In der Reihe über Kölner Geheimnisse geht es um einen Brunnen, der auf kuriose Weise auf ein beachtliches Problem an einer Kölner Eisenbahnbrücke in Ehrenfeld hinweist.
Bahnbrücke lecktKölner Schreiner baut Brunnen

Copyright: Ayhan Demirci
Der Schreiner Michael Krings hatte die Idee zum Brunnen an der Heliosstraße in Ehrenfeld.
Aktualisiert
Vor über hundert Jahren hat die ehemalige, mit Lichttechnik befasste Helios AG dem Stadtteil Ehrenfeld und der nach dem Unternehmen benannten Heliosstraße einen Leuchtturm als skurriles Wahrzeichen hinterlassen. Doch damit nicht genug: Ein weiteres „Was-hat-das-eigentlich-hier-zu-suchen-Objekt“ befindet sich gegenüber auf der anderen Straßenseite.
Es handelt sich um einen Brunnen, der mit Säule, Schindeldach und einem halben ausgehöhlten Eichenstamm an Brunnen in alpinen Gebirgslandschaften erinnert. Doch so wenig wie ein Meer hat Köln ein Gebirge. Welche Geschichte steckt also dahinter?
Die kann natürlich der Brunnenbauer selbst am besten erklären. Der Handwerker Michael Krings betreibt seit 1994 eine Schreinerei in den sogenannten Bahnbögen. Genau über seiner Werkstatt befinden sich die S-Bahngleise der Linien 12 und 19, weiter mittig die Gleise für Regionalzüge, ICE und Eurostar, dann die Trasse für die Güterzüge.
Die Werkstatträume waren seit 1911 mit der Hochlegung der durch das Industrierevier Ehrenfeld führenden Eisenbahntrasse und der Schaffung eines Viadukts entstanden. Seitdem kreuzen in Ehrenfeld Eisenbahnbrücken die Hauptverkehrsadern wie die Venloer Straße oder die Subbelrather Straße und entlasten vor allem den Autoverkehr, der den zahlreichen Passagier- und Güterzügen andernfalls den Vorrang geben müsste.

Copyright: Ethem Demirci
Blick von der Heliosstraße: Eine S-Bahn fährt aus Westen kommend im Bahnhof ein.
Die beträchtliche Frequenz der Züge, die hier westwärts in Richtung Aachen und weiter nach Brüssel oder Paris fahren, führt auch zur Entstehungsgeschichte des Brunnens.
Schreiner Krings nennt sein Werk den „Mehdorn“-Brunnen, als neckische Reminiszenz an den Manager Hartmut Mehdorn, der zwischen 1999 und 2009 Vorstandschef der Deutschen Bahn AG war. Krings erzählt, was in dieser Zeit passierte: „Die ganze Brücke ist damals auf der nördlichen Seite um zwei Gleise erweitert worden – allerdings wurde die Eindichtung nicht vernünftig ausgeführt. Dadurch läuft bis heute Wasser in die Brücke.“ Bei kräftigem Regen würde es innerhalb des Brückenbauwerks regelrecht „runterklatschen“.
Wenige Meter von der Schreinerei entfernt ist vom Bürgersteig aus deutlich zu sehen, wie das Wasser auch am äußeren Gemäuer flächig herunterläuft. Ganz viel Moos hat sich dort gebildet. Krings befürchtet, dass das ständig eindringende Wasser zu irreparablen Schäden am Brückendenkmal führen wird.
Bei einem Urlaub in den Alpen, erzählt Krings, habe ihn dann der Anblick eines Brunnens an einer Felswand zum Hartmut-Mehdorn-„Denkmal“ inspiriert. Der Handwerker hat mit leichter Schräge zwei Blechrinnen in die Mauer gesetzt, die das Wasser links und rechts auffangen, sodass es am Ende durch einen Hahn in ein Becken aus Eichenholz fließt, das Krings mit einer Kettensäge in Form gebracht hat.

Copyright: Ayhan Demirci
Micheal Krings hat mit Bepflanzungen ein kleines Biotop geschaffen.
Es ist bereits der zweite Brunnen an dieser Stelle. Der erste, so Krings, „war nach 15 Jahren im Eimer“. Was nicht an der Qualität lag, sondern eher am Vandalismus von Nachtschwärmern, die vor allem am Wochenende in Scharen über die Heliosstraße ziehen.
Unbedingt zu erwähnen ist, dass Krings am Brückengemäuer außerdem ein kleines Biotop erschaffen hat. Mit Genehmigung der Deutschen Bahn setzte er am Fuß der Brücke Kletterpflanzen, die bis zu 12 Meter in die Höhe ranken. Für Pflege und Rückschnitt wird jedes Jahr ein Steiger geliehen.
Das Wasser bekommen die Pflanzen zum Teil aus dem „Mehdorn-Brunnen“, Krings hat es kanalisiert. Neben den Glyzinien und der Klettertrompete hat der naturbewusste Handwerker auch Wilden Wein gepflanzt. „Im Frühjahr ist hier richtig was los, Vögel wie der Grünfink bauen in den Pflanzen ihre Nester“, freut er sich. Für sie gebe es reichlich Beeren als Futter.

Copyright: Express
„Kölner Geheimnisse“ Band 2 von Ayhan Demirci und Maira Schröer
Diese Geschichte stammt aus dem neuen Köln-Buch „Kölner Geheimnisse Band 2/ 50 neue spannende Geschichten aus der Dom-Metropole“, die im Bast-Verlag erschienen ist (192 Seiten, 24 Euro). Sieben Jahre nach Erscheinen des ersten Bandes sind es diesmal die Autoren Ayhan Demirci und Maira Schröer, die sich auf die Spuren Kölner Geschichte begeben haben und ausgehend von Objekten und Relikten in der Stadt von außergewöhnlichen Begebenheiten erzählen.

