Taurus für die Ukraine – ja oder nein? Bislang hat sich Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in dieser Frage eher bedeckt gehalten. Und ausgerechnet bei dieser wichtigen Frage kommt es zu einer unangenehmen Panne im Interview beim „heute journal“.
„heute journal“Ausgerechnet jetzt! ZDF-Interview beginnt mit peinlicher Merz-Szene: „Es tut mir leid!“

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Kanzler Friedrich Merz spricht am Mittwochabend (28. Mai) im „heute journal” mit Dunja Hayali auch über eine mögliche Taurus-Lieferung für die Ukraine.
Der Friedrich Merz vor einigen Monaten hatte vom damaligen Kanzler Olaf Scholz (SPD) immer wieder mehr Härte gegen Putin verlangt. Und auch im Bundestag markig gefordert: Wenn der nicht aufhört mit dem Terror, müssten auch Taurus-Marschflugkörper geliefert werden.
Der Friedrich Merz von heute, der Kanzler Merz, scheint diese Härte verloren zu haben. Er verspricht der Ukraine alles, außer den Taurus. Stattdessen äußert er immer wieder Bedenken: Die Ausbildungszeit sei zu lang, die ukrainische Soldaten für die Bedienung benötigten.
Beim gemeinsamen Auftritt mit Selenskyj in Berlin verspricht der Kanzler auch keinen Taurus, aber etwas anderes: Deutschland wolle die Ukraine dabei unterstützen, selbst Langstrecken-Waffensysteme zu produzieren. Ohne Reichweitenbeschränkung. Auf Nachfrage einer ukrainischen Journalistin, was nun mit Taurus sei, gab es keine neuen Infos.
ZDF-Interview mit Merz beginnt mit unangenehmer Panne
Darf der ukrainische Präsident auch auf den Taurus hoffen? Das fragte Merz am Mittwochabend (28. Mai) auch Moderatorin Dunja Hayali im ZDF-„heute journal“ – doch kurz nach der Frage gibt es eine Panne. Die Technik streikt – ausgerechnet jetzt, wo der Kanzler sich – inmitten eines vollen Terminkalenders – Zeit genommen hat. „Es tut mir leid, Frau Hayali, ich kann Sie leider nicht hören! Ich habe keinen Ton von Ihnen.“
Das Gespräch verzögert sich. „Böse Zungen würden behaupten, dass Ihnen die Frage nicht gefallen hat“, unkte Hayali anschließend. „Nein, keine bösen Zungen, ich habe Sie schlicht und ergreifend nicht gehört. Das war Ihre Technik!“, entgegnet Merz.

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Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) spricht im „heute journal” mit Dunja Hayali.
Also noch einmal: Ist es im Bereich des Möglichen, dass Deutschland den Taurus liefert? „Natürlich ist das im Bereich des Möglichen“, antwortet Merz. „Wir haben immer gesagt, und auch ich: Der Taurus erfordert eine mehrmonatige Ausbildung der Soldatinnen und Soldaten in der Ukraine. Und wenn wir sie in einem halben Jahr liefern würden, würde es der Ukraine heute nichts nutzen, deswegen verbessern wir unsere militärische Unterstützung heute, stimmen uns mit unseren europäischen Partnern eng ab und gehen eine neue Kooperation ein.“
Merz: „Ich gehe davon aus, dass wir noch lange nicht am Ende sind“
Die Äußerung des Bundeskanzlers, die Reichweitenbeschränkung für die Ukraine aufzuheben, sorgte bereits für drastische Worte aus Russland. Dies seien „ziemlich gefährliche Entscheidungen, wenn es sie gegeben hat“, sagte Außenminister Sergej Lawrow. Diese „heftige Reaktion“ zeige doch, dass Russland sich dazu genötigt fühlt, so zu reagieren, so Merz.
Der Kanzler erklärt: „Ich sage an die Adresse von Russland: Es liegt in ihrer Hand, allein in ihrer Hand, den Krieg sofort zu beenden. Russland kann den Krieg heute beenden. Wenn Russland heute die Waffen schweigen lässt, kann Russland den Krieg heute Abend beenden.“
Das aber kümmere Putin wenig, entgegnet Moderatorin Hayali. Immerhin sei der Kreml ja jetzt wieder für Gespräche bereit, so zumindest ließ man es verlauten. „Nehmen Sie das Wladimir Putin ab?“ Merz: „Das nehme ich ihm erst ab, wenn er am Verhandlungstisch erscheint. Und wir haben ja nun in den letzten drei Wochen alle, wirklich alle diplomatischen Bemühungen unternommen, bis hin zum Vatikan. Was sollen wir noch mehr machen?“ Man werde die Ukraine so lange weiter unterstützen, bis es einen Waffenstillstand und bis es Friedensverhandlungen gebe. „Wir wollen Frieden in der Ukraine, aber dafür müssen die Waffen schweigen.“
Doch was, wenn Russland wieder nicht am Tisch sitzt? Könnte es dann an russische Zentralbankreserven gehen, etwa 300 Milliarden Euro? Merz antwortet mit einer bitteren Prognose: „Ich gehe davon aus, dass wir noch lange nicht am Ende sind. Dass Russland weiter versuchen wird, zu verzögern, hinzuhalten und militärische Geländegewinne zu erzielen. Wir schließen kein Instrument aus. Wir stimmen uns eng mit unseren Partnern ab, auch mit der amerikanischen Seite.“ Alles sei denkbar.