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Sperrung des Kölner HauptbahnhofsAlleingelassene Touristen

Ein Mann und eine Frau stehen mit ihren Koffern in einem Personentunnel.

Romaine Ketcha (l.) und Alexander Chestnut sind für das Wochenende aus den USA nach Köln gekommen. Chestnut interessiert sich besonders für den Dom.

Seit Freitagabend ist der Kölner Hauptbahnhof für den Fern- und Regionalverkehr dicht. Das sorgt für Trubel in Deutz und für Reisende zwischen Frust und Gelassenheit.

„Man macht einen Plan – und am Ende kommt es anders. So ist das Leben“, sagt Dörte Schultz aus Magdeburg dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ und lacht.

Sie ist eine von Tausenden Reisenden, die von der zehntägigen Sperrung des Kölner Hauptbahnhofs betroffen sind. Doch während einige die Situation mit Humor nehmen, stehen andere völlig verloren da.

Es ist ein bizarres Bild am Wochenende: Wo sich sonst die Massen drängeln, herrscht eine fast gespenstische Leere. Sicherheitskräfte bewachen die abgesperrten Gleise, aber die meisten Menschen sind informiert.

Nur die Anzeigetafeln, die stur nur S-Bahnen anzeigen, verraten das ganze Ausmaß: Bis zum 24. November ist hier für fast alle Züge Endstation.

Nicht jeder war auf die Sperrung vorbereitet

Grund für das Chaos: Die Deutsche Bahn baut an einem neuen elektronischen Stellwerk. Die schlechte Nachricht für alle Pendlerinnen und Pendler: Die Arbeiten dauern länger als geplant. Die Bahn kündigt bereits eine weitere, wenn auch kürzere Sperrung für das kommende Jahr an.

Nicht jeder war auf die Sperrung vorbereitet. Zwei junge Frauen aus Australien stehen am Samstagmorgen ratlos in der Halle. Ihr Eurostar nach Brüssel? Taucht auf keiner Anzeigetafel auf. Eine Info-Mail? Gab es nicht. Sie sind aufgeschmissen.

Eine junge Frau steht hinter der Theke in einem Tabakfachgeschäft.

Paulina Hohmann merkt im Tabakfachgeschäft am Hauptbahnhof, dass deutlich weniger Kundschaft da ist.

Besser läuft es für Afshin Yarahmadi und seinen Sohn Nick aus Hamburg. Der Vater hält sein ausgedrucktes Ticket hoch. Erst geht es mit der S-Bahn nach Düsseldorf, dann weiter. Der kleine Umweg stört sie nicht – solange es keine Mega-Verspätung wie auf der Hinfahrt gibt.

Ganz entspannt sind auch Dörte Schultz und Christine Kratzin. Die beiden Urlauberinnen aus Magdeburg nutzen die unfreiwillig gewonnene Zeit. „Jetzt bummeln wir noch ein wenig durch den Bahnhof und die Innenstadt“, erklären sie fröhlich.

Die Sperrung hat auch Folgen für die Geschäfte. Im Tabakwarenladen Barbarino ist es „deutlich ruhiger“, wie Mitarbeiterin Paulina Hohmann feststellt. Ihre Chefin hat flexibel reagiert und Personal nach Deutz geschickt. Ihr Bericht von dort: Da sei „die Hölle los“.

Zwei Frauen stehen mit Koffern im Hauptbahnhof.

Christine Kratzin (l.) und Dörte Schultz nutzen die Zeit bis zur Abfahrt zum Bummeln am Hauptbahnhof.

Der Bahnhof Köln-Deutz ist jetzt der Ersatz-Hauptbahnhof. Hier drängen sich die Menschen, alle wichtigen ICE-Züge starten von hier. Es sei voller als sonst, bemerkt eine Frau zu ihrer Mutter am Gleis. Selbst der Flixtrain, sonst kein Gast in Deutz, macht hier Halt.

Touristinnen werden allein gelassen

Während viele Reisende aus der Region gut informiert sind, ist die Lage für Touristinnen und Touristen weitaus komplizierter. Romaine Ketcha und Alexander Chestnut aus den USA irren durch den Deutzer Bahnhof. Sie wollten zum Dom und zu den Weihnachtsmärkten, ihr Hotel liegt direkt am Hauptbahnhof.

Von der Sperrung erfuhren sie nur durch Zufall. Im Zug aus Frankfurt gab es keine Durchsage – „jedenfalls nicht auf Englisch“, klagt Ketcha. Den 15-minütigen Fußweg nehmen sie am Ende trotzdem in Kauf.

Andere nehmen es pragmatisch. Clara Vogel wartet auf ihre Freundin, die per S-Bahn aus Deutz anreist. „Bis jetzt läuft alles super. Wenn alles so weitergeht, kommt sie sogar pünktlich hier an“, freut sie sich. Bei der Bahn, so schiebt sie lachend nach, sei das selbst ohne Sperrung „keine Selbstverständlichkeit“. (red)