Sechs Folgen, ein intensives Psychodrama und eine Geschichte, die kaum jemanden kalt lassen wird. Im Mittelpunkt stehen Marie (Svenja Jung) und Luis (Noah Saavedra). Sie begegnen sich auf einer Karnevalsparty in Köln – Masken, Glitzer, Ausnahmezustand. Was wie ein Traum beginnt, kippt schnell in den Albtraum: Luis ist sexsüchtig. Und Marie? Sie ist süchtig nach Luis. Eine Spirale aus Begehren, Abhängigkeit und Selbstzerstörung nimmt ihren Lauf.

„All in“ gehen geht nur mit Vertrauen

Wie spielt man eine Liebe, die so exzessiv ist, dass sie beide zerstört? Noah Saavedra erklärt:„Das ist eine gute Frage. So ganz kann man sich darauf nicht vorbereiten. Natürlich versuche ich, so viel wie möglich über meine Figur und ihre neuralgischen Punkte zu wissen – aber am Ende hilft nur: sich auf die Situation einlassen.“

Svenja Jung sieht den Schlüssel im Team: „Für mich ist das Wichtigste, mit Menschen zu arbeiten, denen ich vertraue – vom Buch über Regie bis zur Kamera. Dieses Vertrauen haben wir gemeinsam aufgebaut. In so einem sicheren Rahmen konnte ich wirklich ‚All in‘ gehen.“

Intime Szenen mit Humor und Koordination

„naked“ ist schonungslos ehrlich – auch in den Sexszenen. Saavedra gesteht: „Ich war anfangs sehr nervös. Aber Svenja war mir eine große Unterstützung – sie ist unglaublich professionell. Und wir hatten mit Philine Janssens eine Intimitäts-Koordinatorin, die enorm geholfen hat.“

Jung ergänzt: „Wir haben drei Monate lang alle zusammen in Antwerpen gelebt – das hat uns zusammengeschweißt. Es gab dieses unausgesprochene Versprechen: Wir halten uns gegenseitig. Und dann war’s am Ende manchmal auch einfach sehr lustig! Welche Gleichgewichtsübungen wir – inklusive Kameramann – machen mussten, um bestimmte Einstellungen hinzukriegen! Je ernster das Thema, desto mehr musste ich am Set lachen, vielleicht als Ausgleich.“

Köln als Bühne und Karneval als Ausnahmezustand

Für Svenja Jung, die neun Jahre in Köln Ballett tanzte und Funkenmariechen war, war die Rückkehr besonders: „Karneval hat in meinem Leben immer eine große Rolle gespielt. Nur als Madonna habe ich mich noch nie verkleidet – dafür aber mehrmals als Vampir.“

Auch Regisseurin Bettina Oberli betont den Schauplatz: „Köln ist eine Stadt der Gegensätze – sehr lebensfroh, aber auch rau. Der Karneval ist ein Ausnahmezustand, in dem Masken fallen und Grenzen verschwimmen. Genau so wollten wir die Geschichte eröffnen.“

Tabu-Thema Sexsucht wird endlich sichtbar

Dass „naked“ Neuland betritt, ist klar. Sexsucht wurde von der WHO erst 2019 offiziell als Krankheit anerkannt. Svenja Jung:

„‚Naked‘ ist die erste deutsche Serie, die sich mit Sexsucht und Co-Abhängigkeit beschäftigt – ein Tabu, das wir bewusst brechen. Gleichzeitig geht es um mehr: um Sucht, toxische Beziehungen, emotionale Abhängigkeit – Themen, die viele kennen. Wir leben in einer Gesellschaft, in der alle irgendwie süchtig nach etwas sind.“

Drehbuchautorin Silke Eggert spricht offen über ihren Antrieb: „Als ich selbst in einer toxischen Dynamik steckte, wusste ich gar nicht, dass es Sexsucht überhaupt gibt. Ein Tabu hilft niemandem. Wenn niemand darüber spricht, können sich Betroffene auch keine Hilfe holen. Genau deshalb musste diese Serie geschrieben werden.“

Zwischen Schmerz und Hoffnung

Doch „naked“ ist mehr als ein düsteres Psychodrama. Eggert: „Mir war wichtig, auch das Wachstum zu zeigen. Die Geschichte von Marie und Luis ist eine große Liebesgeschichte – so zerstörerisch sie auch ist. Und sie zeigt: Aus Schmerz kann Resilienz entstehen.“

Auch Oberli betont den emotionalen Kern: „Wir wollten keine klinische Aufklärung, sondern eine Reise. Wenn man nach den sechs Folgen sagt: Ich habe verstanden, wie viel Schmerz, aber auch Sehnsucht in dieser Sucht steckt – dann haben wir unser Ziel erreicht.“

FAQ: Sexsucht & toxische Beziehungen

Was ist Sexsucht überhaupt?

Die WHO hat „Hypersexualität“ 2019 als Krankheit anerkannt. Betroffene haben ein zwanghaftes Verlangen nach Sex oder sexuellen Handlungen – oft mit massivem Kontrollverlust und Leidensdruck.

Woran erkennt man eine toxische Beziehung?

Wenn Liebe nicht mehr stärkt, sondern schwächt. Typische Anzeichen: ständiges Drama, Machtspiele, Abhängigkeit, Verlust der eigenen Grenzen. Statt Sicherheit gibt es Angst, statt Nähe Kontrolle.

Ist Sexsucht heilbar?

Ja – wie bei anderen Süchten auch. Therapie, Selbsthilfegruppen (z. B. „Sexaholics Anonymous“ oder „S-Anon“ für Angehörige) und professionelle Beratung helfen, gesunde Muster zu entwickeln.

Warum ist das Thema so tabu?

Weil viele denken, es sei „nur ein Laster“ oder sogar „lächerlich“. Aber: Menschen verlieren dadurch Partnerschaften, Jobs, manchmal ihr ganzes Leben. Der Leidensdruck ist real.

Was kann man tun, wenn man selbst betroffen ist?

Sich nicht schämen – und Hilfe suchen. Es gibt spezialisierte Therapeut:innen, Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen. Wichtig: Man ist nicht allein.

Rohe und intensive Serie zum Mitfühlen

Mit „naked“ zeigt der WDR, wie mutig Serien sein können. Schonungslos, sinnlich, intensiv – und dabei voller Zitate, die nachhallen.  Oder, wie Svenja Jung es zusammenfasst: „Ich wünsche mir, dass die Zuschauerinnen nicht abschalten können. Dass sie sich von dieser rohen, intensiven, und auch zarten Serie mitreißen lassen.“ "Naked" gibt es ab dem 2. Oktober in der ARD Mediathek, am 3. und 4. Oktober im Fernsehen.