen. Auch für die geübte Journalistin scheint dies eine Extrem-Situation. Das Urteil von Markus Grotian ist vernichtend. Er betont: „Uns erreichen 400-500 Nachrichten von Menschen, denen wir nicht mehr helfen werden können.“ (mei)