Verdächtiger Fund auf SatellitenbildKurz vor den Nord-Stream-Explosionen sind sie zu sehen

Das Foto, das von der schwedischen Küstenwache veröffentlicht wurde, zeigt die Blasen, die über der Nord-Stream-2-Pipeline an die Meeresoberfläche aufsteigen. Insgesamt vier Lecks ließen den Verdacht aufkommen, die Leitungen wurden sabotiert. Nun liefert ein US-Unternehmen weitere Belege dafür.

Das Foto, das von der schwedischen Küstenwache veröffentlicht wurde, zeigt die Blasen, die über der Nord-Stream-2-Pipeline an die Meeresoberfläche aufsteigen. Insgesamt vier Lecks ließen den Verdacht aufkommen, die Leitungen wurden sabotiert. Nun liefert ein US-Unternehmen weitere Belege dafür.

Insgesamt vier Explosionen in der Ostsee vor der dänischen Insel Bornholm hatten Löcher in die Pipelines von Nord Stream 1 und 2 gerissen, schnell wurde der Verdacht laut, Russland könnte für die Anschläge verantwortlich sein. Russland wiederum beschuldigt andere. Eine neue Analyse von Satellitenaufnahmen soll Licht ins Dunkel bringen.

von Martin Gätke (mg)

Erst zeugten Gasblasen an der Meeresoberfläche am frühen Morgen des 26. September von der Zerstörung, später zeigten Unterwasseraufnahmen die drastischen Schäden an den Leitungen von Nord Stream 1 und 2: Rund acht Monate nach Beginn von Putins Angriffskrieg in der Ukraine, der auch gezeigt, wie abhängig Europa von russischem Gas ist, gibt es Explosionen an den wichtigsten Pipelines.

Erste Untersuchungen ließen schnell den Verdacht aufkommen, eine Sabotage stecke hinter den Lecks. Die Ukraine warf Russland vor, die Pipelines gezielt zerstört zu haben, um die Energiekrise in Europa zu verschärfen. Dies wies die russische Regierung zurück, Putin selbst sprach von einem „Akt des internationalen Terrorismus“. Russland warf erst den USA, später der britischen Marine vor, hinter den Anschlägen zu stecken – die Länder wiesen dies ebenfalls vehement zurück. 

Nord Stream 1 und 2: „Dark Ships“ kurz nach Explosionen aufgetaucht

Was ist passiert in der Ostsee? Die US-Datenanalysten von SpaceKnow, die sich auf satellitengestützte Aufnahmen spezialisiert haben und etwa wirtschaftliche Veränderungen oder wichtige Infrastruktur beobachten, haben laut der IT-Zeitschrift „Wired“ herausgefunden, dass kurz vor den Explosionen zwei sogenannte „Dark Ships“ in dem Gebiet zu sehen sind. 

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In der Schifffahrt werden wichtige Navigationsdaten via Funk ausgetauscht, das funktioniert über ein Signal, das sich AIS nennt (Automatic Identification System). Nach internationalem Recht müssen alle großen Schiffe dieses System installiert haben, etwa um Kollisionen zu vermeiden. Die Bewegungen der Schiffe lassen sich damit aber auch von anderen Ländern, Regierungen oder Organisationen verfolgen.

Deshalb schalten Schiffe, die unerkannt bleiben wollen, dieses Signal aus – Fischer zum Beispiel, die in illegalen Gebieten fischen wollen. Sie verschwinden so von den Radarbildschirmen und hoffen, unerkannt zu bleiben. Sie werden „Dark Ships“ genannt.

Nord Stream 1 und 2: „Wir haben Schiffe von beträchtliche Größe entdeckt“

Zwei solcher „Dark Ships“ hat SpaceKnow kurz vor den Explosionen entdeckt, nur wenige Kilometer von den Lecks von Nord Stream 2 entfernt. Sie seien jeweils etwa 95 bis 130 Meter lang gewesen. „Wir haben einige Dark Ships entdeckt, das heißt Schiffe von beträchtlicher Größe, die durch dieses Gebiet fuhren“, sagt Jerry Javornicky, CEO und Mitbegründer von SpaceKnow, gegenüber der Zeitschrift.

„Sie hatten ihre Sender ausgeschaltet, was bedeutet, dass es keine Informationen über ihre Bewegung gab, und sie versuchten, ihre Standortinformationen und allgemeinen Informationen vor der Welt zu verbergen.“

Explosionen in der Ostsee: Warum haben Schiffe ihren Funk ausgeschaltet?

Nachdem SpaceKnow die Schiffe entdeckt hatte, habe das Unternehmen seinen Fund weiter an die Nato geleitet, die derzeit weiter die Vorfälle untersuchen. Laut Javornicky hätten Beamte das Unternehmen darum gebeten, weitere Informationen bereitzustellen.

Dass Schiffe ihr AIS-System ausschalten, komme laut SpaceKnow selten vor, es sei denn, sie wollten etwas verbergen. Doch gerade auf der Ostsee, die gleich mehrere Hauptverkehrsadern hat, lassen die Schiffe ihr Ortungssystem in der Regel eingeschaltet. 

Nach den Explosionen hatten auch europäische Sicherheitsbeamte berichtet, zwei russische Marineschiffe in der Nähe der Lecks gesichtet zu haben. Das berichtet der amerikanische Sender „CNN“ unter Berufung auf westliche Geheimdienstmitarbeiter. Auch russische U-Boote sollen in dem Gebet unterwegs gewesen sein. Allerdings erklärte ein Beamter des dänischen Militärs, dass die Anwesenheit russischer Schiffe in dem Gebeit eine Routine sei. Ob die neuen Entdeckungen der Datenanalysten nun weitere Hintergründe zu den Explosionen hervorbringen, bleibt abzuwarten.