Genaue Wetter-Warnung erhaltenFlut-Katastrophe: Schwere Vorwürfe gegen betroffenen Landkreis

Eine Drohnenaufnahme zeigt, wie das THW am 25. Juli 2021 mit Kränen eine Behelfsbrücke über die Ahr in Bad Neuenahr-Ahrweiler errichtet.

Das THW errichtet am 25. Juli 2021 eine Behelfsbrücke über die Ahr in Bad Neuenahr-Ahrweiler.

Mehrere Zeitungen erheben schwere Vorwürfe gegen die Kreisverwaltung Ahrweiler. Die soll bereits vor der Flutkatastrophe präzise gewarnt worden sein. Reaktionen blieben jedoch aus.

Ahrweiler. Schwere Vorwürfe gegen die Kreisverwaltung in Ahrweiler: Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung” berichtet, wurde der Landkreis präzise vor der Flutkatastrophe in der Nacht auf den 15. Juli gewarnt, reagierte jedoch nicht rechtzeitig darauf.

Es seien bei der Kreisverwaltung mehrere automatisierte Mails des rheinland-pfälzischen Landesumweltamts eingegangen, berichtete die Zeitung am Samstag (31. Juli 2021) unter Berufung auf einen Sprecher der Behörde.

Flutkatastrophe: Landkreis Ahrweiler war gewarnt

Bereits am Nachmittag des 14. Juli veröffentlichte das Landesumweltamt demnach Prognosen, die einen Pegelstand der Ahr von deutlich mehr als dem vorherigen Höchststand von 3,7 Meter vorhersagten.

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Am Abend habe es dann neben den Mails auch weitere Online-Informationen der Landesbehörde gegeben. Darin sowie in den Mails an die Kreisverwaltung in Ahrweiler sei gegen 21.30 Uhr ein erwarteter Pegelstand von fast sieben Metern genannt worden.

Ahrweiler: Schwere Vorwürfe gegen CDU-Landrat

Dennoch habe der Landkreis erst gegen 23.00 Uhr den Katastrophenfall ausgerufen und Evakuierungsmaßnahmen eingeleitet. Landrat Jürgen Pföhler begründet seine zunächst abwartende Haltung damit, dass die Warnung am frühen Abend zwischenzeitlich etwas entschäft worden war.

Landesinnenminister Roger Lewentz (SPD) verwies gegenüber der „FAZ“ auf die Zuständigkeit der Kreisverwaltung. Er kündigte an, die Abläufe an dem Abend würden „exakt aufgearbeitet“ werden.

Krisenforscher: Hochwasser in Ahrweiler war zu erwarten

Der Krisenforscher Frank Roselieb erhob in der in Koblenz erscheinenden „Rhein-Zeitung“ (31. Juli 2021) ebenfalls schwere Vorwürfe gegen Pföhler. Das Katastrophenschutzmanagement gehöre zur Kernfunktion jedes Kreischefs und jedes Oberbürgermeisters, sagte der Kieler Wissenschaftler.

Dass im Kreis Ahrweiler kein Voralarm ausgelöst worden sei, halte er für unerklärlich. Die Auslösung eines Voralarms hätte laut Roselieb bereits am frühen Abend des 14. Juli erfolgen können, „um Notmaßnahmen einleiten zu können“.

Vorwürfe nach Flutkatastrophe in Ahrweiler

Dies sei etwa möglich, wenn „die Pegelstände steigen und steigen, ohne dass schon was Schlimmeres passiert ist“. Roselieb sprach von „Katastrophenalarm im Kopf“. Tatsächlich wurde der Katastrophenfall mit Warnstufe 5 laut der „Rhein-Zeitung“ erst um 23.15 Uhr ausgerufen.

Zu dieser Zeit erging demnach auch die Meldung, die Gebäude 50 Meter rechts und links der Ahr zu evakuieren. Als Pföhler zu dieser Zeit an die Bevölkerung appelliert habe, sich in höher gelegene Stockwerke zu begeben, seien bereits Häuser von den Wassermassen mitgerissen worden.

Ahrweiler: Mehr als 130 Tote bei Flutkatastrophe

„Niemand kann sagen, dass es solche Flutwellen im Ahrtal noch nicht gegeben hat“, betonte Roselieb. „Beim Hochwasser vor 200 Jahren waren die Dimensionen etwa noch gewaltiger.“ Vor 100 Jahren sei es ähnlich gewesen. Zudem sei man frühzeitig gewarnt worden.

Aus Sicht des Forschers gibt es deshalb keinen Grund, auf eine Flutwelle wie die jüngste nicht vorbereitet gewesen zu sein. In Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen hatte extremer Starkregen vor mehr als zwei Wochen verheerende Überschwemmungen ausgelöst. Viele Gemeinden, insbesondere im rheinland-pfälzischen Ahrtal, wurden verwüstet. Allein im Landkreis Ahrweiler wurden nach der Katastrophe mehr als 130 Tote gefunden. Auch in Nordrhein-Westfalen gab es 47 Todesopfer. (dpa)