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„Tickende Zeitbombe“Droht Russland jetzt der Kollaps?

Russlands Präsident Wladimir Putin am 19. November in Moskau.

Russlands Präsident Wladimir Putin am 19. November in Moskau.

Russische Unternehmen haben laut einem Medienbericht Schwierigkeiten, Kredite zurückzuzahlen – und kämpfen zunehmend gegen den drohenden Bankrott.

Der Wind für den russischen Präsidenten hat sich gedreht.

Vor einigen Wochen haben Trump und die EU den Druck auf Putin erhöht – mittlerweile wurde das 19. Sanktionspaket beschlossen. US-Präsident Donald Trump hat zudem Sanktionen gegen die russischen Ölkonzerne Lukoil und Rosneft verhängt.

Hat es noch zu Beginn der russischen Invasion so gewirkt, als sei Putins Wirtschaft unantastbar, werden nun immer deutlichere Risse sichtbar. Russland Wirtschaft bröckelt zunehmend. Der britische „Express“ spricht gar von einer „tickenden Zeitbombe“.

Der Internationale Währungsfonds hat zuletzt seine Prognose für das russische Wirtschaftswachstum deutlich nach unten korrigiert, auf nur noch 0,6 Prozent für 2025. Im Frühjahr lag die Prognose noch bei 1,5 Prozent.

Hohen Zinsen treiben Unternehmen in die Enge

Die Probleme im Land werden nun immer deutlicher spürbar, zum Beispiel für die russischen Unternehmen. Die haben immer größere Schwierigkeiten, Kredite zurückzuzahlen und kämpfen gegen den Bankrott.

Im September veröffentlichte das Exil-Medium „The Bell“ eine schonungslose Analyse der russischen Konzernlandschaft. Demnach sind mehr als ein Dutzend Großkonzerne in finanziell gefährliche Schieflage geraten.

Das größte Problem für sie: die hohen Zentralbankzinsen. Die machen Kredite unbezahlbar. Die russische Zentralbank hat auf die steigende Inflation mit einem drastischen Anstieg des Leitzinses reagiert: Im Oktober 2024 lag er bei 21 Prozent, aktuell liegt er noch immer bei rund 17 Prozent. Viele Fachleute prognostizieren bereits einen erneuten Anstieg der Inflation, der neue Zinserhöhungen nach sich ziehen könnte.

Russische Konzerne überschuldet

Das macht Kredite unerschwinglich – und für immer mehr Unternehmen unbezahlbar. Gleichzeitig gibt es hohe Schuldenstände in der russischen Wirtschaft und sie erzielen geringere Gewinne. Laut „The Bell“-Analyse würden viele Großkonzerne schlichtweg pleitegehen, wenn der russische Staat sie nicht stützen würde.

Die hohen Zinsen führen auch zu Problemen in anderen Bereichen der Wirtschaft, etwa bei der Schwerindustrie. Weniger Wohnungen und Häuser werden gebaut, die Stahlproduzenten leiden darunter. Gleichzeitig können sie im Ausland wegen der Sanktionen die Verluste nicht wettmachen. Und auch die Autoindustrie leidet unter den Zinsen, weil Autokredite unerschwinglich werden. Die Zahl der Autoverkäufe ist in Russland um 24 Prozent eingebrochen (Stand: Juli). 

Die Kombination aus Sanktionen, hoher Inflation und Zahlungsunfähigkeit vieler Unternehmen könnte das russische Bankensystem an seine Belastungsgrenze bringen. Gleichzeitig wächst das Haushaltsloch. Und auch für die Russen selbst ist die Krise zunehmend spürbar: Russland hat etwa die Anhebung der Mehrwertsteuer von 20 auf 22 Prozent auf den Weg gebracht.

Geht Putin das Geld für den Krieg aus?

Zwar flammen immer mehr wirtschaftliche Krisenherde auf, doch die meisten Experten bezweifeln, dass Putin das Geld für seinen Krieg ausgeht.

„Was wir sehen, sind die Transformationsschmerzen der russischen Wirtschaft hin zu mehr Kriegsproduktion“, so beschreibt es der Ökonom Janis Kluge im „Spiegel“. Moskau habe Schwierigkeiten, den Krieg und wirtschaftliche Stabilität unter einen Hut zu bringen. Wenn Nicht-Kriegsfirmen nun pleitegehen, sei das politisch gewollt.

Ähnlich sieht das Heli Simola von der Finnischen Zentralbank. „Der Kreml steht vor schwierigen Entscheidungen“, sagt sie. „Aber das Geld geht ihnen nicht aus.“ Der Kreml habe noch immer Spielraum, mehr Geld aus dem zivilen in den militärischen Bereich zu verschieben.