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Tränen-Prozess in KölnEin Zeuge: „Die gellenden Schreie des Fahrers werde ich nie vergessen“

Der Angeklagte sitzt neben seinem Anwalt.

Der Angeklagte sitzt beim Prozess am Mittwoch (29. November 2023) vor dem Kölner Amtsgericht neben seinem Verteidiger Markus Gebhardt.

Drei Jahre nach einem tödlichen Unfall auf der Venloer Straße stand ein ehemaliger Müllwagenfahrer vor Gericht. Es war ein Prozess mit vielen Tränen.

von Iris Klingelhöfer (iri)

Der Vorwurf ist schlimm – und man sieht dem Angeklagten (37) an, wie sehr ihn der Tod der Fußgängerin (†88) noch immer mitnimmt. Beim Prozess vor dem Kölner Amtsgericht am Mittwoch (29. November 2023) bricht er immer wieder in Tränen aus. 

Drei Jahre nach dem schrecklichen Unfall in Ehrenfeld musste sich der ehemalige Müllwagenfahrer wegen fahrlässiger Tötung verantworten.

Prozess in Köln: Staatsanwaltschaft wirft Lkw-Fahrer Sorglosigkeit vor 

Der Vater einer kleinen Tochter (2) ist durch das Unglück in ein tiefes Loch gefallen, er hat Albträume und kann keine Freude mehr empfinden, fühlt nur noch Leere in sich – die Erinnerungen an den 6. November 2020 kommen immer wieder hoch. Als Reaktion auf das belastende Ereignis hat er eine posttraumatische Belastungsstörung, ist in Therapie. 

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An jenem Tag hatte er gegen 8.20 Uhr mit dem Mülllaster auf der Venloer Straße Höhe Neptunplatz an der Haltelinie der Rot zeigenden Ampel gehalten. Als die auf Grün sprang, soll er laut Anklage seine Fahrt „aus Sorglosigkeit“ fortgesetzt haben. Nach einigen Metern kam es zum Zusammenstoß mit der Fußgängerin. Die 88-Jährige stürzte, dann wurde ihr rechtes Bein und ihr rechter Arm überrollt. Sie starb noch am Abend im Krankenhaus. 

Zeugin im Prozess: „Ich habe laut geschrien, weil ich so hilflos war“

Eine Psychologin (48) bekam alles mit. „Ich sah, wie die kleine zierliche Person vor den Lkw ging. Sie wollte abkürzen, ein paar Meter weiter wäre die Fußgängerampel gewesen“, sagte sie als Zeugin aus. Sie habe noch gedacht: Wie dumm ist das denn ...?

Bei der Erinnerung weint sie. „Ich habe laut geschrien, weil ich so hilflos war. Dann bin ich zu ihr gelaufen, habe am Hals ihren Puls gefühlt und den Krankenwagen gerufen“, schilderte sie und zitterte dabei. Der Lkw-Fahrer sei ausgestiegen, habe gewimmert und sei an einer Wand zusammengesackt. Die 48-Jährige: „Ich habe seine Hand genommen, ihm gesagt, dass ich es gesehen habe und er nichts dafür könne.“ 

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Der Angeklagte sei normal, eher langsam angefahren. „Aber weil da überhaupt kein Spielraum war, ist die Frau direkt erfasst worden“, so die Zeugin. Zudem habe an dem Morgen die Sonne tief gestanden und das Licht grell gewesen. 

Kölner Prozess: Späteres Opfer (†88) wollte Weg abkürzen

An der Unglücksstelle befindet sich die Haltelinie der Ampel rund 20 Meter vor dem regulären Fußgängerüberweg. Diesen Zwischenraum würden viele nutzen. „Da geht jeder Mensch, der abkürzen will, drüber“, erklärte die 48-Jährige, die in der Nähe wohnt.

Die Venloer Straße ist abgesperrt, Rettungsdienst, Polizei und Feuerwehr sind vor Ort.

Einsatzfahrzeuge von Polizei, Rettungsdienst und Feuerwehr stehen am 6. November 2020 auf der Venloer Straße, wo kurz zuvor die Fußgängerin (88) von dem Lkw erfasst worden war. 

Das bestätigte auch die zweite Zeugin. „Es kürzen viele ab, in dem sie die Straße vor dem Alnatura-Markt überqueren“, so die 40-Jährige. Sie war an dem Unglückstag mit Kinderwagen unterwegs. „Der Fahrer stand extrem unter Schock. Er hat geschrien und versucht, seinen Kopf gegen die Wand zu schlagen“, berichtete sie. 

Zeuge (53) kämpft im Prozess vor Kölner Amtsgericht mit den Tränen

„Die gellenden Schreie des Fahrers werde ich nie vergessen“, sagte ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes. Der 53-jährige Zeuge kämpfte bei seiner Aussage ebenfalls mit den Tränen. Der Fahrer habe immer wieder gefragt: Wo kommt diese Frau her?

Die verzweifelte Frage hatte auch ein weiterer Zeuge (39) gehört. Damals war auch er beim Ordnungsamt. „Wir wurden von Bürgern angesprochen, dass ein Unfall passiert sei“, schilderte er vor Gericht. Er sei dann zu der älteren Dame hin, habe sich neben sie gelegt. „Sie war sehr apathisch. Ich konnte ihr nicht helfen, nur für sie da sein.“ 

Prozess nach tödlichem Unfall in Köln: Sachverständiger angehört

Im Prozess kam auch ein Unfall-Sachverständiger zu Wort. Er hatte unter anderem Videos aus Überwachungskameras ausgewertet, die Sichtverhältnisse aus dem Lkw untersucht und die Szene nachgestellt.

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Demnach war das spätere Opfer aus dem Fahrerhaus beim Anfahren teilweise zu sehen – auch ohne, dass der Fahrer in den Spiegel hätte schauen müssen, erklärte der Experte. Oben rechts an der Frontscheibe befindet sich ein Spiegel, durch den auch der Totwinkel, der Bereich unmittelbar vor dem Lkw, einzusehen ist. 

Vom Zeitpunkt, als die Rentnerin die Straße betrat, bis zur Kollision seien 2,7 Sekunden vergangen, so der Sachverständige. Er kam zu dem Schluss, dass der Unfall vermeidbar gewesen wäre – für das Opfer sowie den Fahrer. 

Kölner Prozess wegen Tod einer 88-Jährigen endet: Alle sind sich einig

Die Familie der Verstorbenen macht dem Angeklagten jedoch keinen Vorwurf. Das erklärte der Sohn dessen ehemaligen Arbeitgebers. Sein Vater sei auf der Beerdigung gewesen, dabei sei es zu einem Gespräch mit den Hinterbliebenen gekommen. Der Sohn über den Angeklagten: „Ich hatte das Gefühl, dass ihn das innerlich auffrisst.“ 

Die Familie der 88-Jährige hat bislang auch keine zivilrechtlichen Ansprüche an den Angeklagten geltend gemacht. Dieser hat weder eine Eintragung im Bundeszentral- noch Verkehrszentralregister.

Am Ende regte Verteidiger Markus Gebhardt eine Einstellung an. Dem schloss sich der Staatsanwalt an und die Richterin kam dem nach. Sie stellte das Verfahren vorläufig gegen eine Geldauflage in Höhe von 900 Euro an die Angehörigen der Verstorbenen ein. „Ich habe selten jemanden erlebt, der so persönlich getroffen wurde“, sagte sie.  

Auch der Angeklagte ergriff das Wort, bedankte sich bei allen. An die Zeuginnen und Zeugen gewandt sagte er: „Es tut mir so leid, ihr habt mit mir gelitten.“