Sauftourismus auf Mallorca außer Kontrolle?Deutsche Wirtin erlebte heftige Szenen – „So schlimm wie noch nie“

Menschen spazieren auf der Strandpromenade von Arenal auf Mallorca an Show-Bars vorbei.

Menschen spazieren auf der Strandpromenade von Arenal auf Mallorca an Show-Bars vorbei. Der Sauftourismus an der Playa de Palma macht auch den Gastronomen und Gastronominnen immer mehr zu schaffen

Seit April läuft die Party am Ballermann wieder auf Hochtouren. Unzählige Party-Touris zieht es an die Playa de Palma, um ausgelassen und hemmungslos zu feiern – zum Leidwesen der Gastronomie und der Hotels. Viele Wirte und Wirtinnen schlagen Alarm – doch es gibt auch Gegenstimmen.

von Paulina Meissner (mei)

Den Gastronomen, Gastronominnen und Hoteliers auf Mallorca reicht es! Am Mittwoch (7. Juni 2023) veröffentlichten der Gastroverband CAEB, der Nachtclubverband ABONE und der Hotelierverband AHPP gemeinsam eine Pressemitteilung. Die kollektive Meinung: „So geht es nicht weiter.“

Denn der Sauftourismus am Ballermann nimmt dem Schreiben nach immer heftigere Ausmaße an. Dabei soll eigentlich genau der bekämpft werden. Im Januar 2020 erließ das Kabinett der balearischen Regierung ein Dekret mit einer Reihe von Maßnahmen, um gegen den exzessiven Party- und Sauftourismus vorzugehen. Dadurch soll auch der Ruf und das Image der Insel verbessert werden. Doch bislang bleibt der große Wandel aus.

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EXPRESS.de hat vor Ort mit mehreren Wirten und Wirtinnen am Ballermann gesprochen. Ist 2023 wirklich die schlimmste Ballermann-Saison aller Zeiten?

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Beatrice Ciccardini ist seit 1976 auf Mallorca und hat den Wandel der letzten Jahrzehnte hautnah miterlebt. Sie betreibt die „Caféteria zur Krone“ an der Playa de Palma. Auch sie hat sich an dem Schreiben von Mittwoch beteiligt. 

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„Ich bin seit 1976 hier auf der Insel. Am Anfang war da gar nichts mit Party. In den 80ern und 90ern wurde es dann sehr schlimm. Aber so schlimm wie jetzt, so war es noch nie“, betont die Gastronomin.

Die Exzesse und Partys fangen demnach schon in den Morgenstunden an und gehen dann bis in die Nacht hinein. Der hohe Alkoholpegel vieler Ballermann-Reisender würde zudem für mehr Aggressivität sorgen. Eine gefährliche Mischung.

Deutsche Wirtin über den Ballermann: „Es ist schlimmer, als je zuvor“

Ciccardini berichtet, dass in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft Autos beschädigt und die Seitenspiegel einfach abgetreten werden. „Jeder will zeigen, dass er stärker und größer ist. Gestern haben sie hier an der Promenade sogar die Bewässerungsanlage rausgerissen“, erzählt die Gastronomin entrüstet.

„Es ist schlimmer, als je zuvor“, so Ciccardini. Besonders in den Abendstunden und in der Nacht sei ihrer Wahrnehmung nach viel zu wenig Polizeipräsenz an den Hotspots. „Da ist keiner, der irgendetwas sagt“, beklagt sie.

Schilderungen, die auch Michael Bohrmann vom Deutschen Eck kennt. Im Gespräch mit EXRESS.de erklärt der Düsseldorfer Gastronom: „Wir waren diese Saison teilweise schon am Limit. Die lassen die Sau raus, wie noch nie. Es war noch nie so viel los hier.“

Aggressive Touris werden am Ballermann immer mehr zum Problem

Auch im Deutschen Eck habe man regelmäßig Ärger mit betrunkenen oder aggressiven Touristen und Touristinnen. Und das, obwohl das Lokal nicht einmal direkt an der Schinkenstraße liegt. Die Hotspots haben sich verlagert, berichtet der Wirt. „Die Bierstraße ist eine Saufstraße geworden.“

Und das werde vor allem für sein Personal immer mehr zur Herausforderung. „Das Volk, das kommt, verbrennt mir mein Personal“, schimpft er. Im Deutschen Eck seien vor allem Stammkunden und Stammkundinnen und auch Familien zu Gast, die „Störenfriede“ gehören meist nicht zur typischen Kundschaft, sondern kommen von der Schinkenstraße rüber.

Doch nicht alle Gastronomen klagen über derartige Probleme. Maximilian Grantin-Rohkst hat nach dem Tod seines Vaters Ulli Rohkst vor fünf Jahren die kölsche Kneipe „Et Dömsche“ auf der Bierstraße übernommen. „Das sind einzelne Gruppen, oder einzelne Leute, die negativ auffallen, aber nicht die Masse“, so erklärt der Gastronom. Das liege auch an der Lage des Lokals: „Wir haben hier auf der Straße 2000 Leute, wenn es voll ist, und wir haben hier nie eine Schlägerei oder Ähnliches.“ Wie die Situation auf der Schinkenstraße sei, könne er nicht beurteilen.

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„Wichtig ist, dass die Leute sich benehmen und das tun sie bei uns, so Grantin-Rohkst.“ Kleine Herausforderungen seien eher die teils etwas verwirrenden Regelungen der Behörden. So dürfen alkoholische Getränke, die im Lokal gekauft werden, nicht auf der Straße getrunken werden, sondern nur im markierten Bereich vor dem Betrieb. Anders verhält es sich beim Rauchen. Denn das ist seit der Corona-Pandemie auf Terrassen untersagt. Die Zigarette darf also nur außerhalb des markierten Bereichs angezündet und inhaliert werden. Da kommt nicht jeder der Urlaubsgäste mit. 

Ansonsten sei man zufrieden mit der angelaufenen Saison. „Es sind mehr da, als letztes Jahr“, so der Gastronom. Gefühlt habe man in etwa wieder das Niveau von 2019 erreicht.