Im VideoNach hitziger Debatte: So klingt der umstrittene Muezzin-Ruf in Köln

Der Muezzin-Ruf an der Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld war am Freitag erstmals öffentlich zu hören. Sehen und hören Sie ihn im Video von EXPRESS.de!

Das Thema ist heiß diskutiert, auch wenn die Entscheidung längst gefallen ist: Dass der Muezzin-Ruf an der Zentralmoschee an der Venloer Straße am Freitag (14. Oktober 2022) erstmals zu hören war, erhitzt weiterhin die Gemüter.

Für die einen, wie Kölns OB Henriette Reker, ist der öffentliche Ruf Ausdruck einer freien Religionsausübung, wie sie im Grundgesetz verankert ist – ähnlich dem Glockenläuten der Kirche. Kritikerinnen und Kritiker sehen es als gefährliches Zeichen, viele sogar als Machtdemonstration des Islam.

Muezzin-Ruf in Köln-Ehrenfeld erstmals öffentlich zu hören

Auch Reker selbst steht in der Kritik. Ihr wird vorgeworfen, das Thema einfach durchgedrückt, aber keine Debatte zugelassen zu haben. Bereits 2021 hatte die Stadt Köln angekündigt, die Rufe auf Antrag zuzulassen. Das Pilotprojekt ist auf zwei Jahre angesetzt, die Rufe außerdem mit Auflagen verbunden.

Alles zum Thema Henriette Reker

Am Freitag um 13.24 Uhr war es nun erstmals so weit: Muezzin Mustafa Kader rief über Lautsprecher zum Gebet. Der Ruf darf laut Vereinbarung mit der Stadt maximal fünf Minuten dauern und nur in unmittelbarer Nähe der Moschee zu hören sein.

Auf der anderen Straßenseite hatten sich am Freitag etwa 30 Menschen zu einer Demo unter dem Motto „Solidarität mit den Frauen im Islam“ eingefunden. Eines ihrer Transparente trug die Aufschrift: „Kein Muezzin-Ruf in Köln! Der öffentliche Raum sollte weltanschaulich neutral sein“.

Die Folge: Zunächst war der Ruf kaum zu hören, später dann aber deutlicher.

Bei den Menschen, die in der Umgebung wohnen, darf er nur maximal 60 Dezibel ankommen, etwa die Lautstärke eines normalen Gesprächs. 

Sie wollen den ersten öffentlichen Muezzin-Ruf in Köln hören? Schauen Sie sich das EXPRESS.de-Video weiter oben an!

Mustafa Kader am Freitag (14. Oktober) beim ersten öffentlichen Muezzin-Ruf in Köln.

Mustafa Kader am Freitag (14. Oktober) beim ersten öffentlichen Muezzin-Ruf in Köln.

Abdurrahman Atasoy, stellvertretender Vorsitzender im Ditib-Bundesverband, sagte, man sei „sehr glücklich“ über den mit der Stadt Köln geschlossenen Vertrag. „Der öffentliche Gebetsruf ist ein Zeichen für die Beheimatung der Muslime.“

Aus „unsichtbaren und usseligen Hinterhofmoscheen“ hätten sie es nun in die Mitte der Gesellschaft geschafft. „Dass Muslime mit ihren repräsentativen Moscheen als sichtbarer und mit ihrem Gebetsruf als hörbarer Teil endlich gesellschaftlich angekommen und angenommen sind, ist die Kernbotschaft dieses langen Prozesses.“

Der Berliner Islamismus-Experte Ahmad Mansour hat den Muezzinruf als „Machtdemonstration des politischen Islam“ kritisiert. Er erinnerte daran, dass die Ditib der verlängerte Arm der türkischen Religionsbehörde in Ankara sei und Präsident Recep Tayyip Erdogan die Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld 2018 persönlich eröffnet habe.

„Es ist verheerend, wenn ausgerechnet dieser Organisation jetzt eine derartige öffentliche Anerkennung zuteil wird“, sagte Mansour der Deutschen Presse-Agentur. (tw, mit dpa)