Zwei Tote in HürthAnwohner berichtet: „Ich hörte dieses Signal vom Zug“

In Hürth ist ein Zug in eine Gruppe von Arbeitern gefahren. Zwei Menschen wurden getötet.

von Oliver Meyer (mey)

Wie konnte das nur passieren? Auf der Zugstrecke Köln-Koblenz raste am Donnerstag (4. Mai 2023) gegen 11 Uhr ein Intercity bei Hürth-Fischenich in eine Gruppe von Gleisarbeitern. Zwei von sieben Männern wurden erfasst und getötet.

Fünf weitere Männer konnten sich offenbar in letzter Sekunde in Sicherheit bringen.

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Stunden nach dem Unglück kamen immer mehr Männer und Frauen an der Polizeiabsperrung zusammen. Bald waren es gut 40 Freunde und Bekannte der Toten. Bei ihnen soll es sich um zwei Türken handeln. Die Angehörigen trauerten und weinten um die beiden Toten (†27, †31).

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Eine Frau aus der Gruppe wurde von der Polizei über einen Acker zu dem Intercity (IC) geführt, der wenige Stunden vorher die Arbeiter erfasst hatte. Als sie wieder zur Gruppe zurückkehrte, brach sie weinend zusammen.

Der Trupp führte im Auftrag der Deutschen Bahn auf den Gleisen Arbeiten durch. Vor den Augen der fünf anderen Männer wurden die beiden Kollegen erfasst und getötet. Das Unglück ereignete sich auf freier Strecke bei Hürth, in Sichtweite einer Hochhaussiedlung. Das Gebiet ist von landwirtschaftlichen Betrieben, Gewerbehallen, aber auch Wohnhäusern geprägt. Über die Felder und Äcker hinweg kann man in der Ferne den Kölner Dom sehen.

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Feuerwehr und Polizei waren mit einem Großaufgebot im Einsatz, über der Unfallstelle kreiste ein Hubschrauber. Ermittler sicherten am Unglücksort Spuren. „Zusätzlich sind Kriminalpolizisten hier am Einsatzort. Wir sichern die Spuren, wir fotografieren die Spuren, wir sprechen mit Augenzeugen, deren Aussage für uns sehr wichtig ist“, sagte Polizeisprecher Thomas Held.

Wie EXPRESS.de erfuhr, hatte der Zugführer die Arbeiter auf den Gleisen stehen sehen und ein Warnsignal abgegeben. „Es ist gut möglich, dass er damit Menschenleben gerettet hat. Denn ersten Aussagen zufolge sollen einige Arbeiter den Zug bemerkt und sich in letzter Sekunde in Sicherheit gebracht haben“, so ein Beamter.

Anwohner Martin Klöckner (31) wohnt 80 Meter von den Gleisen entfernt: „Ich hörte dieses Signal vom Zug. Wenig später raste ein Feuerwehrwagen nach dem anderen heran. Ich sah den Zug und die Polizei auf den Gleisen. Da war mir klar, dass was Schlimmes passiert sein muss.“

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Der IC 2005 war nach Angaben einer Sprecherin der Deutschen Bahn auf dem Weg von Emden nach Koblenz und erfasste gegen 11 Uhr die Arbeiter. Nach Bahn-Angaben saßen in dem Zug etwa 50 Menschen. Sie mussten nach dem Unfall mehrere Stunden lang in dem Zug ausharren. Laut Polizei wurden Passagiere, die das wünschten, von Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorgern betreut. Diese kümmerten sich auch um Angehörige der Opfer, die zum Unglücksort gekommen waren.

Am Donnerstagnachmittag wurden neben der Strecke Europaletten gestapelt, um die Passagiere aus dem Zug ohne Bahnsteig zu evakuieren. Sie wurden mit Bussen weitertransportiert. Die Bahnstrecke wurde zwischen Köln und Bonn gesperrt, Ausfälle und Verzögerungen im Fern- und Nahverkehr waren die Folge.

Laut Bahn wurden Züge des Fernverkehrs zwischen Köln und Koblenz rechtsrheinisch umgeleitet und verspäteten sich dadurch um etwa 20 Minuten. Auch auf den Regionalbahnlinien 30 und 48 sowie beim Regionalexpress 5 gab es Verspätungen und Teilausfälle.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) bekundeten auf Twitter den Angehörigen ihr Beileid und dankten den Einsatzkräften an der Unfallstelle. „Meine Gedanken sind bei den Angehörigen der Verstorbenen und bei ihren Kollegen, die diese schlimme Tragödie miterleben mussten“, hieß es auf Wüsts Account.

40 Feuerwehrleute aus Hürth im Einsatz

Bei dem Einsatz waren 40 Feuerwehrleute aus Hürth sowie zehn Rettungswagen und fünf Notärzte aus dem gesamten Rhein-Erft-Kreis im Einsatz. Hinzu kamen rund 25 Einsatzkräfte der Bundespolizei, 30 der Polizei Rhein-Erft, Zivilkräfte sowie Seelsorgerinnen und Seelsorger aus Hürth und Köln.

Am späten Nachmittag wurde die Bahnstrecke wieder freigegeben. Zuvor hatte ein Leichenbestatter die sterblichen Überreste abtransportiert. Die Ermittlungen zur Unfallursache gehen weiter. Erst nach weiteren Zeugenvernehmungen sollen Ergebnisse veröffentlicht werden.