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Fotoschatz aufgetauchtWie Köln aus den Trümmern erwachte

Neu entdeckte Fotos zeigen Köln zwischen Zerstörung und Aufbruch nach dem Zweiten Weltkrieg.

Es sind an die 10.000 Fotos, die ein unbekannter Fotograf vor knapp 80 Jahren knipste von Köln, Münster und Recklinghausen kurz nach dem Krieg.

Bilder der Zerstörung, von Trümmern, Schutt, ausgestorbenen Straßen. Aber die Fotos zeigen auch die langsame Rückkehr des Lebens in die Städte, eine leise aufkeimende Hoffnung auf eine neue, bessere Zeit. Die Herkunft der Aufnahmen in einem ungewöhnlichen Format ist derweil rätselhaft.

Wer schoss die Fotos? Und was wollte er oder sie damit dokumentieren? Warum ausgerechnet Köln, Münster und Recklinghausen? Warum im Stereo-Format ein Verfahren, das zu der Zeit eigentlich gar nicht mehr populär war? Wer finanzierte das Projekt zu einer Zeit, in der Filmmaterial teuer war?

All das ist auch für das LWL Medienzentrum ein Rätsel. Es hat die Aufnahmen, die sogenannte „Sammlung Schnitkemper“ (benannt nach ihrem letzten Besitzer), bereits 1995 gekauft. Keine Notizen, kein Begleitmaterial, kein Hinweis auf den Urheber oder die Umstände, unter denen die Fotos entstanden sind. Nur jede Menge Bildmaterial.

Historische Fotos von Köln: Geschichte mit 3-D-Effekt

Allein etwa 3600 Bilder zeigen das Nachkriegsköln. Nun wurden die Negative mit Unterstützung der Irene und Sigurd Greven Stiftung digitalisiert.

Dafür mussten erst einmal die Stereo-Paare identifiziert und digital zusammengefügt werden. Bei der Stereofotografie, die im 19. Jahrhundert beliebt war, fotografiert der Fotograf mit einer Kamera mit zwei Objektiven. So werden von einem Motiv immer zwei Bilder gemacht. Schaut man diese Bildpaare mit einem Stereoskop an, entsteht ein 3D-Effekt. Die Bilder waren allesamt nicht beschriftet, was eine genaue Datierung und Lokalisierung schwierig machte.


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Mit Hilfe digitaler Karten, Vergleichsbildern aus dem Internet, alter Stadtpläne und Autokennzeichen oder Werbetafeln konnten die Experten des LWL viele Bilder, insbesondere diese, die Köln zeigen, aber recht genau einordnen – teils bis auf die Hausnummer genau.

Die Sammlung zeigt, so schreibt es das LWL, „eindrucksvoll, wie sich das Gesicht der Städte innerhalb weniger Jahre wandelte. Auf den frühesten Aufnahmen, um 1946 entstanden, sind kaum Menschen zu sehen, die Ruinen liegen wie versteinert im Staub.

Auf späteren Bildern, vermutlich 1949, herrscht geschäftiges Treiben: Straßen sind geräumt, Rohbauten entstehen, Läden öffnen wieder. Die Aufnahmen strahlen Zuversicht aus – sie zeigen das „Erwachen einer Gesellschaft aus den Trümmern“.

Die Kölner Innenstadt war von Luftangriffen so stark betroffen wie keine andere deutsche Stadt. Mehr als 262 Mal wurde sie angegriffen und bombardiert – schlussendlich waren 90 Prozent der Innenstadt zerstört und 20000 Zivilisten getötet. Am Ende ragte doch noch der Kölner aus den Trümmern empor, der auch auf vielen Fotos der Sammlung wie ein unzerstörbarer Fels in der Brandung dasteht.

Alle Fotos sind über die Seite des LWL (lwl.org) und des Greven Online-Archiv zugänglich.