Die Beschwerden beim Papst scheinen Wirkung zu zeigen. Im Streit um die Schmerzensgeldklage eines Missbrauchsopfers meldet sich der Kölner Kardinal Rainer Woelki nun persönlich zu Wort.
Nach Papst-BeschwerdePlötzliche Wende bei Woelki

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Kardinal Rainer Maria Woelki.
Nach schweren Vorwürfen und einer Beschwerde beim Papst meldet sich Kardinal Rainer Woelki nun persönlich zu Wort. Und seine Aussage ist deutlich: „Priester sind immer Priester.“
Mit diesem Satz widerspricht Woelki frontal der Argumentation seiner eigenen Leute! Denn im Schmerzensgeld-Prozess eines Missbrauchsopfers hatte das Erzbistum genau das Gegenteil behauptet. Der Vorwurf der Beschwerdeführer und Beschwerdeführerinnen beim Papst: Verrat an der katholischen Lehre vom Prieseramt!
Worum geht es genau? Die Klägerin Melanie F. wurde als Kind vom ehemaligen Priester Hans Ue. missbraucht. Sie fordert 850.000 Euro Schmerzensgeld. Doch das Erzbistum wehrte sich vor Gericht mit einer krassen These: Der Priester habe die Taten in seiner Freizeit begangen, sei quasi als Privatmann aufgetreten. Eine Amtshaftung gebe es nicht.
Schlag ins Gesicht für Missbrauchopfer
Das Landgericht Köln folgte dieser Argumentation und wies die Klage in erster Instanz ab. Für Melanie F. ein Schlag ins Gesicht. Sie hat Berufung eingelegt. In einem Brief an Papst Leo XIV. stellt sie klar: „Es geht mir nicht um das Geld, sondern um Gerechtigkeit. Ich will, dass das Erzbistum Köln seinen Teil der Verantwortung übernimmt.“
Besonders bitter: Woelkis Vorvorgänger, Kardinal Joseph Höffner, hatte dem Priester Ue. damals sogar per Sondergenehmigung erlaubt, Melanie F. und einen zwei Jahre älteren Jungen zu sich zu nehmen. „Aber danach hat sich niemand von der Kirche mehr darum gekümmert, was der Priester Ue. mit uns, seinen Kindern, tat“, so F.
Woelkis neue Aussage, dass ein Priester nie Feierabend habe, ist also eine komplette Kehrtwende. Ein Manöver aus Angst vor dem Papst? Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller ist sich sicher: „Die Beschwerde beim Papst stellt augenscheinlich eine so große Gefahr für ihn dar, dass er jetzt genau das bestätigt, was die Klägerin und auch theologische Gutachter und Gutachterinnen immer wieder vorgetragen haben.“
Für Schüller ist klar: „Ein Priester ist immer im Dienst. Damit erhöht Woelki die Chancen auf einen Erfolg der Klägerin im Berufungsverfahren.“ Gleichzeitig nennt er das Vorgehen des Erzbistums einen Skandal. „Es bleibt aber ein Skandal, dass Woelki die nach katholischer Lehre absurde These vom Täter Ue. als Privatperson vor Gericht hat vertreten lassen.“ Die Erklärungsversuche von Woelkis Amtsleiter seien „schlicht falsch und nichts weiter als eine Nebelkerze.“ (red mit kna)