Einen „Aufstand der Jungen“ hätte Louis Klamroth sichtlich gerne angezettelt. Schließlich ging es bei „Hart aber fair“ um das Sorgenthema Rente. Doch von Krawall könne keine Rede sein, beschwichtigen Vertreter der 18- bis 29-Jährigen und stellen berechtigte Forderungen.
Renten in Gefahr?CDU-Politiker: „Ist nicht finanzierbar!“

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CDU-Politiker Johannes Volkmann stellt sich mit 17 Mitgliedern der Jungen Gruppe der Unionsfraktion im Bundestag gegen die geplante Rentenreform.
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„Ich bin nicht die Generation Nörgeln oder die Generation Waschlappen, ich will etwas leisten“, räumte Quentin Gärtner bei „Hart aber fair“ am Montag mit einem Vorurteil auf. Mit 18 Jahren war er mit Abstand der Jüngste in der Runde. Als Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz vertritt er mit 7,5 Millionen Schülerinnen und Schülern in Deutschland diejenigen, „die einen ganzen Haufen von Problemen“ erben.
Vom demografischem Wandel über Klima- bis zur Wirtschaftskrise: „Wir sind die Gebergeneration“, betont er und fügte hinzu, „ich bin gerne Feuerwehrmann und löse die Probleme.“
Im Gegenzug forderte er von der Politik, in Bildung sowie Gesundheit zu investieren und über einen Lastenausgleich nachzudenken. „Es ist nicht mein Anliegen, meinen Großeltern die Butter vom Brot zu nehmen“, stellte er klar, „ich möchte einfach nur eine Politik haben, die auch an mich denkt!“ Insbesondere in Bezug auf die Rente – dem Thema, zu dem Louis Klamroth geladen hatte.
„Ich habe mit Ihnen als Jüngstem in der Runde wirklich Mitleid“, traf die Botschaft Gärtners bei Patricia Riekel – ehemalige Chefredakteurin „Bunte“ und mittlerweile Rentnerin – auf offene Ohren. Eine Aussage, die der 18-Jährige nur trocken mit „das ist ja nett“ kommentierte.
Ihre Anteilnahme bezog sich nicht darauf, dass Gärtner Klamroths Berechnungen zufolge frühestens 2047 in Rente gehen könnte. „So wie es aussieht, haben Sie viele Lasten zu tragen“, meinte die Journalistin und betonte die Wichtigkeit, Brücken statt Mauern zwischen den Generationen zu bauen. „Ich suche nach Gerechtigkeit – für Sie als jungen Menschen und für 22 Millionen Deutsche im Rentenalter, die ins System eingezahlt haben. Die Rente soll sicher sein“, erntete sie Applaus.
„Je länger wir warten, desto teurer wird es“
Den Generationenkonflikt gibt es nicht, sah sich Johannes Volkmann (CDU) angesichts von so viel Empathie bestätigt. Dass er sich mit 17 Mitgliedern der Jungen Gruppe der Unionsfraktion im Bundestag gegen die geplante Rentenreform stellt, sei kein „Aufstand der Jungen“: Man stehe zur Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent bis 2031, wie es im Koalitionsvertrag vorgesehen war. Eine Niveau-Stabilisierung darüber hinaus ließen jedoch Mehrkosten von 10 bis 15 Milliarden Euro entstehen. „Schon 2026 werden es 127 Milliarden Euro sein – mehr als für Forschung, Infrastruktur, Bildung, Familie, mentale Gesundheit“, rechnete er die Belastung vor und forderte eine Nachbesserung.
„Mit Zahlen Propaganda machen“, ließ Andreas Bovenschulte (SPD-Bürgermeister der Freien Hansestadt Bremen) das nicht gelten und sprach davon, dass der Anteil des Bundeszuschusses relativ abgenommen hätte. Dass die Jungen Abgeordneten den Beschluss blockieren könnten, glaubte er nicht: „Das wird so beschlossen.“
Auch Volkmann wollte Klamroth nicht den Gefallen tun, über die Machtfrage zu diskutieren. Wichtiger sei die Frage: „Kündigen wir den Lastenausgleich zwischen den Generationen?“ Denn ließe man das Rentenniveau bis 2050 weiterlaufen, entspräche das laut Ifo Institut 60 Prozent des Bundeszuschusses: „Das ist nicht finanzierbar.“ Dieser Wahrheit müsse man sich jetzt stellen, denn: „Je länger wir warten, desto teurer wird es.“ Und wer am Ende des Tages die Zeche zahle, sei laut Quentin Gärtner klar.

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„Ich bin nicht die Generation Nörgeln oder die Generation Waschlappen, ich will etwas leisten“, räumte Quentin Gärtner (links) bei „Hart aber fair“ am Montag mit einem Vorurteil auf. (Bild: WDR/ Dirk Borm)
„Wir sind das viertreichste Land der Welt. Ist das Absenken des Rentenniveaus wirklich die einzige Möglichkeit, oder gibt es nicht bessere Möglichkeiten, dieses Rentensystem zu verbessern?“, fiel die Diskussion für die Kölner Rentnerin Cordula Kersbaum zu einseitig aus. Volkmann kam der Einwurf gelegen: Mit der Frühstartrente sei eine Maßnahme gesetzt worden, die in den 2050er bis 2070er Jahren das Rentensystem erleichtere. Zudem wäre die Aktivrente beschlossen worden.
„Das ist kein schlechtes Instrument, aber reicht nicht aus“, kritisierte Marcel Fratzscher (Präsident Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung). Es würde Besserverdienende betreffen, zudem fielen die 270.000 Selbstständigen durch. Er forderte eine Reform beim Arbeitsrecht, um Unternehmen eine Weiterbeschäftigung ihrer Mitarbeitenden zu ermöglichen. Genau das erhoffte sich Clara Hunnenberg für ihren Handwerksbetrieb für Bodenbeläge. Mit neuen Personen, die eine Aktivrente beziehen, sei ihr nicht geholfen. Sie wolle die „Leute, die wir seit Jahren haben, halten können.“

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Clara Hunnenberg führt einen Handwerksbetrieb für Bodenbeläge. Sie betont: Mit neuen Personen, die eine Aktivrente beziehen, sei ihr nicht geholfen. Rechts neben ihr sitzt Patricia Riekel, links Johannes Volkmann.
Auf weniger Gegenliebe stießen zwei weitere Vorschläge Fratzschers: Die Einführung eines Boomer-Soli und ein verpflichtendes soziales Jahr für Ältere.
Ersteres sorgte bei Volkmann für Skepsis: „Ausgerechnet die bestrafen, die vorgesorgt haben, setzt fatale Anreize für die junge Generation“, befürchtete er. Bovenschulte hingegen fand den „Sozialen Ausgleich vom Grundgedanken her richtig.“ Deutlicher sprach er sich gegen das verpflichtende soziale Jahr aus: Ein großer Teil der Boomergeneration hätte bereits viele Monate verpflichtenden Dienst geleistet, sprach SPD-Politiker von seiner eigenen Zeit als Rettungssanitäter und bei der Bundeswehr. Zudem würden sich viele Senioren ehrenamtlich engagieren. „Da eine Pflicht daraus zu machen, wird auch der Lebensleistung älterer Menschen nicht gerecht“, meinte er. Der Argumentation schloss sich Volkmann an und verwies aufs Grundgesetz: „Die Hürde ist sehr hoch.“
„Es ist prinzipiell gut zu überlegen, wie die Lasten aufgeteilt werden“, sagte Gärtner und sah nicht nur bei den Älteren, sondern auch bei den Jungen hohe Motivation, aktiv zu sein: „Wir werden das schaffen - machen Sie sich keine Sorgen, wir regeln das“, sprach er für Letztere. „Ich hätte Sie gerne als Enkel“, entfuhr es Riekel. Viele Ältere im Publikum konnten das sicher nachvollziehen. (tsch)
