Russland-KontakteGerhard Schröder verliert Sonderrechte als Altkanzler – aber Olaf Scholz gegen EU-Sanktionen

Altkanzler Gerhard Schröder, hier am 1. Juli 2020 im Wirtschaftsausschuss des Bundestags zum Pipeline-Projekt Nord Stream 2, verliert einen Teil seiner Privilegien.

Altkanzler Gerhard Schröder, hier am 1. Juli 2020 im Wirtschaftsausschuss des Bundestags zum Pipeline-Projekt Nord Stream 2, verliert einen Teil seiner Privilegien.

Gerhard Schröder verliert einen Teil seiner Sonderrechte. Worauf der Altkanzler künftig verzichten muss.

Die Freundschaft zu Wladimir Putin kostet ihn nun einen Teil seiner Privilegien. Altkanzler Gerhard Schröder wird ein Teil seiner Sonderrechte als früherer Regierungschef in Deutschland entzogen. Der Haushaltsausschuss beschloss am Donnerstag (19. Mai) die Abwicklung seines Büros, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Ausschusskreisen erfuhr.

Das verbliebene Personal soll anderweitige Aufgaben übernehmen, hieß es in einem Antrag der Ampel-Koalition, der im Ausschuss eine Mehrheit fand. Anrecht auf ein Ruhegehalt und auf Personenschutz hat der Altkanzler aber weiterhin. Die Union hätte dem SPD-Politiker am liebsten auch sein Ruhegehalt gestrichen. Sie warf Schröder unter anderem vor, dem internationalen Ansehen Deutschlands zu schaden.

Olaf Scholz spricht sich gegen EU-Sanktionen für Schröder aus

Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich gegen EU-Sanktionen gegen Altbundeskanzler Gerhard Schröder (beide SPD) wegen dessen Tätigkeiten für russische Energiekonzerne ausgesprochen. Die Entscheidung des Bundestags, Schröder sein staatlich finanziertes Büro samt Mitarbeiterstellen zu streichen, sei „folgerichtig“, sagte Scholz auf einer Pressekonferenz mit dem niederländischen Regierungschef Mark Rutte in Den Haag am Donnerstag. Weitere Schritte halte er aber „aktuell nicht für erforderlich“.

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Der Kanzler forderte Schröder jedoch auf, seine Tätigkeit für die russischen Unternehmen aufzugeben. „Es wäre am allerbesten, Gerhard Schröder würde seine Posten niederlegen.“

Der Haushaltsausschuss des Bundestags hatte am Donnerstag beschlossen, dass Schröders Büro „ruhend gestellt“ wird. Sein Ruhegehalt und Personenschutz werden aber nicht angetastet. Das Europaparlament sprach sich zudem mit großer Mehrheit dafür aus, auch EU-Sanktionen gegen den Altkanzler zu verhängen.

Hintergrund des Vorgangs sind Schröders seit Jahren bestehende Verbindungen nach Russland. Er pflegt enge Verbindungen zu Russlands Staatschef Wladimir Putin, hat dessen Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht verurteilt und ist auch nach Beginn des Krieges weiterhin für russische Energieunternehmen tätig.

Schröder steht wegen seiner Russland-Kontakte, seiner Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin und seiner Posten bei russischen Staatskonzernen massiv in der Kritik. Der heute 78-Jährige war von 1998 bis 2005 Bundeskanzler. Danach übernahm er Aufgaben unter anderem für die Pipeline-Gesellschaft Nord Stream, die russische Gazprom und den Energiekonzern Rosneft.

Ukraine-Krieg: Gerhard Schröder distanziert sich nicht von Putin

Weil er sich davon nach Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine nicht distanzierte, forderte ihn die SPD-Spitze zum Parteiaustritt auf. Es gibt auch Anträge auf einen Parteiausschluss.

Bisher stehen Altbundeskanzler und Altbundeskanzlerinnen ein von ihrer Amtszeit abhängiges Ruhegehalt sowie auf Lebenszeit auch ein Büro mit mehreren Mitarbeitern, ein Fahrer und eine Erstattung von Reisekosten zu. Nun regelt die Ampel-Koalition die Alimentierung früherer Bundeskanzler und Bundespräsidenten generell neu und macht sie davon abhängig, ob die früheren Top-Politiker tatsächlich noch Aufgaben übernehmen, also etwa Schirmherrschaften haben und Reden halten.

In dem vom Haushaltsausschuss beschlossenen Antrag werden Schröders Verbindungen zu russischen Konzernen oder Putin nicht genannt. Hintergrund ist die Befürchtung, dass dies rechtlich angreifbar wäre. Es soll nicht der Eindruck entstehen, der Altkanzler werde für eine umstrittene Meinung bestraft.

Causa Gerhard Schröder könnte weitreichende Auswirkungen haben

Perspektivisch könnte der Beschluss auch Auswirkungen auf Ex-Kanzlerin Angela Merkel haben. Die CDU-Politikerin verfügt ebenfalls über ein Büro und bekam erst vor wenigen Monaten neun Mitarbeiter mit Gehältern bis zu 10 000 Euro bewilligt. Das sind zwei Mitarbeiter mehr als Schröder nach seiner Kanzlerschaft 2005 hatte.

Vor dem Beschluss des Haushaltsausschusses hatte sich das Europaparlament mit großer Mehrheit für EU-Sanktionen gegen den Altbundeskanzler ausgesprochen. Der Schritt dürfte den Druck auf die zuständige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und den Außenbeauftragten Josep Borrell erhöhen, einen Vorschlag für die Aufnahme Schröders auf die EU-Sanktionsliste vorzulegen. Sollte dieser dann angenommen werden, könnten in der EU vorhandene Vermögenswerte Schröders eingefroren werden. (dpa)